Stefan Osorio-König
Luxemburg und Portugal haben nur relativ dürftige Wirtschaftsbeziehungen. In den ersten fünf Monaten dieses Jahres exportierte Portugal Waren im Wert von gerade einmal 15,7 Millionen Euro nach Luxemburg. Und auch die Ausfuhren des Großherzogtums nach Portugal lagen in etwa auf der gleichen Höhe.
Das Land am Atlantik steht bei der Wichtigkeit der Handelspartner Luxemburgs nur auf Platz 22, während das Großherzogtum als Handelspartner für Portugal lediglich auf Platz 19 kommt. Das Land exportiert mehr nach Angola oder Brasilien als nach Luxemburg.
Doch das soll sich ändern – so zumindest die Hoffnung der Wirtschaftsdelegation, die den beginnenden dreitägigen Staatsbesuch des Großherzogs in Portugal begleitet.
Der Direktor der Luxemburger Handelskammer, Pierre Gramegna, und sein Amtskollege der Portugiesisch-luxemburgischen Handels- und Industriekammer („Câmara de comércio e indústria luso-luxemburguesa – CCILL“) stellten sich den Fragen des Tageblatt.
Tageblatt: Warum hat die Handelskammer beschlossen, eine Wirtschaftsdelegation zeitgleich mit dem Staatsbesuch nach Portugal zu schicken?
Pierre Gramegna: „Unsere beiden Länder haben sehr enge Beziehungen. Bereits 2004 kam der damalige Staatspräsident Sampaio auf Besuch nach Luxemburg. Im Jahr 2007 folgte ihm dann der immer noch amtierende Cavaco Silva.
Außerdem haben wir eine wichtige portugiesische Gemeinde in Luxemburg, mit der der Kontakte sehr gut ist.
Dies spielt vor allem auch bei Geschäftsbeziehungen eine wichtige Rolle. Uns ist es wichtig, diese Beziehungen zu vertiefen. Deswegen haben wir beschlossen, als Wirtschaftsdelegation mit nach Portugal zu fliegen.“
„T“: Woran hapert es denn bei den Wirtschaftsbeziehungen zwischen den beiden Ländern?
P.G.: „Die wirtschaftlichen Beziehungen sind nicht so überwältigend und mit Sicherheit ausbaufähig. Sieht man sich die Zahlen an, so stellt man fest, dass Portugal nur auf Platz 22 bei der Wichtigkeit der Luxemburger Handelspartner landet. Das heißt für uns im Klartext, dass man in dem Bereich noch viel mehr tun kann. Dass ein Interesse an weiter vertieften Wirtschaftsbeziehungen besteht, zeigt sich auch dadurch, dass sich über 50 Personen aus rund 30 unterschiedlichen Unternehmen und Sektoren für die Wirtschaftsreise angemeldet haben.“
„T“: Woran liegt es, dass Luxemburg so wenig Güter aus Portugal importiert?
Francis Da Silva: „Die Zahlen stimmen so nicht ganz. Man muss hier anführen, dass etliche Waren, die von Portugal an Luxemburg verkauft werden, über andere Länder ins Großherzogtum kommen.
Das bedeutet, dass viele der Importe nach Luxemburg erst nach Belgien ausgeführt, und dann ins Großherzogtum weiterexportiert werden.
Damit erscheinen diese als portugiesische Importe nach Belgien und tauchen somit nicht mehr als portugiesische Importe nach Luxemburg in den Statistiken auf. So entsteht ein falsches Bild der tatsächlichen Situation.
Es gibt gut 2.000 Unternehmen aus Portugal, die nach Luxemburg exportieren. Doch viele von ihnen gehen über Belgien.“
P.G.: „Hier muss man hinzufügen, dass es 2009 erstmals der Fall war, dass wir mehr Importe aus Portugal nach Luxemburg hatten als Exporte. Der portugiesische Markt ist definitiv interessant für uns.“
,„T“: Welche Produkte werden denn typischerweise nach Portugal exportiert, und welche von dort aus ins Großherzogtum ausgeführt?
P.G.: „Was wir nach Portugal exportieren, ist nicht unbedingt typisch für Exporte nach Portugal, sondern eher für unsere Exporte generell.
Das heißt, wir verkaufen vor allem Maschinen und Stahlprodukte oder generell Industrieerzeugnisse. Wir exportieren hingegen relativ wenig Fertigprodukte.
Wichtig sind aber auch unsere Exporte von Dienstleistungen. Gerade in diesem Bereich möchten wir mit dem Besuch die Beziehungen mit Portugal vertiefen.
In der Tat sind zwei Drittel der Mitreisenden der Wirtschaftsdelegation Vertreter des Dienstleistungssektors. Wir wollen damit auch den Finanzplatz präsentieren. Rund ein Drittel der Wirtschaftsvertreter kommen aus anderen Sektoren.“
F.D.S.: „Portugal exportiert nach Luxemburg vor allem Lebensmittel und Getränke, aber auch Textilien und Schuhe.
Oft fällt es den Kunden in Luxemburg gar nicht auf, dass sie ein portugiesisches Produkt kaufen, weil es keinen portugiesischen Namen hat.
Viele Portugiesen kommen nach Luxemburg für einen Sondierungsbesuch, um sich mit den hiesigen Marktverhältnissen vertraut zu machen.“
„T“: Worin besteht das Interesse Luxemburger Unternehmen an Portugal und umgekehrt?
F.D.S.: „Für portugiesische Unternehmen ist der Wachstumsmarkt in Luxemburg natürlich interessant. Denn Portugal durchläuft im Moment eine schwierige Phase.
Die Regierung hat Budgetsorgen und das Wirtschaftswachstum ist nahe null. Außerdem geht man davon aus, dass noch bis 2015 Probleme auf dem Arbeitsmarkt bestehen werden.
Egal, welche Regierung auch in Zukunft in Portugal am Ruder sein wird, sie wird sich mit diesen Problemen befassen müssen.
Dazu kommt, dass sich das Bruttosozialprodukt in den letzten 25 Jahren verzwanzigfacht hat. Das hat Ungleichgewichte vor allem hinsichtlich der Staatsschulden geschaffen.
Aber auch die Unternehmen haben ihre Internationalisierung vernachlässigt, was natürlich auch mit der peripheren Position des Landes zu tun hat.
Portugal war auf der anderen Seite aber auch immer eher zum Ozean hin orientiert. Das heißt auf den Außenhandel mit Afrika und Südamerika, vor allem mit Brasilien, das der fünftwichtigste Handelspartner Portugals ist.
P.G.: „Luxemburg und Portugal können sich gegenseitig komplettieren. Das Großherzogtum kann als Plattform für portugiesische Unternehmen dienen, die nach Frankreich, Deutschland und weiter nach Osten exportieren wollen. Auf der anderen Seite kann Portugal diese Rolle für Luxemburger Unternehmen übernehmen, die nach Afrika oder Südamerika verkaufen möchten.“
„T“: Welche Vorteile bietet das Großherzogtum für portugiesische Firmen?
F.D.S.: „Luxemburg ist eine Vertriebsplattform für Osteuropa. Wir werden wöchentlich von Unternehmen aus Portugal kontaktiert, die nach Osteuropa exportieren möchten und sich für Luxemburg als zentral gelegenes Land interessieren. Was für portugiesische Unternehmen aber auch besonders interessant ist, ist die Mehrsprachigkeit in Luxemburg. Gerade die hier lebenden Portugiesen könnten für Firmen aus Portugal als eine Art sprachlich Mittler fungieren.“
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