Mittwoch5. November 2025

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FrankfurtVorwurf von „Greenwashing“: Razzien bei Deutscher Bank und DWS

Frankfurt / Vorwurf von „Greenwashing“: Razzien bei Deutscher Bank und DWS
Etwa 50 Einsatzkräfte von Staatsanwaltschaft, Finanzaufsicht Bafin und Bundeskriminalamt (BKA) haben am Dienstag in Frankfurt den Zentralen der Deutschen Bank und von DWS einen Besuch abgestattet Foto: Arne Dedert/dpa

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Mitarbeiter der deutschen Staatsanwaltschaft, der deutschen Finanzaufsicht und des Bundeskriminalamts haben gestern die Firmenzentralen der Deutschen Bank und ihrer Fondstochter DWS durchsucht. Eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Frankfurt sagte, die Razzia stehe im Zusammenhang mit Vorwürfen gegen die DWS, sie habe „Greenwashing“ betrieben, also Etikettenschwindel bei den Angaben zu Umweltschutz- und Nachhaltigkeitsaspekten von Investments.

Rund 50 Personen seien an den Maßnahmen beteiligt. Wegen des Verdachts des Kapitalanlagebetrugs werde gegen bislang unbekannte Mitarbeiter und Verantwortliche der DWS ermittelt. Das Ermittlungsverfahren werde seit Mitte Januar 2022 geführt. Die Aktien der Deutschen Bank büßten bis zum Nachmittag 2,4 Prozent ein, DWS-Papiere fielen um 2,7 Prozent.

„Wir haben in dieser Angelegenheit kontinuierlich und umfassend mit allen relevanten Regulierungsbehörden zusammengearbeitet und werden dies auch weiterhin tun“, erklärte ein DWS-Sprecher am Dienstag. Ein Sprecher der Deutschen Bank sagte, die Maßnahmen der Staatsanwaltschaft richteten sich gegen Unbekannt im Zusammenhang mit „Greenwashing“-Vorwürfen gegen die DWS. Der Sprecher verwies zudem auf die DWS-Stellungnahme.

Die Fondstochter der Deutschen Bank war im vergangenen Jahr in die Schlagzeilen geraten, nachdem Anschuldigungen laut geworden waren, die DWS sei zu locker mit den Kriterien für „grüne“ Investments umgegangen. Demnach verkaufe der Vermögensverwalter DWS bei der Vermarktung von sogenannten ESG-Finanzprodukten (ESG – Environment, Social, Governance) diese als „grüner“ oder nachhaltiger, als sie tatsächlich seien. Erhoben worden waren die Vorwürfe von der früheren Leiterin des Unternehmensbereichs Nachhaltigkeit, Desiree Fixler, die die DWS im Frühjahr 2021 nach nur wenigen Monaten im Job verließ. Sie hatte sich 2021 als Whistleblower zunächst der US-Börsenaufsicht SEC und dem FBI offenbart. Die DWS hat die Vorwürfe stets bestritten.

Die Frankfurter Staatsanwaltschaft sieht Anhaltspunkte dafür, dass ESG-Faktoren entgegen den Angaben in Verkaufsprospekten von DWS-Fonds nur in einer Minderheit der Investments tatsächlich berücksichtigt worden seien. In einer Vielzahl von Beteiligungen hätten sie keine Beachtung gefunden.

Trend zu Nachhaltigkeit bei Investments

Die Deutsche Bank und ihre Fondstochter treffen die Vorwürfe empfindlich. Denn sie haben sich Nachhaltigkeit mittlerweile groß auf die Fahnen geschrieben und wollen das Geschäft in den kommenden Jahren ausbauen. ESG-Anlagen sind einer der Megatrends der Finanzbranche. Erst unlängst hatte die Deutsche Bank angekündigt, dass sie ab Juli von ihren Lieferanten bei größeren Aufträgen einen Nachweis für das Einhalten von Umwelt- und Sozialstandards verlangt. Für jeden neuen oder verlängerten Vertrag von über 500.000 Euro pro Jahr müssen Lieferanten dann eine Nachhaltigkeitsbewertung externer Ratingagenturen vorlegen.

Für Verbraucherschützer steht das Thema Etikettenschwindel bei ESG-Investments schon seit einiger Zeit ganz oben auf der Agenda. Sie hatten in der Vergangenheit unter anderem klare Vorgaben und Standards seitens des Gesetzgebers gefordert. Vor einigen Monaten hatte die EU-Kommission ihre lange geplanten einheitlichen Einstufungen für „grüne“ Investments auf den Weg gebracht. Diese sogenannte Taxonomie stieß allerdings auch auf Kritik. Denn sie sieht vor, dass Atomkraft und Erdgas unter bestimmten Kriterien ebenfalls ein Öko-Label erhalten können.