Freitag7. November 2025

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Deutscher Alleingang bei Leerverkäufen stößt auf Kritik

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Der deutsche Alleingang bei dem Verbot von Leerverkäufen hat weltweite Kritik und einen Aufruhr an den Finanzmärkten ausgelöst. EU-Finanzregulierungskommissar Michel Barnier mahnte angesichts des deutschen Vorpreschens am Mittwoch in Brüssel, "regulatorische Willkür und eine Aufsplitterung innerhalb der EU und global" müsse verhindert werden.

Der Kurs des Euro sank nach der Bekanntgabe des Verbots zweitweise auf ein neues Vier-Jahres-Tief gegenüber dem Dollar. Auch die Börsen in Deutschland, Frankreich, Großbritannien und den USA gingen am Mittwoch zunächst auf Talfahrt.

Die Bundesregierung verteidigte dennoch ihr Handeln. Der Zeitpunkt sei richtig, weil die bisherigen Maßnahmen die Finanzmärkte nicht ausreichend stabilisiert hätten, betonte der Sprecher von Finanzminister Wolfgang Schäuble, Michael Offer, am Mittwoch in Berlin.

Nationales Handeln beim Verbot spekulativer Finanzgeschäfte sei ohne Frage erlaubt. Diese Möglichkeit habe etwa auch Frankreich schon genutzt, sagte er. Offer kündigte zugleich an, dass die Bundesregierung weitere Verbote per Gesetz vorbereitet.

Barnier will europäisches Regelwerk

Zur Eindämmung der Spekulationen an den Finanzmärkten hatte die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) seit 00.00 Uhr am Mittwoch in Deutschland ungedeckte Leerverkäufe von Anleihen der Staaten in der Euro-Zone verboten.

Untersagt sind außerdem ungedeckte Leerverkäufe von Aktien mehrerer Finanzunternehmen, darunter die von Allianz, Commerzbank, Deutscher Bank und Postbank – sowie der Abschluss ungedeckter Kreditausfallversicherungen, sogenannter Credit Default Swaps (CDS), soweit diese sich auf Risiken von Staaten der Euro-Zone beziehen.

Die Verbote gelten zunächst bis Ende März nächsten Jahres. EU-Kommissar Barnier betonte, er verstehe die Sorge über mögliche Auswirkungen der riskanten Transaktionen auf die unruhigen Märkte.

Doch sei es „wichtig, dass die EU-Mitgliedsstaaten gemeinsam handeln“. Die Angelegenheit müsse deswegen auf dem Eurogruppen-Finanzministertreffen am Freitag in Brüssel besprochen werden.

Verbot schickte eine Schockwelle durch die Finanzmärkte

Das unerwartete Verbot ungedeckter Leerverkäufe schickte in der Nacht zu Mittwoch eine Schockwelle durch die internationalen Finanzmärkte. Der Kurs des Euro sank am Dienstagabend auf 1,2160 Dollar, den niedrigsten Stand seit April 2006.

Doch erholte sich die Währung am Mittwochmorgen wieder etwas. Der Deutsche Aktienindex DAX fiel bis zum Nachmittag um mehr als 2 Prozent auf rund 6.026 Punkte. Die Unruhe erfasste auch die Anleger in New York: Der Dow Jones startete mit einem Minus von 1 Prozent auf 10.388 Zähler in den Handelstag.

In Großbritannien sank der Leitindex FTSE 100 bis zum frühen Nachmittag um 2,2 Prozent, der französische CAC-40 verlor 2,9 Prozent. Vor allem dass die BaFin das Verbot erst vier Stunden vor Inkrafttreten auf seiner Internetseite veröffentlicht habe, sei „der Hammer“, sagte eine mit den Vorgängen vertraute Person.

Betroffen seien praktisch sämtliche großen Banken. „Die machen das doch alle“, hieß es. Auch in den USA sorgte das deutsche Vorgehen für Kopfschütteln. Der Alleingang wirke wie ein hilfloses Um-Sich-Schlagen, meinte der Währungsexperte der New Yorker Investment-Firma Brown Brothers, Marc Chandler.

„Es erscheint unausgegoren und nicht wirklich durchdacht und bestärkt Marktzweifel an der Glaubwürdigkeit der europäischen Politik.“

(apn)