Sonntag26. Oktober 2025

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Handball„Wir wurden betrogen“: HBD scheidet nach verwehrten Time-outs in Italien aus

Handball / „Wir wurden betrogen“: HBD scheidet nach verwehrten Time-outs in Italien aus
Martin Hummel versuchte in den Schlusssekunden zweimal ein Time-out zu nehmen, wurde vom EHF-Delegierten aber ignoriert Foto: Editpress/Luis Mangorrinha

Der HB Düdelingen ist auf bitterste Weise aus dem EHF European Cup ausgeschieden. Nach dem 36:36 im Hinspiel gegen Raimond Sassari am Freitag lag der HBD einen Tag danach im Rückspiel 40 Sekunden vor Schluss mit 38:37 in Führung, doch dann wurde Trainer Martin Hummel gleich zweimal ein Time-out verwehrt. In einer chaotischen Schlussphase drehten die Italiener schließlich die Partie.

Es laufen auf Sardinien gerade die letzten 40 Sekunden. Sassari ist im Ballbesitz, der HBD führt zu diesem Zeitpunkt mit 38:37. Dann wird es hektisch. Die Italiener versuchen die Düdelinger Abwehr zu überwinden, verlieren dabei aber den Ball. Der HBD schaltet sofort um und spielt nach vorne. Wie in einer solchen Situation üblich, will HBD-Trainer Martin Hummel ein Time-out nehmen, um seine Mannschaft in Ruhe auf die letzten Sekunden einzuschwören und den Sieg über die Zeit zu retten. Doch der EHF-Delegierte sitzt nicht auf seinem Platz. Er steht neben dem offiziellen Tisch, beobachtet das Spielfeld und bekommt davon nichts mit. Hummel schreit „Time-out, Time-out“ – es passiert aber nichts. In dem Chaos verliert sein Team auf dem Spielfeld wieder den Ball, Sassari stürmt zum Konter und trifft zum 38:38-Ausgleich. Hummel versucht erneut eine Auszeit zu nehmen, doch der Vertreter des europäischen Handballverbandes ist weiter nicht an seinem Platz. Auf dem offiziellen Tisch wird zwar in der Hektik von einer Anschreiberin die Sirene ausgelöst – doch die Schiedsrichter und der Delegierte reagieren darauf nicht. Bei den Düdelingern herrscht auf dem Platz Verwirrung, sie machen erneut einen Fehlpass – und die Italiener stürmen zum Konter und erzielen in der Schlusssekunde den 39:38-Siegtreffer. Während Raimond Sassari feiert, sind Hummel und seine Mannschaft fassungslos. „Wir wurden betrogen“, sagt ein Mitglied der offiziellen HBD-Delegation am Sonntagmorgen im Gespräch mit dem Tageblatt: „Der EHF-Delegierte hat das Spielfeld beobachtet und eine Rolle als dritter Schiedsrichter eingenommen. Er hat dabei den Tisch aus den Augen verloren und vergessen, was seine eigentliche Rolle ist.“

Aufkommende Hektik

Ähnlich sieht es auch Teamkapitän Franky Hippert. „Ich habe auf dem Platz selbst nicht alles mitbekommen, es ist aber natürlich ungünstig, wenn die Person, die am Tisch verantwortlich ist, sich das Spiel anschaut, anstatt sich um seine Aufgaben zu kümmern.“ Hippert will dies aber nicht alleine als Ausrede für die Niederlage gelten lassen. „Natürlich ist es unglücklich, dass wir dieses Time-out nicht bekommen haben. Wir haben alle darauf gewartet – und wenn man das tut, dann schaltet auch der Kopf und der Körper ein bisschen ab. Anstatt das am Ende ruhig herunterzuspielen, wurden wir dann hektisch, um noch ein Tor zu schießen.“ Daraufhin kamen die beiden Ballverluste zustande, der letzte nach einem Fehlpass von Hippert. „Ich rege mich selbst am meisten darüber auf“, sagt er. „Ich habe mit meinen 29 Jahren eigentlich eine gewisse Erfahrung und bringe es dann nicht fertig, den Ball zu halten, und mache diesen Fehlpass, der uns dann das Siebenmeterschießen kostet. Das ist sehr ärgerlich.“

Davor hatten die Düdelinger aber ein richtig starkes Spiel abgeliefert. Nach dem 36:36 im Hinspiel am Freitag war auch das zweite Aufeinandertreffen an Intensität und Spannung nicht zu überbieten. Nach einer ausgeglichenen ersten Halbzeit stand es 17:17. Zum Start der zweiten Hälfte waren die Italiener dann zunächst besser im Match und spielten sich eine 26:21-Führung heraus. Doch der HBD zeigte eine starke Reaktion und holte angeführt von Ojié Etute, der insgesamt 14 Treffer erzielte, Tor für Tor auf und führte kurz vor Schluss schließlich wieder mit 38:37, ehe das Chaos seinen Lauf nahm.

Kein Protest

Der HBD hatte nach dem Spiel 24 Stunden Zeit, Protest einzulegen, das Komitee entschied sich nach Rücksprache mit der Mannschaft aber dagegen. Denn es handelte sich dabei auch um eine Frage der Finanzen, der Organisation und der physischen Belastung. Alleine um den Protest einzulegen, hätte der Klub eine Kaution von 1.070 Euro zahlen müssen. Im Falle einer Niederlage in erster Instanz und einem Gang vors Berufungsgericht der EHF wäre noch einmal der gleiche Betrag hinzugekommen.

Wäre der Protest erfolgreich verlaufen und das Spiel hätte wiederholt werden müssen, wären dann für die erneute Reise nach Italien noch einmal Kosten von rund 20.000 Euro dazugekommen. „Zudem haben wir jetzt schon vier Spiele in den kommenden zehn Tagen“, so Hippert. „Das Spiel zu wiederholen, würde keinen Sinn machen. Körperlich und finanziell. Es ist wichtiger, sich jetzt auf die Meisterschaft zu konzentrieren und die mentale Stärke und die Disziplin, die wir an diesem Wochenende gezeigt haben, mitzunehmen.“ Die Reise nach Italien endet für die Düdelinger demnach mit der Enttäuschung über das bittere Aus, aber auch mit Stolz. „Wir haben gegen diese Profis gezeigt, was wir können. Das gibt uns ein gutes Gefühl für die weitere Saison.“

Statistik

Sassari: Pavani (12 Paraden), Fadda, Spanu – Aldini 2, Nardin 12/3, Mura, Malandrin, Bronzo 10, Delogu 2, Coppola 2, Hamidovic 6, Bomboi, Delrio, Brzic 3, Miri, Codina 2
HBD: Herrmann (4 P.), Hensen (2P., davon 1 7m), Spirinelli – Jung, Hippert, Köller 3, Ilic 5/3, Kouni  2, Zekan 1, Epps, I. Etute 7, O. Etute 14, Neuberg 2, Mahnen, Steffen 4, Rebimbas
Schiedsrichter: Dasic/Husmanovic (NOR)
Zeitstrafen: Sassari 3 – HBD 7
Siebenmeter: Sassari 3/4 – HBD 3/3
Zwischenstände: 5. 1:3, 10. 6:6, 15. 9:9, 20. 11:13, 25. 14:14, 30. 17:17, 35. 22:21, 40. 26:21, 45. 28:25, 50. 32:29, 55. 34:34
Zuschauer: 300 (offizielle Angaben)