Auf Messers Schneide: Das Handwerk des Schleifers ist noch längst nicht Vergangenheit

Auf Messers Schneide: Das Handwerk des Schleifers ist noch längst nicht Vergangenheit

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Das Messerschleifen wurde Martin Meuter in die Wiege gelegt: Sein Großvater und sein Vater haben dieses rar gewordene Handwerk ausgeübt. Jetzt setzt er als Selbstständiger die Familientradition fort und sorgt mit seiner mobilen Werkstatt für scharfe Klingen. Wie er Daisy Schengen verraten hat, kommt der Profi Anfang Juni nach Luxemburg.

Martin Meuters Vater Peter begann 1962 im Alter von 15 Jahren, in Solingen Messer zu schleifen. In der kleinen Lohnschleiferei, in der er sein Handwerk erlernte, wurden Klingen für den Messerbau vorbereitet. Vor rund drei Jahrzehnten machte sich Peter Meuter mit einer „Reise-Schleifmaschine“ selbstständig und begann, in Fachgeschäften den Messerschleif-Dienst anzubieten. Martin Meuter trat 2006 in die Fußstapfen seines Vaters. „In Echternach feiern wir dieses Jahr 20-jähriges Jubiläum. Seit 1999 kommen wir in die Abteistadt. Unsere zweite Station in Luxemburg ist Remich.“

Ihr Beruf hat Seltenheitswert. Warum entscheidet sich ein junger Mensch dazu, Messerschleifer zu werden?
Martin Meuter: „Weil ich herausgefunden habe, dass mir der Beruf tatsächlich Spaß macht. Ich bin dabei sehr selbstständig und frei. Spaß beiseite. Mein Vater ist Messerschleifer, sein Vater war das auch. Ich habe mich dazu entschlossen, die Familientradition weiterzuführen. Was ich an meinem Beruf auch mag, ist, dass das Ergebnis sofort sichtbar ist – und glückliche und zufriedene Kunden kommen gern wieder.“

Was macht ein Messerschleifer genau?
„Er trägt Material von einem Messer ab, sodass es etwas dünner wird, und sorgt dafür, dass die Leute scharfe Messer und Scheren haben und sich nicht ständig neue billige Schneidewerkzeuge kaufen müssen, die sie nach kurzer Zeit wieder wegwerfen.“

Inwieweit sind ein gutes Augenmaß und Fingerspitzengefühl beim Schärfen gefragt?
„Ich arbeite mit einem Bandschleifer, da liegt das Messer waagerecht darauf. Beim Schärfen schaue ich von oben auf die ganze Klinge. Tatsächlich kann man sehen, ob das Messer vorne auf der Schneide aufliegt oder an der Unterseite noch Material vorhanden ist, das ich wegschleifen muss. Dabei wird ein sogenannter Abzug ins Messer eingearbeitet, damit die Schneide nicht zu dünn wird. Die Schneide, das ist der letzte Millimeter unten an der Messerklinge. Der Rest ist der Aufbau der Klinge. Die Klinge sollte nicht zu dick und zu klobig sein, sonst ist die Schneide auch dick und klobig.“

Kann man beim Schärfen auch etwas falsch machen?
„Ist die Schneide sehr dünn, ist das Messer zwar sehr scharf, aber nach einer Woche wieder stumpf, da die Schneide nicht stabil genug ist. Die Kunst besteht darin, einen Mittelweg zwischen Schneide der Klinge und einer gewissen Standfestigkeit zu finden.“

Sie kommen aus Solingen. Die Stadt bei Düsseldorf steht wie keine andere für
die traditionelle Herstellung von Schneidwaren weit über die Grenzen von Deutschland hinaus.
„Früher vielleicht. Heute gibt es in Solingen nicht mehr so viele Messerhersteller wie damals, die Schleifer beschäftigen. Die meisten der dort verbliebenen Betriebe setzen heute auf eine maschinelle Herstellung, bei der Roboter einzelne Arbeitsschritte – darunter das Schleifen – übernehmen.“

Das bedeutet, dass Ihr Beruf vergänglich ist. Geht das Schleiferhandwerk ein Stück weit verloren?
„Leider ist durch die neuen Produktionsmethoden kein Raum mehr für unser Beruf vorhanden. Der Platz für Nachwuchs-Messerschleifer wird immer knapper. Schneidewerkzeuge wie Messer von Hand nachzuschleifen, wird heutzutage nirgendwo gelehrt. Das Handwerk und die Tradition sind nur noch in Städten wie Solingen, wo viel produziert wird, präsent. Dort werden noch einige wenige junge Menschen ausgebildet, aber sie stellen keine Messer mehr wie früher her, sondern lernen meist, die Maschinen zu programmieren. Es wird nicht mehr viel von Hand gemacht.

Termine in Luxemburg
Anfang Juni ist der Messerschleifer in Luxemburg.
3.-5. Juni in Remich bei Moes Frères, Op der Kopp,
6.-7. Juni in Echternach bei Quincaillerie Rollmann, 7, rue de la Montagne.

Was ein gutes Messer ausmacht

Bei Verkaufsversprechen ist Vorsicht geboten: Nicht jedes Messer, das als „professionell“ oder „superscharf“ angepriesen wird, ist auch ein solches. Und auch wenn mit einem Messer aus Solingen geworben wird, muss dieses nicht zwangsläufig von dort stammen, erklärt Martin Meuter. „Am besten lässt man sich beim Kauf eines Messers im Fachgeschäft für Haushaltswaren beraten“, empfiehlt der Profi. „Einige bekannte Marken aus Solingen bieten eine verlässliche Qualität und einen Schleifservice.“

Es gibt Messer mit geschmiedeter und mit gestanzter Klinge. Bei ersterer Variante wird das Material mit einem Hammer verdichtet, dadurch ist es stabiler und hält länger. Auch bei den Griffen und Formen ist die Auswahl groß. „Am besten jedes Messer im Geschäft in die Hand nehmen und schauen, welches besser in der Hand liegt und was einem gefällt“, so Meuter.

Messer aus einem Stück geschmiedet oder Klinge und Griff getrennt – welches Merkmal ist ein Hinweis für Qualität? „Ist das Messer nicht aus einem Stück gegossen“, sagt der Profi, „dann handelt es sich meist um minderwertige Ware.“ Die Klinge wird separat gestanzt, der Griff gegossen und beide durch eine Schweißnaht verbunden. Landet das Messer dann zum Spülen in der Maschine, bilden sich Rostflecken an der Schweißnaht.

Die Ausstattung zu Hause

„Mehr als drei, vier scharfe Messer braucht man nicht“, sagt Martin Meuter. Ein Brotmesser, ein weiteres fürs Gemüse, wenn man keinen Sparschäler benutzt, und ein kleines mit gebogener Spitze gehören zur Grundausstattung. Ambitionierte Hobbyköche greifen zudem zu einem Messer mit längerer Klinge, das einem die Schwing-Bewegung beim Schneiden, ähnlich wie bei Profiköchen, erleichtert.

Profitipps: So bleibt das Messer länger scharf

Damit das Messer auch lange scharf bleibt – nämlich ein Jahr, „bis zum nächsten Termin beim Schleifer“ –, hat Martin Meuten einige Tipps:
– das Messer nicht in der Spülmaschine waschen;
– nur auf Schneidebrettern schneiden, nicht auf der Küchenplatte;
– bei Bedarf mit Wetzstahl nachschärfen.