Donnerstag23. Oktober 2025

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RadsportVingegaard hat noch nicht aufgegeben: Was vom Visma-Plan noch übrig bleibt

Radsport / Vingegaard hat noch nicht aufgegeben: Was vom Visma-Plan noch übrig bleibt
Jonas Vingegaard hat beim Zeitfahren am Freitag erneut viel Zeit auf Tadej Pogacar verloren Foto: AFP/Loic Venance

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Zum zweiten Mal in Folge von Tadej Pogacar bei der Tour de France überrollt, versichert das Team Visma-Lease a Bike um Jonas Vingegaard, weiterkämpfen zu wollen – auch wenn sich eine gewisse Resignation kaum noch verbergen lässt angesichts des wiederholten Scheiterns eines vielbeschworenen „Plans“.

„Die Tour ist noch lange nicht vorbei, wir müssen einfach weiter daran glauben. Das ganze Team ist unglaublich stark“, sagte der Däne am Freitag in Peyragudes – fast so, als wolle er sich selbst von der Wirksamkeit der teaminternen Taktik überzeugen, die auf Zermürbung setzt, aber durch den herben Rückschlag am Vortag in Hautacam einen schweren Dämpfer erhielt.

Vingegaard hat also nicht aufgegeben – und das wollte er auf den Serpentinen oberhalb von Loudenvielle hinauf zum steilen Schlussanstieg am Altiport von Peyragudes unter Beweis stellen. Mit einer starken Zeitfahrleistung zeigte er sich in guter Form. Doch das Ergebnis war ernüchternd: Wieder verlor er 36 Sekunden auf Pogacar – und erneut wurde ihm, wie schon am Donnerstag, deutlich vor Augen geführt, wie groß der Abstand zum Weltmeister inzwischen ist.

„Schlachthof“

Dieser Rückstand – mittlerweile über vier Minuten – fegt mit aller Wucht den „Plan“ hinweg, den die sportliche Leitung des niederländischen Teams immer wieder betont hatte, der bislang aber weit hinter den Erwartungen zurückbleibt.

„Wir haben jeden Tag Besprechungen und einen Plan. Wir kämpfen dafür, das höchstmögliche Niveau zu erreichen. Wir lassen uns nicht einfach wie Lämmer zur Schlachtbank führen und Pogacar hinterherfahren“, versicherte der belgische Zeitfahrspezialist Victor Campenaerts im Interview mit dem Fachportal Sporza, nachdem er das Zeitfahren am Freitag beendet hatte.

Den „Schlachthof“ dürfte Visma-Lease a Bike besonders bei der ersten Bergetappe am Donnerstag gespürt haben. Die „Wespen“ (Spitzname des Teams) hatten versucht, das Tempo im Feld der Favoriten hochzuhalten – eine offensive Herangehensweise.

Doch der Plan ging schnell nach hinten los: Bereits am Col du Soulor konnte Matteo Jorgenson, als wichtigster Helfer Vingegaards eingeplant, das Tempo nach einer zu harten Führungsarbeit von Sepp Kuss nicht mehr halten.

„Ich habe keine Ausreden. Es war einfach ein sehr schlechter Tag für mich. Ich habe es gleich am Anfang gespürt – ich musste in der ersten Steigung schon alles geben, um vorne zu bleiben, was sich letztlich als Fehler herausgestellt hat“, räumte der US-Amerikaner später ein. Er ließ seinen Kapitän damit völlig ungeschützt – nur wenige Kilometer vor Pogacars wuchtigem Angriff.

Am Freitag zeigte sich Jorgenson mit Platz sechs im Zeitfahren zwar verbessert: „Ich wollte zurück in den Kampf, gestern war ein Totalausfall. Heute lief es besser, ich wollte mir beweisen, dass ich noch gute Beine habe.“

Doch mit nun schon 14 Minuten und 15 Sekunden Rückstand in der Gesamtwertung (Platz 10) steht Jorgenson sinnbildlich für eine Taktik, die bislang ins Leere lief – auch wenn man dem Team anrechnen muss, dass es seit dem Start in Lille stets versucht hat, aktiv Rennen zu machen, auch auf die Gefahr hin, damit Schiffbruch zu erleiden.

„Viele Fahrer sind eingebrochen, weil sie versucht haben, dem Tempo von Visma zu folgen – aber am Ende sind sogar die Visma-Fahrer selbst eingebrochen“, analysierte Ilan Van Wilder, Kletterer bei Soudal Quick-Step und Teamkollege von Remco Evenepoel. „Ich will nicht respektlos sein, aber ich denke, Visma hat Blut gerochen nach Pogacars Sturz in Toulouse und alles auf eine Karte gesetzt – das hat sich dann gegen sie selbst gerichtet.“

„Glaube an mich“

Die Strategie, Pogacar durch Attacken zu zermürben, hat sich als wirkungslos erwiesen.

Vingegaard kann sich zumindest mit einem starken Zeitfahren trösten, das ihn als stärksten Fahrer hinter Pogacar bestätigte – direkt gefolgt von seinem früheren Teamkollegen Primoz Roglic, der 44 Sekunden hinter ihm Dritter wurde.

„Es ist nicht so, dass ich den Glauben an mich verloren hätte. Ich glaube immer noch an mein Niveau. Heute war ich wieder auf meinem normalen Level – so müssen wir weitermachen“, sagte Vingegaard. Sein Team steht nun vor der Entscheidung: eine defensive Haltung einnehmen, um Platz zwei zu sichern – oder noch einmal alles riskieren, um Pogacar zu attackieren, auch wenn das alles kosten könnte.

Erste Antworten auf diese Frage dürften am Samstag kommen – auf der Etappe hinauf nach Luchon-Superbagnères, wo die nächste große Bergprüfung wartet.