Vor anderthalb Wochen sorgte Ralph Daleiden ein weiteres Mal in seiner noch immer jungen Karriere für Schlagzeilen, als er seinen eigenen Landesrekord über 200 Meter Freistil deutlich unterbot: von 1:49,42 auf 1:48,67. Damit war der 22-Jährige nicht nur deutlich schneller als bisher, sondern blieb erstmals auch unter der 1:49-Minuten-Marke. Ein kleiner Meilenstein?: „Ja und nein“, gibt der junge Schwimmer mit einem Lachen zu. „Da ich mich in den letzten beiden Jahren etwas mehr auf die 100 Meter konzentriert habe, hing ich schon länger bei Zeiten von 1:49 und 1:50 fest. In dieser Saison lag der Fokus bisher mehr auf den 200 Metern. Somit war es schon ein Ausrufezeichen, da ich doch fast eine Sekunde schneller war“, erklärt der Kraul-Spezialist, der sich jedoch sicher ist, dass er in dieser Saison durchaus noch schneller schwimmen kann. „Ich war noch nicht richtig auf das Rennen vorbereitet, noch nicht richtig ‚getapert‘, was heißt, dass ich keine größere Erholungsphase hatte. Vom Trainingsniveau und dem Level, das ich von mir selbst erwarte, kann ich mir vorstellen, dass am Ende der Saison noch mehr drin sein kann.“
1:48,67
Der neue Landesrekord von Ralph Daleiden über 200 Meter Freistil
Dass er sich derzeit mehr auf die 200 Meter konzentriert, hat auch einen guten Grund: „Es sind schon ein paar Jahre, dass ich den Schwerpunkt wirklich auf die 100 Meter gelegt habe. Irgendwann hat man nicht mehr so viel Lust, immer wieder das Gleiche zu machen. Meine 100 sind gut, die 200 aber noch nicht auf diesem Niveau. Das versuche ich ein wenig auszugleichen“, meint Daleiden, dem die längere Distanz aktuell auch richtig Spaß macht und der darin ebenfalls Vorteile sieht. „Das Training, das ich derzeit für die 200 mache, hilft mir auch auf der halben Distanz.“
U23-EM ab Donnerstag
Mit einem guten Gefühl kann der Student somit ab Donnerstag in die U23-EM im slowakischen Samorin gehen. „Ziel war es, hier noch einmal eine 48er Zeit über 100 Meter Freistil zu schwimmen und erstmals eine 1:48er über die 200-Meter-Strecke. Dem bin ich ja jetzt schon in der letzten Woche zuvorgekommen“, beschreibt der 22-Jährige mit einem Schmunzeln. Vor zwei Jahren hatte Daleiden bei dieser kontinentalen Meisterschaft übrigens Silber über 100 Meter Kraul geholt. „Die EM dient mir aber vor allem auch als Vorbereitung auf die WM in Singapur.“ Das Saisonhighlight findet in rund einem Monat in Singapur statt.
Natürlich möchte ich immer noch gut performen, aber ich werde jetzt auch nicht komplett enttäuscht sein, wenn es mal nicht so gut läuft. Das ist einfach menschlich.
Nach dem großen Höhepunkt wird es für den Luxemburger dann zurück in die USA gehen, wo sein letztes Jahr an der University of Arizona ansteht. Dass er vor drei Jahren den Sprung über den Atlantik ins College-System gewagt hat, für Daleiden noch immer der richtige Schritt. „Ohne Amerika wäre das alles schon ein bisschen schwieriger geworden – nicht, weil es keine guten Trainer hier gibt. Bei meinem Klub hatte ich Mael (Rugani) und beim Verband Christophe (Audot). Aber es fehlt einfach ein bisschen die Trainingsgruppe.“ Etwas, das in den USA ganz anders aussieht. „In Amerika trainiere ich mit einer großen Gruppe an Schwimmern. Die letzten Jahre in Luxemburg – mit der Deuxième und Première –, waren in Kombination mit dem Schwimmen zudem ziemlich kompliziert. Ich war wirklich froh, in Amerika ein neues Leben anfangen zu können. Dort kann man Schule und Schwimmen viel besser verbinden, was hier im Land eigentlich kaum möglich ist.“ Die ersten großen Fortschritte hatte man beim inzwischen 22-Jährigen dann auch direkt nach der ersten Saison gesehen. „Sobald man in einer Division-One-Uni ankommt, hat man im Normalfall schon Talent und Leute um sich herum, mit denen man sich messen kann. Schwimmer, die gleich stark oder stärker sind.“
Neue Erfahrungen
Viel dazugelernt, das hat Ralph Daleiden in den letzten Jahren allemal und das nicht nur am College. Im letzten Sommer durfte er bekanntlich auch bei den Olympischen Spielen in Paris starten, eine Erfahrung, die bis heute bei ihm Eindruck hinterlässt. „In Paris ging es vor allem darum, noch einmal neue Erfahrungen zu sammeln. Vom Schwimmen her war Olympia ähnlich wie eine Weltmeisterschaft. Die meisten Schwimmer, die man bei einer WM sieht, sah man auch dort. Aber ich denke, die Arena, das ganze Publikum, das war einfach etwas ganz anderes und das muss man einfach einmal erlebt haben, damit man in Zukunft vielleicht etwas ruhiger bleiben kann. Das hat mir wirklich sehr geholfen.“ Die Motivation, auch 2028 in L.A. dabei sein zu dürfen und dort noch besser abzuschneiden, wurde beim FLNS-Schwimmer im letzten Jahr dann auf jeden Fall geweckt.
Doch auch den eigenen Frust hat er inzwischen besser im Griff. Denn auch wenn die abgelaufene Saison in den USA eigentlich ganz gut verlief, kam Daleiden kaum auf neue Bestzeiten. „Ich war schon ein wenig enttäuscht, weil ich wirklich gut gearbeitet hatte, und es hat am Ende einfach bei den Meisterschaften nicht gepasst.“ Doch die Anstrengungen tragen jetzt ihre Früchte, wie er weiter erklärt. „Jetzt im langen Becken sehe ich, dass die Arbeit über das ganze Jahr doch etwas gebracht hat, auch wenn die Saison nicht so gelaufen ist, wie ich gehofft hatte. Aber ich merke, dass ich in Form bin und in einigen Bereichen ein gutes Stück besser als letzte Saison.“
Vom Trainingsniveau und dem Level, das ich von mir selbst erwarte, kann ich mir vorstellen, dass am Ende der Saison noch mehr drin sein kann
Sich weniger Druck machen, das ist etwas, das der Student auf jeden Fall gelernt hat. „Ich hatte mir vorgenommen, mir nach den Spielen in diesem ersten Jahr nicht so viel Stress zu machen. Letztes Jahr war geprägt von vielem Hin und Her – man musste mal hier, mal dort Zeiten schwimmen. Natürlich möchte ich immer noch gut performen, aber ich werde jetzt auch nicht komplett enttäuscht sein, wenn es mal nicht so gut läuft. Das ist einfach menschlich.“ Eine Sache, die er auch bei großen Namen des Schwimmsports gesehen hat. „Das ist auch eine der Sachen, die ich bei Olympia gelernt habe. Ich habe gesehen, dass Leute, die eine ganze Saison super geschwommen sind, bei den Olympischen Spielen nicht so gut performt haben.“
Mit der nötigen Ruhe und einem neuen Rekord im Rücken können die Saisonhöhepunkte für Ralph Daleiden somit nun kommen.
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