EU-Kommission: Ungarn verstößt gegen Asylvorschriften

EU-Kommission: Ungarn verstößt gegen Asylvorschriften

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Die EU-Kommission hat am Donnerstag Klage gegen Ungarn vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) eingereicht, da Budapest die Asylvorschriften der EU nicht einhält. Zudem wurde ein weiteres Vertragsverletzungsverfahren gegen die ungarische Regierung eingeleitet.

Die Regierung des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban will in Sachen Asyl- und Flüchtlingspolitik ihre eigenen Wege gehen. Die jedoch oft im Widerspruch mit den in der Europäischen Union geltenden Regeln stehen.

Seit Dezember 2015 bereits läuft ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn, da nach Ansicht der EU-Kommission Asylvorschriften des Landes nicht mit EU-Recht vereinbar sind. Da die Regierung in Budapest sich seitdem weigert, auf die Bedenken aus Brüssel einzugehen, wurde am Donnerstag eine Klage vor dem EuGH eingereicht. Die EU-Kommission wirft der Orban-Regierung vor, dass Flüchtlinge nur in den von Ungarn geschaffenen sogenannten „Transitzonen“ an den Außengrenzen einen Asylantrag stellen dürfen. Erschwerend für Asylsuchende kommt hinzu, dass „der Zugang nur einer begrenzten Zahl von Personen“ und darüber hinaus „erst nach übermäßig langen Wartezeiten Zugang gewährt wird“.

Transitzonen gleichen Gefängnissen

Dies sei nicht mit der Richtlinie über die Asylverfahren in der EU vereinbar, heißt es in einer Mitteilung der EU-Kommission. Dabei wird allerdings darauf hingewiesen, dass die EU-Staaten durchaus solche Transitzonen an den Außengrenzen errichten können.
Im ungarischen Fall gleichen diese aber eher einem Gefängnis, denn es sind mit Stacheldraht umzäunte Container-Lager, die ständig von Bewaffneten bewacht werden. Zudem müssen die Asylsuchenden bis zur Entscheidung über ihren Asylantrag in diesen Transitzonen bleiben. Die EU-Kommission kritisiert denn auch, dass die „unbeschränkte Inhaftnahme von Asylbewerbern“ gegen die EU-Vorschriften über die Aufnahmebedingungen dieser Menschen verstößt. Immerhin dürfe eine Person nur für höchstens vier Wochen in einem Transitzentrum festgehalten werden.

Zudem gibt es „keine besonderen Garantien für schutzbedürftige Antragsteller“ in dem von Ungarn festgelegten Verfahren, was insbesondere für Minderjährige gilt. Bemängelt wird zudem, dass außerhalb der Transitzonen keine Möglichkeit besteht, einen Asylantrag zu stellen. Schließlich sei das ungarische Recht nicht mit der Richtlinie über die Rückführung von abgewiesenen Asylsuchenden vereinbar, da unter anderem Migranten nicht über ihre Rechte informiert würden. Neben dieser Klage leitete die EU-Kommission am Donnerstag ein weiteres Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn ein. Im Visier stehen hier die sogenannten „Stop Soros“-Gesetze. Diese sehen Gefängnisstrafen für Personen vor, die Asylsuchenden in irgendeiner Weise helfen. Die Kommission spricht von einer „Kriminalisierung der Unterstützung von Personen, die einen Asyl- oder Aufenthaltsantrag stellen“. Sie meint, die dafür vorgesehenen Strafen „beschneiden das Recht von Asylbewerbern, mit einschlägigen nationalen, internationalen und nichtstaatlichen Organisationen zu kommunizieren und von diesen Unterstützung zu erhalten“. Dies würde sowohl gegen die Richtlinie zu den Asylverfahren als auch gegen jene über die Aufenthaltsbedingungen verstoßen.

Daneben beanstandet die Kommission, dass Ungarn künftig ausschließlich nur noch jenen Personen Asyl gewähren will, „die direkt von einem Ort, an dem ihr Leben oder ihre Freiheit gefährdet ist, nach Ungarn kommen“.

Flüchtlingshelfer werden kriminalisiert

Die „Stop Soros“-Gesetze sind auch ein Teil von Orbans Propaganda gegen den ungarisch-stämmigen US-Milliardär George Soros, der mit seinen Stiftungen Bürgerrechtsbewegungen insbesondere auch in Ungarn finanziert. Viktor Orban unterstellt Soros, eine „Masseneinwanderung“ nach Europa zu organisieren, dem Einhalt zu gebieten sei. Das Vorgehen der EU-Kommission wurde von den Sozialdemokraten und Liberalen im Europäischen Parlament begrüßt. Udo Bullmann, Vorsitzender der sozialdemokratischen Fraktion erinnert daran, dass das EP wegen Attacken Orbans auf fundamentale Freiheiten ein Rechtsstaatsverfahren gegen die ungarische Regierung fordert. Die liberale EP-Abgeordnete Sophie in ’t Veld meinte, dass alle Mitgliedstaaten die europäischen Regeln und Werte einhalten müssten.

Die neuerliche Klage der Kommission vor dem EuGH ist die zweite in Sachen Migrationspolitik gegen Ungarn innerhalb von acht Monaten. Im Dezember vorigen Jahres bereits wurde Budapest, gemeinsam mit Polen und Tschechien vor dem EuGH verklagt, da sie ihren Verpflichtungen in Sachen Umverteilung von Asylsuchenden nicht nachkommen. Die drei Länder weigern sich, der im September 2015 von den 28 getroffenen Entscheidung nachzukommen, Italien und Griechenland bei der Aufnahme von Flüchtlingen zu entlasten und eine begrenzte Anzahl an Schutzsuchenden aufzunehmen.

Lucas
24. Juli 2018 - 18.19

Und die Türkei darf schalten und walten, so wie es ihr gefällt. Gemäß Wirtschaftswissenschaftler Muratoglu fliessen sogar die Millarden EU-Gelder für die syrischen Migranten, in die türkische Staatskasse. Wie nennt man doch solches Vorgehen: bei Missfallen den Einen rügen aber den Andern hofieren? Und dies, auf höchster Ebene!

BillieTH
21. Juli 2018 - 20.22

die EU Kommission verstoesst gegen die Europaische Bevoelkerung. Verfahren nachstes Jahr.

GuyT
20. Juli 2018 - 17.19

Wie kann die EU-Kommission Ungarn vorwerfen “Transitzonen” an den Außengrenzen zu organisieren wo Asylantrage gestellt werden dürfen, wo die EU jetzt selbst die Einrichtung von Asylzentren (EU Sprech "Ausschiffungsplattformen" , "kontrollierte Zentren") außerhalb der EU plant wo die Entscheidung dem Flüchtlingsstatus fallen soll? Auch ist es zweifelhaft, ob der Merkel-Deal mit der Türkei der EU Asylgesetzen besser genüge tut. Auch der Spekulant Soros als lupenreinen Philantropen darzustellen ist gewiss eine Vereinfachung.