Mittwoch5. November 2025

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Bürgermeister und Unternehmer

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Der Bürgermeister von Amnéville ist von seiner Frau in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag leblos aufgefunden worden. Die Rettungskräfte gehen von einem Herzinfarkt aus. Kiffer starb im Alter von 75 Jahren.

Das letzte Mal hatten wir uns im April gesehen. Jean Kiffer lief über den Golfplatz und freute sich über den Familientag, den der Direktor und seine Mannschaft zum Beginn der Saison organisiert hatten. Nebenbei diskutierte er mit der Direktion über notwendige Investitionen, die den Golfplatz angenehmer machen sollten.
Jean Kiffer merkte man damals schon an, dass er sein Alter mit sich herumschleppte. Aber seiner Dynamik tat das wenig Abbruch, und dass er der Chef im Ring war, war bei seinem Besuch auf dem Golfplatz – wenig angemessen im Trainingsanzug – immer noch zu merken. In der „freien Republik Amnéville“ galt das, was Jean Kiffer sagte. Er war der Chef, und das seit 1965.

Logo" class="infobox_img" />Mit dem Ex-Innenminister Charles Pasqua. (Foto: Republicain Lorrain)

Der 10.000-Einwohner-Stadt in der Stahlregion Lothringens ist das nicht schlecht bekommen. Hier sind seit den 70er Jahren über 4.000 Arbeitsplätze entstanden. Die Stadt ist wohlhabend. Was das bedeutet, sieht man, wenn man in die umliegenden Stahlstädte schaut. Rund um Amnéville herrscht Agonie. Leben herrscht in der Kiffer-Stadt, die ihren Bürgermeister verloren hat.
Jean Kiffer war ein Querkopf. Jean Kiffer war jemand, der mit dem Kopf durch die Wand ging, wenn es nötig war. Jean Kiffer war ein Macher und jemand, der Ideen hatte. Jean Kiffer war aber auch jemand, der daran litt, dass er sich dauernd mit der Bürokratie herumschlagen musste und sich häufig gebremst sah. Er könne nicht immer Fakten schaffen und dann erwarten, dass Verordnungen und Gesetze so ausgelegt würden, dass die von ihm geschaffenen Fakten genehmigt würden.

Er müsse sich an die Gesetze halten, hatte ihm ein Präfekt in Metz in den frühen 90er Jahren gesagt. Kiffer hatte auf den Gesetzes-Hinweis kühl geantwortet „Je m’assois dessus“, was an dieser Stelle eher nicht übersetzt werden soll.
„Stahlheim hatte Amnéville seit 1871 eigentlich geheißen. Und die Stadt neben der Kruppschen Hütte von Rombach nebenan war eine Stahlstadt. Nur als Kiffer dort 1965 zum Bürgermeister gewählt worden war, zeigte sich die Situation gänzlich anders. Die Stadt war mitten im Niedergang begriffen. Die Stahlzeit ging zu Ende und es gab nichts anderes.

Eine Stadtim Umbruch

Aber es gab auch nichts für die Jugendlichen, die nicht wussten, wo sie sich treffen sollten. Kiffer begann, die Stadt aufzumöbeln. Sportplätze wurden geschaffen. Die Straßen wurden hergerichtet. Er investierte in die Schulen. „Nach meiner ersten Amtszeit war ich damit fertig“, erzählte er in einem unserer früheren Gespräche. Und dann?
Jean Kiffer ist einer aus jener deutsch-französischen Generation, die auf beiden Seiten der deutsch-französischen Grenze groß geworden sind. Er hatte in Saarbrücken Medizin studiert und sich dann in Amnéville als Arzt niedergelassen. Kiffer gehörte zu denen im Grenzdépartement Moselle, die als „boule dynamique“ viele Leute infizierten. Kiffer wollte sich nicht langweilen. Und wenn er der Meinung war, dass etwas getan werden musste, dann tat er es. Kiffer gehörte auch zu denen, die der Meinung waren, dass Versprechen von Politikern einzuhalten seien.

Die große Phase dieses unbequemen Mannes, der ein langes Gedächtnis hatte, begann in seiner zweiten Amtszeit. Er entdeckte eine Schlackehalde, stellte fest, dass sie zu seiner Gemeinde gehörte, und begann sie zu untersuchen. Unter dem Spott ganz Lothringens ließ er Bohrungen durchführen und entdeckte eine Quelle. Als sich herausstellte, dass es sich um eine Heilquelle handelte, baut er ein Thermalbad auf, wieder unter dem Spott seiner Kollegen Kommunalpolitiker und der lothringischen Presse. Kiffer wurde angezeigt von der Wahlbehörde, weil er Bäume hatte fällen lassen, ohne sie zu fragen. Für ihn war das Zeitverlust.
Ein Zoo entstand auf der Halde, der heute zu den wichtigen in Europa gehört. Der Golfplatz, auf dem wir uns im April sahen, brachte ihm jahrelangen Ärger mit Rombas ein, weil er teilweise auf dem Gelände von Rombas gebaut worden war. Das Casino in Amnéville gehört heutzutage zu den zehn größten in Frankreich. Die Rockhalle Galaxie war vom Erfolg verfolgt, bis die Rockhal in Esch öffnete. Und betrachten wir die Skihalle, die so stark umstritten war und ein Erfolg wurde.

Der Bürgermeister Jean Kiffer war ein Unternehmer für seine Stadt und schuf über 4.000 Arbeitsplätze mit seinen Investitionen in die FreizeitIndustrie. Seine Stadt profitierte davon. Schuldirektoren danken ihm in Nachrufen für Büchergeschenke. Grundschüler müssen in Amnéville nichts für ihre Bücher bezahlen. Und der Fußballclub des Städtchens spielt mittlerweile in der dritten französischen Liga. Ein Mann wie Kiffer hatte natürlich seine Schattenseiten. Aber: Kiffer war ein Mann, der für seine Mitbürger arbeitete. Letztlich ist es das, was zählt, wenn man sein Lebenswerk würdigt.