Elektrofachhandel „Singer Center“ schließt Ende Dezember

Elektrofachhandel „Singer Center“ schließt Ende Dezember
Aus für Singer: Das Gebäude in der Avenue Monterey soll einem Bürokomplex weichen Foto: Editpress/Tania Feller

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Seit zwei Generationen verkauft die Familie Theisen Singer-Nähmaschinen in Luxemburg. Das Haus in der Avenue Monterey, wo sich das Singer Center befindet, wird nun abgerissen. Noch einmal anderswo anfangen, will Geschäftsführer Robert Theisen nicht. Damit verschwindet ein weiteres Stück Stadtgeschichte.

„Mahatma Gandhi sagte, die Nähmaschine sei die einzige wirklich nützliche Erfindung gewesen“, sagt Robert Theisen, Geschäftsführer des „Singer Center“. „Es hat mir immer Freude bereitet, zu lesen, dass Gandhi so überzeugt von dem Produkt war, das wir anbieten.“ Seit über 35 Jahren hat Theisen – wie vor ihm sein Vater – die Exklusivverkaufsrechte für Singer-Nähmaschinen im Großherzogtum. Ende Dezember ist jedoch Schluss, dann läuft sein Mietvertrag aus, und das Gebäude an der Avenue Monterey 31 wird wohl bald danach abgerissen. An seine Stelle wird wahrscheinlich ein Bürogebäude errichtet. „Wäre ich oder meine Frau jünger, wäre das kein Thema, wir würden noch einmal irgendwo anders anfangen“, sagt Robert Theisen.

Nur wenige Produkte sind so mit einem Markennamen verbunden wie Singer. Der Name geht auf Isaac Merritt Singer zurück, der 1851 in den USA ein Patent für die verbesserte Version einer bereits existierenden Nähmaschine erhielt, und damit innerhalb weniger Jahre zum Weltmarktführer wurde. Er und sein Anwalt Edward Clark (der 1856 den Kauf auf Raten ins Leben rief) gründeten im selben Jahr die Firma I.M. Singer & Company, woraus später die Singer Corporation wurde, die bis heute besteht. Bereits Ende des 19. Jahrhunderts soll ihr Marktanteil für Nähmaschinen bei 80 Prozent gelegen haben.

Anfänge in Luxemburg

Die Geschichte von Singer in Luxemburg begann Ende des 19. Jahrhunderts. In einer Anzeige von 1879 aus der Zeitschrift Der Landwirth wirbt ein G. Neidlinger für die Marke. Aus dieser Werbung geht hervor, dass sich die General-Agentur der Singer Manufacturing Co. für Nord- und Mittel-Europa in Luxemburg, Fleischerstraße 18, befand. Bis wann diese bestand, ist nicht bekannt.

Das aktuelle „Singer Center“ in der Hauptstadt, das seit 2002 von der Theisen-Schmitz S.à r.l. geführt wird, gehe auf eine Niederlassung von Singer Frankreich zurück, die anscheinend seit 1910 in Luxemburg bestanden haben soll, erklärt Robert Theisen, nachweislich aber erst seit 1931. Von den Anfängen wisse er selbst wenig zu berichten: Sein Vater Robert Theisen (1925-2015) leitete die Filiale von 1954 bis 1984. Von 1931 bis 1954 befand sie sich in der Grand-rue 53, neben dem Santos-Gebäude. 1954 zog das Unternehmen wenige Häuser weiter auf Nummer 46, wo sich heute das Geschäft „GrandOptical“ befindet.

Erweitertes Angebot

Als sein Vater ins Geschäft einstieg, seien noch fast ausschließlich Nähmaschinen verkauft worden, doch dieser habe das Angebot in den 1960er Jahren ausgeweitet und auch „weiße Ware“ (Waschmaschinen, Trockner, Kühlschränke) verkauft. Der 1959 geborene Robert (gleicher Vorname wie der Vater) übernahm 1984 nach einem einjährigen Versuch als Aushilfslehrer das Unternehmen. Sein Traum sei es stets gewesen, unabhängig zu sein. Das Geschäft des Vaters habe ihm die Möglichkeit dazu gegeben.

Zwischen 1980 und 2000 führte die Familie mehrere Geschäfte: Von 1980 bis Anfang der 1990er bestand eine Niederlassung in der Avenue de la Gare, später, in den 1990ern, während rund sechs Jahren eine in der rue Jean Origer; von 1988 bis 2008 betrieb die Familie sogar eine Filiale in der Escher Alzettestraße, dort, wo sich heute der „Weltbuttek“ befindet. Zwischendurch besaß die Firma für einige Jahre noch ein Lager auf Howald, da sie Großhändler für verschiedene Küchengerätemarken wie Tefal und Calor war. Heute machten Nähmaschinen rund ein Drittel des Umsatzes aus. Der Marktanteil von Singer-Nähmaschinen betrage 70 Prozent, das Gleiche gelte für die Nachbarländer.

