Eine extrem wichtige Aufgabe

Eine extrem wichtige Aufgabe
(Fabrizio Pizzolante)

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Banken sind aus dem Großherzogtum nicht wegzudenken. Das Tageblatt unterhielt sich mit dem ABBL-Präsidenten Yves Maas über die gesellschaftlichen Aufgaben von Finanzinstituten.

Tageblatt: Welche Rolle spielen Banken für die Luxemburger Wirtschaft? Auch im Hinblick darauf, dass die Regierung gezielt andere Sektoren fördert, um die Wirtschaft vielfältiger zu gestalten.

Yves Maas: Der Finanzsektor ist immer noch die wichtigste Säule der Luxemburger Wirtschaft. Natürlich wäre es ratsam, wenn die Wirtschaft des Landes besser diversifiziert wäre, damit weniger Risiko aus einem Bereich kommt.
Aber: Der Banken-Sektor mit seinen 143 Banken aus 28 verschiedenen Ländern spielt immer noch eine wichtige Rolle für Luxemburg. Einerseits als Arbeitgeber für Luxemburg und die Großregion. Bei den Banken finden unmittelbar etwa 26.000 Menschen Arbeit.
Auch was den Staatshaushalt angeht, spielt er eine bedeutende Rolle. Wir zahlen ungefähr 800 Millionen Euro an Steuern an den Staat. Hinzu kommt die Einkommenssteuer, die unsere Mitarbeiter zahlen.
Banken spielen daneben auch eine extrem wichtige Rolle als Finanzier der Wirtschaft. Nicht zuletzt haben wir ungefähr 19 Milliarden Euro an laufenden Firmenkrediten vergeben und finanzieren damit Projekte unserer Unternehmen in Luxemburg.
Natürlich stellen wir auch Finanzierungen für die Bürger bereit. Alleine bei den Immobilienkrediten haben wir ein Volumen von 25 Milliarden Euro. Damit leisten wir einen extrem wichtigen Beitrag.

In den vergangen Monaten und Jahren ist das Bankgeheimnis immer mehr aufgeweicht worden. Was ändert sich für die Banken?

Das ist nichts Neues für uns. Seit 2008 hat sich extrem viel geändert für unsere Branche in Luxemburg. Das geht weit über den automatischen Informationsaustausch hinaus.
Alle neuen Regeln, mit denen wir in den letzten acht Jahren konfrontiert worden sind, haben uns gezwungen, unsere Prozesse zu überdenken. Auch unsere Mitarbeiter mussten immer wieder neu geschult werden.
Das hatte auch massive Kosten zufolge. Eine Analyse hat ergeben, dass die Banken in Luxemburg im Jahr 400 Millionen Euro ausgeben müssen, um die Flut von neuen Regeln zu bewältigen.

Wofür genau wird dieses Geld verwendet?

Das Geld fließt in die Neuausrichtung unserer Prozesse und in die Anpassung unserer IT. Das ist eine extreme Summe, die in etwa einem Prozent unseres Bruttoinlandsproduktes entspricht und etwa vier Prozent des Nettoeinkommens (EBIT) der Banken. Dieses Geld können wir nicht in Projekte unserer Kunden investieren.
Andererseits haben wir auch zusätzliche Personalkosten. Das Personal im Risiko- und Complience-Bereich macht knapp zehn Prozent unserer Belegschaft aus.

Wie hat sich diese Zahl über die letzten Jahre entwickelt?

Die Zahl ist Jahr um Jahr gestiegen. Das ist nicht unbedingt schlecht. Heute haben wir Systeme, die uns erlauben, mit weniger Risiko und mehr Kontrollen zu handeln. Für unsere Kunden bedeutet das natürlich einen Vorteil. Aber ein Vorteil, der uns viel Geld kostet.

Haben die Banken davon keine Vorteile?

Sicher. Wir können auf diese Weise wieder Vertrauen in die Märkte schaffen. Wir können unseren Kunden zeigen, dass wir die Risiken, die es in diesem Metier nunmal gibt, auf solide Art und Weise managen.

Der Bankensektor bestreitet heute gar nicht mehr, dass es in Luxemburg früher Schwarzgeld gab. In welchem Maße hat Luxemburg davon profitiert?

