Ernüchterung für Luxemburg

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Das Wachstum der Luxemburger Wirtschaft wird bis zum Jahre 2014 nicht über 3,3 Prozent pro Jahr hinausgehen. Das geht aus einer Studie zur mittelfristigen Wirtschaftsentwicklung in Luxemburg und in Europa hervor, die das Beratungsunternehmen Ernst & Young am Dienstag vorstellte.

Helmut Wyrwich

Ernst & Young hat sich mit dem Wirtschaftsforschungsinstitut „Oxford Economics“ zusammengetan, um die Studie zu erstellen, die nun vierteljährlich fortgeschrieben werden soll. In der ersten Version beschäftigt sich die Wissenschaftlerin Marie Diron mit europäischen Grundlagendaten, die sie dann in einer europäischen Prognose zusammenstellt. Dazu entwickelt Ernst & Young mit ihr jeweils Länderstudien.

Der Aufschwung in Luxemburg soll vor allem durch die Finanzwirtschaft kommen. Das Land, so heißt es in der Studie, sei trotz der Auswirkungen der Finanzkrise gut platziert, um weiteres Geschäft der Fondsindustrie anzuziehen.
Im Januar 2010 wies Luxemburg in regulierten Investmentfonds ein Vermögen von 1,8 Billionen aus. Hedgefonds seien dabei für acht bis zehn Prozent der verwalteten Vermögen gut.

Alain Kinsch, geschäftsführender Partner der Agentur, meint, dass vor allem regulierte Fonds weiteres Geschäft anlocken könne. Kinsch stellte dabei einen Zusammenhang her mit dem Private Banking. Allerdings müsse man sich von dem Gedanken verabschieden, dass das Bankgeheimnis beim Private Banking eine Rolle spielen würde. Die Vermögen, um die es sich bei Private Banking zukünftig handeln würde, hätten nichts mehr mit dem Bankgeheimnis zu tun. Man müsse das Private Banking neu definieren.

Die jungen Reichen zwischen 40 und 50 Jahren, die ihr Vermögen in Ländern wie Brasilien gemacht hätten, würde gut beraten, um mit dem Finanzamt keinen Ärger zu bekommen und hätten daran auch kein Interesse.

Ihnen ginge es darum, dass man nicht unbedingt auf dem Marktplatz darüber rede, welche Aktien oder Obligationen sie gekauft hätten.
Anders als frühere Generationen handele es sich dabei auch um Menschen, die ihr Vermögen aktiv verwalteten. Die Reichtumsverwaltung in Luxemburg müsse sich daher umstellen und auf die neuen Kunden einstellen, sagte Kinsch.

In der Finanzindustrie prognostiziert Ernst & Young in den kommenden vier Jahren einen Anstieg von acht Prozent, der alleine durch den Export von Luxemburger Finanzprodukten verursacht wird. Von den früheren Wachstumsraten von 20 bis 30 Prozent sei man weit entfernt.

Das durch die Finanzwirtschaft weitgehend getragene Wachstum in Luxemburg leidet darunter. Forscherin Marie Diron geht daher davon aus, dass das Wirtschaftswachstum in diesem Jahr bei 1,7 Prozent liegen wird, nach minus 4,5 Prozent im vergangenen Jahr. Seinen Höhepunkt soll das Wachstum der wirtschaftlichen Leitung 3,3 Prozent im Jahre 2013 haben, sagt Kinsch, der gleichzeitig zugibt, in der Prognose vorsichtiger zu sein als das Statistische Amt Statec. Im Jahr 2014 soll das Wachstum dann wieder sinken.

Importrückgang

Die Inflationsrate in Luxemburg nimmt Marie Diron für die kommenden vier Jahre in Luxemburg mit durchgehend 2 bis 2,2 Prozent an. Im vergangenen Jahr zeigten sich die Haushalte und die Unternehmen bei Investitionen vorsichtig. Sie gingen um 16,9 zurück. Entsprechend ging der Export von Gütern um 8,9 Prozent zurück.

Der Import von Gütern ging sogar um 11 Prozent zurück. Das private Konsumverhalten ging um 3,9 Prozent zurück im vergangenen Jahr.
Im laufenden Jahr geht Ernst & Young davon aus, dass der Konsum leicht wieder anzieht und 1,8 Prozent der wirtschaftlichen Leistung Luxemburg auf privaten Konsum zurückgeht. „Das Wirtschaftswachstum in Luxemburg wird bis zum Jahre 2012 schwach sein, heißt die Schlussfolgerung.
Dafür soll Luxemburg ein Hort der Kaufkraft sein. Während die Inflation bei zwei Prozent stagniert, sollen die durchschnittlichen Einkommen um bis zu 3,5 Prozent steigen.
Zu Griechenland hat Marie Diron eine klare Haltung. „Es gibt eine Ansteckungsgefahr bei Spanien und Irland. Die Griechenland-Krise hat gezeigt, dass Europas politische Institutionen unzureichend sind. Man muss sich mit dem Gedanken vertraut machen, dass sich die Länder der Eurozone mit einer teilweisen Souveränitätsübertragung anfreunden müssen“, sagte sie. Marie Diron zeigte sich nicht davon überzeugt, dass man zu einem geordneten Konkurs eines Landes kommen könne.