Antibiotikum wirkt oft nicht mehr

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Die "Wunderwaffe" Antibiotikum verliert an Effizienz. - Resistente Bakterien gefährden vor allem immunschwache Menschen und Kinder.

Beim Gipfeltreffen der sieben führenden Industriestaaten (G7) auf Schloss Elmau in Bayern steht mit den Antibiotika-Resistenzen ein Brennpunktthema auf der Agenda. Multiresistente Bakterien, gegen die eine Vielzahl von Antibiotika nicht mehr wirken, sind ein zunehmendes Problem. Forscher warnten zuletzt vor einem drastischen Anstieg der Todesfälle, sofern nichts gegen die verheerenden Resistenzbildungen getan werde. Die Weltgemeinschaft wurde zum Kampf gegen den Missbrauch von Antibiotika aufgerufen.

Welche Wirkung haben Antibiotika?

Antibiotika sollen Bakterien abtöten oder deren Wachstum hemmen und so Infektionen heilen. Es gibt mehr als 15 verschiedene Klassen von Antibiotika, die sich in ihrer chemischen Struktur und in ihrer Wirksamkeit gegen verschiedene Bakterien unterscheiden. Behandelt werden damit bakterielle Infektionen, zum Beispiel eine durch Pneumokokken verursachte Lungenentzündung. Gegen Viren, die etwa eine banale Erkältung verursachen, können Antibiotika nichts ausrichten.

Wie entsteht eine Antibiotikaresistenz?

Bakterien sind sehr anpassungsfähig und wahre Überlebenskünstler. Sie vermehren sich sehr schnell. Dabei können spontan Veränderungen im Erbgut auftreten, so dass die Erreger unempfindlich gegenüber bestimmten Antibiotika werden. Einige Bakterien tauschen außerdem ab und zu kleine Stücke ihres Erbgutes untereinander aus. Auch dies kann die Erreger widerstandsfähig gegen Antibiotika machen. Der übermäßige Einsatz von Antibiotika beim Menschen und in der Tiermast sowie eine unsachgemäße Einnahme der Medikamente fördert solche Resistenzbildungen.

Um welche Erreger geht es?

In den meisten Fällen handelt es sich um den Methillicin-resistenten Staphylococcus aureus – kurz MRSA. Dieser Bakterienstamm kann schwere bis tödliche Infektionen verursachen. Sogenannte Vancomycin-resistente Enterokokken (VRE) können gefährliche Darmkrankheiten auslösen. Ein weiterer Krankenhauskeim trägt das Kürzel ESBL, es handelt sich um resistente Enterobakterien, die zur normalen menschlichen Darmflora gehören, für Kranke und Schwache aber eine Gefahr sind.

Wie viele Menschen infizieren sich?

Es gibt keine genauen Zahlen, weil oft nicht nachvollziehen kann, ob man den Erreger im Spital oder außerhalb erwischt hat. In Luxemburg schätzen Experten die Anzahl der Fälle auf einige Dutzend pro Jahr. Luxemburg steht auf Platz sechs im EU-weiten Vergleich bei Antibiotika-Verschreibungen. Damit nehmen die Luxemburger 2,5 Mal mehr dieser Arzneien, als in den Niederlanden und 1,75 Mal mehr als das letzte Land im Ranking – Deutschland. Die meisten Antibiotika werden vor allem an älteren Menschen und Kindern unter 10 Jahren verschrieben, so das Gesundheitsamt.

Was macht die Keime so gefährlich?

Für gesunde Menschen ist etwa MRSA in der Regel ungefährlich. Für immungeschwächte Patienten auf Intensivstationen, Krebskranke, Chirurgie-Patienten, frühgeborene Babys oder Menschen mit chronischen Wunden hingegen können multiresistente Erreger lebensgefährlich werden und unter anderem Lungenentzündungen, Wund- und Harnwegsinfektionen oder Blutvergiftungen auslösen. Die Infektionen sind schwer oder manchmal gar nicht zu behandeln.

Werden Klinikpatienten auf Resistenzen getestet?

Anders als zum Beispiel in den Niederlanden gibt es in Luxemburg kein routinemäßiges Screening. Eine Expertenkommission des deutschen Robert-Koch-Instituts (RKI) empfiehlt dies aber für Risikopatienten, die zum Beispiel einen Katheter haben oder chronisch pflegebedürftig sind.

Was wird in Luxemburg gegen den Antibiotika-Missbrauch getan?

Falsch verschrieben und häufig unsachgemäß eingenommen, können Antibiotika mehr schaden als helfen, warnt das Gesundheitsamt in Luxemburg. Besonders im Winter würden immer mehr Antibiotika verschrieben gegen Atemwegsinfektionen, wie Grippe, Schnupfen, Husten oder Anginen. Sie werden in 80 Prozent der Fälle aber durch Viren verursacht. Antibiotika helfen jedoch bei viralen Infekten nicht. Darum werden regelmäßig Informationskampagnen gestartet, um vor der unsachgemäßen Einnahme der Medikamente zu warnen. Ärzte werden aufgefordert, Antibiotika nur in absolut notwendigen Fällen zu verschreiben. Es wurde zudem ein Handbuch ausgearbeitet indem es um die Behandlung von häufig auftretenden Krankheiten mit Antibiotika geht. Damit soll gezielt gegen Resistenzen vorgegangen werden. Außerdem werden Info-Broschüren in Apotheken, Arztpraxen, Krankenhäuser, Maisons Medicales und bei der Gesundheitskasse verteilt. Ein Ratgeber zur korrekten Antibiotika-Anwendung wird auch an die Apothekern verteilt. Damit soll die Beratung der Patienten verbessert werden.

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