Die Geschichte des Luxemburger Bankenplatzes geht zurück in die 60er Jahre des letzten Jahrhunderts. Wir haben uns immer versucht, international auszurichten.
In den 80er Jahren ist das Private Banking hinzu gekommen. Der Erfolg des Private Banking hat diverse Gründe und das Bankgeheimnis, das wir damals hatten, ist wahrscheinlich einer davon. Ein anderer Grund war, dass es attraktiv war, Geld nach Luxemburg zu bringen, weil in anderen Ländern immer wieder neue Steuern eingeführt wurden.
Es wird wahrscheinlich noch Jahre dauern, bis wir aus dieser Schublade, in die wir immer wieder gesteckt werden, herauskommen. Im Moment holt uns die Vergangenheit immer wieder ein. Wir versuchen immer dagegen anzuarbeiten, weil die Situation heute eine völlig andere ist, als sie damals war.
Ob wir aber als Luxemburg von den Geschäften, die in der Vergangenheit gemacht worden sind, profitiert haben, ist schwer zu sagen. Immerhin sind wir heute mit einer Reputation behaftet, die es uns manchmal erschwert, Geschäfte zu machen.

Hat das Land sich so nicht einen Wirtschaftssektor aufgebaut, den es anders wahrscheinlich in diesem Maße nie gegeben hätte?

Wir haben den Sektor auch aufgebaut über unsere Kompetenzen und nicht nur über Steuervorteile. Die Kompetenzen, über die wir verfügen, sind nicht wegzudenken. Das zeigt schließlich auch die Tatsache, dass wir auch in einer Welt, in der es nur noch um Transparenz geht, fähig sind, Geschäfte zu machen. Wir sind eben auch im Know-how und in der Kompetenz besser als andere.

Sie sagten, die Vergangenheit holt uns immer wieder ein – was wird heute unternommen, um vorzubeugen, dass so etwas in Zukunft weiter passiert?

Die Regulierung befindet sich heute auf einem völlig anderem Niveau als noch vor zehn bis 20 Jahren. Wir sind in einer Welt, die global ist, und nicht auf ein Land zugeschnitten. Wir müssen uns der gleichen Regulierung unterwerfen wie andere Länder auch. Man kann davon ausgehen, dass die Geschäfte, die wir heute machen, in völliger Transparenz passieren. Die Probleme, die wir in der Vergangenheit hatten, werden dadurch vermieden.

Sie haben es schon angedeutet: Wo sehen Sie die gesellschaftlichen Aufgaben und Pflichten der Banken heute?

Insgesamt erfüllen Banken eine extrem wichtige gesellschaftliche Aufgabe. Wir finanzieren Unternehmen. Wir finanzieren Privatpersonen. Wir finanzieren auch Staaten. Das sind Aufgaben, die für eine Volkswirtschaft von großer Wichtigkeit sind.
Wir finanzieren in Luxemburg wie gesagt 19 Milliarden an Firmenkrediten. Wir sind nicht eines der Länder, in denen nicht genug Geld vorhanden ist, um die Unternehmen zu unterstützen. Ich glaube behaupten zu können, dass wenn gute Projekte vorhanden sind, die Banken bereit sind, diese zu unterstützen.
Wir helfen auch Privatpersonen, ihre Projekte umzusetzen. Bei den historisch niedrigen Zinsen ist das nicht unbedingt einfach für die Banken.
2015 hatten wir Immobilienkredite von etwas mehr als 24 Milliarden Euro, 1,5 Milliarden an Konsumkrediten und 3,5 Milliarden sonstige Kredite. Wir leisten einen massiven Beitrag zur Wirtschaft.

Sehen die Banken das genauso altruistisch oder geht es dann doch um den Gewinn?

Banken sind nun mal auch Unternehmen, die einen Gewinn machen müssen. Das leugne ich nicht. Andererseits stehen wir auch im Dienst des Kunden. Wir pflegen eine Beziehung zu unseren Kunden. Wenn ein Kunde das Gefühl hat, wir ziehen ihm das Geld aus der Tasche, dann ist er nicht mehr lange unser Kunde.
Das Geschäft der Banken in Luxemburg fußt auf langjährigen Beziehungen zu Kunden. Es wird eine Partnerschaft aufgebaut, die nur funktionieren kann, wenn beide Parteien zusammenarbeiten und zufrieden sind.

