ThyssenKrupp fährt Milliarden-Verlust ein

ThyssenKrupp fährt Milliarden-Verlust ein
(dpa-Archiv)

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Der größte deutsche Stahlkonzern ThyssenKrupp hat im Geschäftsjahr 2011/12 (per Ende September) den mit Abstand höchsten Verlust in der Unternehmensgeschichte eingefahren.

Der Fehlbetrag belaufe sich auf fünf Milliarden Euro, teilte das vom schwachen Stahlgeschäft in Amerika, Kartellabsprachen und Korruptionsvorwürfen erschütterte Unternehmen am Montagabend nach einer Sitzung des Aufsichtsrats mit. Die Verluste hätten sich damit gegenüber dem Vorjahr nochmal um 3,2 Milliarden Euro erhöht. Vorstandschef Heinrich Hiesinger schrieb auf die neuen Stahlwerke in Brasilien und den USA weitere 3,6 Milliarden Euro ab. Er will die Werke nun rasch abstoßen und zudem Einsparungen in Milliardenhöhe durchsetzen.

„Das Projekt Steel Americas und die verschiedenen Compliance-Verstöße haben nicht nur einen immensen finanziellen Schaden verursacht“, sagte der ehemalige Siemens -Manager, der seit Anfang 2011 ThyssenKrupp führt. Der Konzern habe an Vertrauen und Glaubwürdigkeit verloren. Der Aufsichtsrat bestätigte die vorzeitige Trennung von den Vorständen Olaf Berlien, Edwin Eichler und Jürgen Claassen. Das Kontrollgremium habe mit den Veränderungen im Vorstand ein klares Zeichen für einen Neuanfang gesetzt, betonte Hiesinger. „Wir etablieren konsequent eine neue Führungskultur, die auf Ehrlichkeit, Transparenz und Leistungsorientierung basiert.“

Aktionäre gehen leer aus

Eine Dividende sollen die Aktionäre für 2011/12 nicht erhalten. Im Vorjahr hatten sie trotz eines Verlustes von 1,8 Milliarden Euro noch 45 Cent je Papier erhalten. Hiesinger tritt am Dienstagmorgen um 09:00 Uhr in Essen vor die Presse. Er will in den kommenden drei Jahren weitere zwei Milliarden Euro einsparen. Im laufenden Geschäftsjahr peilt er einen bereinigten Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) von rund einer Milliarde Euro an.

Das Traditionsunternehmen ist in der schwersten Krise seit der Fusion von Thyssen und Krupp im Jahr 1999. Die Kosten für die neuen Stahlwerke in Übersee waren auf zwölf Milliarden Euro in die Höhe geschossen – der Börsenwert des gesamten Konzerns liegt inzwischen nur noch bei 8,3 Milliarden Euro. Bereits im Geschäftsjahr 2010/11 hatte ThyssenKrupp rund zwei Milliarden Euro auf die Stahlwerke in Brasilien und den USA abgeschrieben. Steel Americas fuhr im vergangenen Geschäftsjahr bereinigt erneut einen Fehlbetrag vor Zinsen und Steuern von rund einer Milliarde Euro ein. Aber auch das europäische Stahlgeschäft schwächelt. Das bereinigte Ebit fiel hier auf 247 Millionen Euro von 1,133 Milliarden Euro.

Werksverkauf steht an

„Der Verkaufsprozess für die Werke der Business Area Steel Americas in Brasilien und den USA verläuft planmäßig“, erklärte der Konzern. Insidern zufolge gibt es für die zum Verkauf gestellten Werke zwar mehrere Interessenten, diese wollen aber dafür nicht tief in die Tasche greifen. Hiesinger hatte zunächst einen Verkaufserlös in Höhe des Buchwertes von rund sieben Milliarden Euro angepeilt. Die Anlagen stehen nach den neuen Abschreibungen noch mit 3,9 Milliarden Euro in den Büchern. Sie sollen im laufenden Geschäftsjahr verkauft werden, hieß es in einer Präsentation.

ThyssenKrupp wird von den Folgen illegaler Kartellabsprachen, Korruptionsvorwürfen, Schadenersatzforderungen und einem Zerwürfnis des Aufsichtsrats mit dem ehemaligen Management erschüttert. In der Kritik steht auch Aufsichtsratschef Gerhard Cromme. Der Dachverband Kritischer Aktionärinnen und Aktionäre macht ihn für die Schwierigkeiten mitverantwortlich und fordert seinen Rücktritt. Die Arbeitnehmervertreter stellten sich hinter Cromme. „Die von Herrn Dr. Cromme eingeleiteten Prüfungen und Untersuchungen sind richtig und notwendig“, hieß es in einer Erklärung der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat. Es müsse geklärt werden, welche Verantwortung der frühere Vorstand für die Entwicklungen habe. „Mit den Wertberichtigungen für die amerikanischen Stahlwerke in Brasilien und Alabama muss ein Schlussstrich unter das Kapitel Steel Americas gezogen werden.“