Donnerstag6. November 2025

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Formel 1„Wie Senna“: Audi-Mann Bortoleto und das schwere Erbe in Brasilien

Formel 1 / „Wie Senna“: Audi-Mann Bortoleto und das schwere Erbe in Brasilien
Gabriel Bortoleto fährt seit dieser Saison in der Formel 1 Foto: AFP/Rudy Carezzevoli

Brasilien wartet seit mehr als 30 Jahren auf einen neuen Volkshelden in der Formel 1, auf einen echten Erben Ayrton Sennas. Nun gibt Gabriel Bortoleto sein Heimdebüt.

Gabriel Bortoleto trägt einen Helm in den Farben des großen Volkshelden. Nimmt er ihn vom Kopf, dann kommen diese dunklen, wilden Locken zum Vorschein. Große Hoffnungen weckt der junge Formel-1-Pilot aber nicht nur wegen der sichtbaren Parallelen. „Er hat ein Selbstbewusstsein, wie ich es beim jungen Ayrton Senna gesehen habe, er weiß, was er tut“, sagt Reginaldo Leme. „Die brasilianischen Fans können viel von ihm erwarten. Sehr, sehr viel.“

Leme ist einer, der es tatsächlich wissen könnte. Seit mehr als 50 Jahren begleitet der 80-Jährige die Formel 1 als Reporter und Kommentator, für Brasilien ist er die Stimme der Königsklasse, er hat Ayrton Senna leben, siegen und sterben gesehen. Und er hat all die vermeintlichen Nachfolger erlebt, für die die Spuren der Legende zu groß waren. Nun also Bortoleto, und dieser Tage steht das Top-Talent besonders im Fokus. Am Sonntag (18.00 Uhr MEZ/RTL Zwee) gibt er beim Grand Prix in São Paulo sein Heimdebüt, erstmals seit acht Jahren steht wieder ein Brasilianer in der Startaufstellung von Interlagos.

Der 21-Jährige fährt für das kleine Sauber-Team, das sich 2026 in den Audi-Rennstall verwandeln wird. In wenigen Monaten ist Bortoleto also Werkspilot, und der ambitionierte deutsche Hersteller scheint da einen besonders guten Griff gemacht zu haben. Das raunen sie bei Audi seit Monaten, und auch Teamkollege Nico Hülkenberg sieht etwas Besonderes in seinem jungen Teamkollegen. „Er ist ein Rookie, aber er ist sehr beeindruckend“, sagt der 38-Jährige. „Die Geschwindigkeit, wie präzise er fährt, seine Herangehensweise, seine Einstellung, wie hart er arbeitet.“

Nun ist es nicht so, dass sich vor Bortoleto nur Hobby-Racer daran versucht hätten, in die Herzen der Brasilianer zu fahren. Rubens Barrichello gehörte dazu, langjähriger Teamkollege von Michael Schumacher bei Ferrari und zweimal Vizeweltmeister. Auch Felipe Massa hatte eine beachtliche Karriere, verpasste 2008 den Titel denkbar knapp – und kämpft in diesen Tagen juristisch um die nachträgliche WM-Ehre für eben jenes Jahr. Der Crashgate-Skandal in Singapur hatte die Meisterschaft aus seiner Sicht entscheidend beeinflusst.

Senna schwebt über allem

Und vielleicht weiß Massa deshalb wirklich am besten, wie schwer es ist, als brasilianischer Formel-1-Pilot wirklich geliebt zu werden. „Alle, die nach Senna kommen, werden unter Druck stehen“, sagt er, „denn wenn man Zweiter wird, ist man ein Niemand.“ Senna, dreimal Weltmeister und im Alter von nur 34 Jahren tödlich verunglückt, schwebt über allem.

Bortoleto allerdings ist einer, dessen Ankunft in der Königsklasse schon eine Weile erwartet wurde. Im internationalen Kartsport machte er sich früh einen Namen, im Formel-Sport drängte er sich dann geradezu auf: Die Formel 3 und die Formel 2 gewann er jeweils gleich im Debütjahr. Das schafften vor ihm Piloten wie Charles Leclerc (28), George Russell (27) und Oscar Piastri (24) – allesamt Fahrer mit Weltmeister-Potenzial.

Bortoleto ist nun das größte Talent der folgenden Generation. Er wird in den kommenden Jahren in dem Audi-Auto sitzen, das vielleicht großes Potenzial hat – und Brasilien wird ganz genau hinschauen. „Er hat eine große Zukunft vor sich“, sagt Reginaldo Leme. „Und wenn Audi sich als Team etabliert, dann wird er vielleicht dort schon seinen Durchbruch schaffen.“