Alexander Zverev stieß einen Urschrei in den Nachthimmel von Melbourne aus und ließ sich vom Publikum frenetisch feiern: Mit einer Gala-Vorstellung hat der Olympiasieger den Weltranglistenzweiten Carlos Alcaraz entzaubert und bei einer sensationellen Tennis-Show bei den Australian Open den Anspruch auf seinen ersten Grand-Slam-Titel eindrucksvoll untermauert.
Der Deutsche dominierte den Wimbledonsieger über weite Strecken und stürmte durch ein 6:1, 6:3, 6:7 (2:7), 6:4 ins Halbfinale. „Wenn du so nah am Sieg bist, fängst du an nachzudenken. Ich bin froh, es am Ende geschafft zu haben“, sagte Zverev, der mit Schmerzen an den Füßen kämpfte: „Ich habe viel Blut unter meinen Zehennägeln. Aber ich fühle mich lieber so, wie ich mich jetzt fühle, als schon zu Hause zu sein.“
Nach seiner mit Abstand besten Turnierleistung trifft der Hamburger im Halbfinale am Freitag auf den Russen Daniil Medwedew – und muss sich nach seinem Statement-Sieg auch gegen den Weltranglistendritten nicht verstecken. „Er hat mir oft den Arsch versohlt. Aber vielleicht ist das der Ort“, sagte Zverev.
Nach zuvor schwankenden Leistungen im Turnierverlauf zeigte sich Zverev gegen den Wimbledonsieger über weite Stecken wie ausgewechselt, agierte konzentriert, lauf- und nervenstark. Für den 26-Jährigen war es im elften Versuch der erste Sieg gegen einen Top-fünf-Spieler bei einem Grand Slam, gegen Alcaraz baute er seine positive Bilanz auf fünf Siege in acht Spielen aus.
Zverev kam gut in die Partie, Alcaraz wirkte nervös und machte ungewohnt viele Fehler. Im Aufschlagspiel zeigte sich Zverev gewohnt dominant, nach nur 29 Minuten holte er sich per Ass den ersten Satz. Auch in der Folge blieb Zverev der bessere Spieler, Boris Becker sah als TV-Experte bei Eurosport eine „Weltklasse-Leistung“ und „den besten Zverev“, den er je gesehen habe.
Bei 5:3 im dritten Satz schlug Zverev zum Sieg auf – Alcaraz wachte noch mal auf, doch Zverev blieb nervenstark und nutzte um 1.19 Uhr Ortszeit seinen ersten Matchball zum Sieg.
Qualifikantin Jastremska im Halbfinale
Die Ukrainerin Dajana Jastremska hat als erste Qualifikantin seit 46 Jahren das Halbfinale der Australian Open erreicht. Die 23-Jährige aus Odessa bezwang am Mittwoch in Melbourne die ungesetzte Tschechin Linda Noskova mit 6:3, 6:4 und zog erstmals in die Vorschlussrunde bei einem Grand Slam ein.
Nach nur 1:19 Stunden Spielzeit nutzte die 93. der Weltrangliste in der Rod Laver Arena ihren ersten Matchball zum Sieg. „Es ist toll, Geschichte zu schreiben. Ich bin einfach nur glücklich und müde“, sagte Jastremska nach ihrem Erfolg gegen Noskova, die in der dritten Runde die Weltranglistenerste Iga Swiatek ausgeschaltet hatte: „Ich habe einfach mein Bestes gegeben. Alles im Leben erreicht man nur durch kämpfen.“
Dabei betonte Jastremska erneut, dass sie auch für ihre vom Krieg gebeutelten Landsleute in der Heimat spielt. „Ich bin sehr stolz auf die ukrainischen Kämpfer. Ich denke, das ist meine Mission hier. Ich will einfach ein Signal an die Menschen in der Ukraine senden, dass ich wirklich stolz auf unser Land bin“, sagte Jastremska.
Im Halbfinale trifft sie auf die an Position zwölf gesetzte Zheng Qinwen aus China. Die 21-Jährige besiegte am Abend die Russin Anna Kalinskaja 6:7 (4:7), 6:3, 6:1 und zog ebenfalls zum ersten Mal in das Halbfinale eines Major-Turniers ein. „Das war ein sehr hartes Match, ich bin so glücklich“, sagte die Chinesin.
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