Das Modell der Banken hat sich in den letzten paar Jahren sehr verändert – hin zu sehr reichen Kunden. Müssen Normalverdiener zurückstecken?

Das kann ich absolut verneinen! Die Normalverdiener leiden nicht darunter. Bei vielen Banken in Luxemburg ist genau dies das Kerngeschäft. Auf der anderen Seite gibt es das Private Banking, das sich primär an vermögende Kunden richtet. Das ist ein anderes Kundensegment, das nach anderen Lösungen verlangt. Der Luxemburger Bankensektor ist in all diesen Bereichen zu Hause und kein Kunde leidet, wenn es Banken gibt, die sich mehr mit dem einen oder dem anderen befassen.

Es wird derzeit viel über Fintech gesprochen. Jeder versteht etwas anderes darunter. Wie sieht es in der Bankenbranche aus?

Wenn Sie mit 20 Leuten reden, kriegen Sie wahrscheinlich 20 verschiedene Antworten – das stimmt. Fintech hat sehr viele Facetten – gerade im Bankenbereich.
Das Verhalten der Kunden hat sich in den letzten Jahren gewandelt. Auch durch Fintech und mit Fintech.
Heute gibt es eine Generation von Kunden, die in einem digitalen Zeitalter aufgewachsen sind und noch nie eine Bank betreten haben. Für diese Kunden braucht es auch Lösungen, die es ermöglichen, effizient mit einer Bank zusammenzuarbeiten. E-Banking ist ein Bereich der Fintech. Es gibt aber viele andere Bereiche.
Fintech ermöglicht Banken, neue Lösungen zu schaffen, welche die Effizienz und die Sicherheit eines Geschäftes verbessern – auch zusammen mit Partnern, die aus dem Technologiebereich kommen.
Die Banken investieren selber stark in diesem Bereich. Manche Banken haben Start-ups im IT-Bereich eingekauft, weil sie davon überzeugt sind, dass sie hier massiv investieren müssen.
Eine andere Facette der Fintech ist die, dass Banken zum Teil einem Risiko gegenüberstehen, ihre Rolle als Finanzintermediär zu verlieren. Andere „Player“ versuchen den Banken Teilbereiche wegzunehmen – sei es im Payment-Bereich oder anderswo.
Die Wertschöpfungskette wird sich dadurch verändern und die Aufsicht muss sich dem anpassen.

Die Banken in Luxemburg wurden zuletzt kritisiert wegen der langen Laufzeit von Immobilienkrediten – 30 Jahre und mehr. Wie reagieren Sie auf solche Kritik?

Die Laufzeit eines Immobilienkredits kann man nicht pauschal beurteilen. Sie hängt zum Beispiel vom Alter und dem verfügbaren Einkommen des Kreditnehmers ab.
In Luxemburg gibt es sehr strikte Auflagen was die Risikokontrolle angeht. Auch im Kreditbereich. Jeder Kredit muss individuell analysiert werden und sein Risiko beurteilt werden. Diese Regeln wurden von der Finanzaufsicht CSSF aufgestellt und die Banken halten sich daran.
Bei der Beurteilung, ob eine Laufzeit die richtige oder die falsche ist, spielen viele Parameter eine Rolle.

Auf politischer Ebene wird viel über die Europäische Bankenunion gesprochen. Wie steht die Industrie dazu?

Die ABBL hat die Bankenunion immer positiv begleitet. Sei hat einen positiven Impakt auf die Sicherheit unseres Bankensystems in Europa. Nach 2007/08 war dies eine absolute Notwendigkeit.
Es war unbedingt notwendig diesen Schritt zu gehen, um das Vertrauen der Investoren und Kunden in das europäische Bankensystem zurückzugewinnen.
Natürlich ist die Bankenunion mit massiven Kosten für unseren Sektor verbunden, aber wir hatten keine andere Wahl. Darum haben wir von der ABBL die Bankenunion immer positiv beurteilt und begleitet.