Wechselndes Image

Dass der Absatz an Nähmaschinen heute nicht mehr dem von einst entspricht, erklärt sich Theisen u.a. damit, dass sich das Image der Nähmaschine mit der Emanzipation geändert habe. „Es gab Zeiten, da verkauften wir um die 3.000 Nähmaschinen im Jahr“, sagt Theisen stolz. Damals seien noch viele Geräte an der Haustür verkauft worden, bis es verboten wurde. Fotos aus den 1950er Jahren zeigen gut besuchte Nähkurse, die die Firma im ganzen Land organisierte.

Dann kam 1968: Die Nähmaschine wurde zu einem Symbol der männlichen Unterdrückung. Nähen war nicht mehr modern. Und so ging der Absatz langsam zurück. „Doch durch die Recycling- und Upcycling-Welle seit den 2000er Jahren wird wieder mehr genäht. Viele Leute sehen, dass es nachhaltiger ist, selber Kleider zu nähen als massenweise Billigware zu kaufen.“

Anfang der 2000er zog sich Singer Frankreich aus Luxemburg zurück, nachdem es einen sehr hohen „Pas de porte“ für sein Geschäft in der Grand-rue kassiert hatte. Theisen gründete daraufhin mit seiner Frau die Theisen&Schmitz S.à r.l. und ließ sich an der augenblicklichen Adresse nieder. Das war 2002. Dass er aus dem Mikrozentrum der Hauptstadt wegzog, hatte mit den hohen Mieten zu tun. Das habe seiner Meinung nach mit dem Einzug der großen internationalen Filialhäuser in der Hauptstadt begonnen. „Die konnten den Hausbesitzern andere Mieten anbieten als die kleinen Traditionsunternehmen und hatten sogar die Mittel, auch mal ein Haus instand zu setzen.“ Theisen wünscht sich, dass die Stadt etwas gegen die hohen Mieten unternimmt. Wie das genau gehen soll, weiß er selber nicht.

Exzellente Lage

Zwei gute Argumente für die aktuelle Adresse in der Avenue Monterey waren die Nähe zu den Parkhäusern und der rege Verkehr auf dieser Hauptachse. „Ich dachte mir, mit dem Verkehr vor der Haustür wird bald jeder wissen, wo sich das neue Singer-Geschäft befindet. Natürlich haben Geschäfte wie Saturn einen gewissen Marktanteil weggenommen, aber nicht so viel, dass die kleinen nicht überleben konnten. Solche Geschäfte verkaufen hauptsächlich wegen ihrer günstigen Preise, wir dagegen bieten eine Dienstleistung an, die es so dort nicht gibt“, sagt Theisen.

„Seit bekannt ist, dass wir schließen, waren schon zig Kunden bei uns, die uns sagten, dass sie es schade finden, dass wir aufhören. Ich bin überzeugt, dass ein Verkäufer bei Saturn das nicht zu hören bekommt.“

Mit Singer verlasse nun „der letzte Mohikaner des Elektrofachhandels“ die Oberstadt, sagt Theisen. „Ob die Leute uns schnell vergessen werden, hängt vom Angebot der Galeries Lafayette ab, die bald ihre Türen öffnen werden.“ Falls diese das gleiche Warenangebot hätten wie in Paris, werde bald niemand mehr von Singer reden.

J.C.KEMP
8. November 2019 - 8.54

Reparéiert get souwisou näischt méi. Wegwerfen an nei faafen ass d'Devise. Leider!

Jangeli
8. November 2019 - 8.38

Iwert der Grenz do ginn ëtt nach e puer solch Geschäfter, Z.B.Saarlouis,Tréier,etc.

Schmeler Michel
7. November 2019 - 19.40

An u ween soll een sech dann elo wennen wann ee Problemer mat deier Artikelen krit dei een do kaf huet. Eng Informatiouen wär heiflech. Merci.

de Bop
7. November 2019 - 13.02

Und so schliesst ein Geschäft nach dem anderen und verschwindet aus dem Stadtbild. Entweder der Kleinhandel lohnt sich nicht mehr, die Mieten sind zu hoch oder das Gebäude, nicht mehr attraktiv und zeitgemäss, wird einfach abgerissen und durch einen zweckmässigen Bürokomplex ersetzt. So verändert sich unsere Hauptstadt in einem rasanten Tempo, nicht unbedingt zu ihrem ästhetischen Vorteil. Das Geld kennt keine Gefühle oder Nostalgie!