Warum wird man eigentlich Schiedsrichter? Junge Trainer und Schiedsrichter haben oft die gleiche Erklärung: Das eigene Talent als Fußballer war nicht bombastisch – um dem Sport dennoch treu zu bleiben, fanden sie andere Herausforderungen. Bei Jasmin Sabotic war es anders. Der junge Kicker aus Bettemburg wurde damals schon mit zwölf Jahren ins kalte Wasser geschmissen, leitete neben der aktiven Karriere schon erste Begegnungen bei den Pupilles. „Ich habe viel Unterstützung von den Eltern an der Seitenlinie bekommen“, berichtet er heute. Seit er 14 Jahre alt ist, werden seine Auftritte von offiziellen FLF-Schiedsrichterbeobachtern bewertet. „Für die meisten Mannschaftskollegen kam es damals überraschend, als ich ihnen erzählte, dass ich Schiedsrichter werden wollte. Es ist ein großer Wechsel. Wenn man ihnen dann aber die Gründe erklärt, verstehen sie das. Ich habe die Unterstützung gespürt und bei mir selbst war es die Begeisterung.“
VAR light: Die Hoffnung
Seit mehreren Jahren wird über den Einsatz einer VAR-light-Variante in Luxemburg gesprochen. Zuletzt gab es allerdings keine Nachrichten in dieser Hinsicht. „Ich würde mir wünschen, dass er kommt, aber ich habe keine neuen Informationen“, sagte Jasmin Sabotic. „Es nimmt den Druck und man kann während des Spiels Fehler verbessern. Auch ich habe in meiner Karriere schon spielentscheidende Fehler gemacht. Man muss bei der eigenen Analyse selbstkritisch sein und das anerkennen. Man kann nachvollziehen, dass der Verein frustriert ist, aber man kann es dann nicht mehr ändern.“
Doch aller Anfang ist schwer. „Man hat wenig Erfahrung, macht Fehler. Das ist nicht leicht, aber man lernt dazu. Zudem wird der Charakter gestärkt.“ Wer dran bleibt, wird belohnt. Bei Sabotic waren es wichtige Spiele bei den Cadets und Junioren, die ihn motivierten. „Ein großer Moment war auch meine erste Einladung zu den Lauftests des CAF (die Schiedsrichterkommission der FLF). Ab da wurde das Ganze ernster. Ich wurde regelmäßig überwacht, bekam Feedback und Verbesserungsvorschläge.“ Inzwischen wird er jede Woche in der BGL Ligue von einem Schiedsrichterbeobachter beobachtet. In dem Bewertungsbogen werden Schlüsselsituationen des Spiels und mögliche Fehler analysiert. Zudem gibt es Notizen zur Fitness, Körpersprache und Team-Arbeit mit den Assistenten. „Bei einem schlechten Bericht passiert nicht viel. Schiedsrichter sind auch nur Menschen … Aber wir haben ein internes Ranking, das aufgrund der Durchschnitte jedes Wochenendes aufgestellt wird. Wir kennen diese Zahlen aber nicht. Am Ende der Saison bekommen werden wir in einem Seminar darüber informiert. Es kann sein, dass der Letzte der Tabelle in eine andere Liga versetzt wird.“
Drei VAR-Männer
Bei Sabotic ist der Weg bislang umgekehrt. 2017 begann er seine Karriere in der BGL Ligue. Inzwischen ist er neben Jérémy Muller und Ivo Torres der dritte Luxemburger FIFA-Referee und damit auch berechtigt, internationale Wettbewerbe zu dirigieren. Das Trio sowie mehrere Assistenten haben 2025 ihre VAR-Schulungen absolviert. „Das war immer mein Ziel. Jetzt will ich noch eine Kategorie steigen und Begegnungen mit dem VAR leiten.“ Nachdem er im Juni erstmals ein Länderspiel gepfiffen hat, ist Sabotic diesmal von der UEFA für einen U21-Termin im Oktober berufen worden. „Wohin es geht, weiß ich noch nicht“, sagte er am Freitag. „Ich hoffe, dass ich bald die Chance bekomme, mein erstes Spiel mit dem VAR zu leiten. Es ist wichtig für Luxemburg, dass wir jetzt zu diesem Pool gehören.“
Die Zahlen
Die FLF zählt derzeit 318 Schiedsrichter, 30 Futsal-Referees sowie 39 Beobachter. Die Anforderungen an diese Gruppe sind enorm: Sie leiteten 11.772 Spiele im Fußball und 374 im Futsal-Bereich.
Sobald die FLF Sabotic mitteilt, um welche internationale Begegnung es sich nächste Woche handeln wird, beginnt die Vorbereitung, inklusive Videoanalyse beider Teams. Auch für den Liga-Alltag in Luxemburg ist der Mann mit der Pfeife gerne bis ins Detail eingestellt: „Die Tabelle, die Aufstellungen vom vorherigen Spieltag, Bildmaterial. Man kann ja nicht einfach hingehen und dann ein Spiel leiten“, meint er mit einem Lachen. Doch die Erfahrung macht vieles leichter: „Wir sind ein kleines Land, man kennt sich. Mir ist jeder Spieler aus der BGL Ligue bekannt und ich bin natürlich glücklich, am Wochenende einen Klassiker zu pfeifen.“ Düdelingen gegen Jeunesse steht auf seinem Programm.
Obschon nicht immer jeder Spieler, Trainer und Vereinsdirigent mit seinen Entscheidungen einverstanden ist, fühlt sich Sabotic in der BGL Ligue generell „gut angesehen. Wenn einem ein Fehler unterläuft, kann man darüber reden. Ich werde von den Spielern akzeptiert. Als junger Schiedsrichter geht man teilweise anders mit Situationen um, da man aufgeregter ist und sich durchsetzen will. Heute kann ich besser mit Spielern kommunizieren, auf sie eingehen und ihnen meinen Standpunkt erklären.“ Auf die Frage, was einen guten Referee ausmacht, antwortete der 30-Jährige: „Fachkompetenz, Persönlichkeit, Kommunikationsfähigkeit, Mut zu Entscheidungen, Ruhe bewahren zu können sowie die nötige Fitness dafür. Eigentlich ist man ein Spielmanager.“
Die besten Fans
Um auf dem Niveau zu bleiben, trainieren die besten FLF-Unparteiischen zweimal pro Woche beim Verband. Sabotic hat zudem einen eigenen Fitnesstrainer, den er einmal pro Woche aufsucht. Nach den Duellen steht zudem eine Erholungs-Sitzung an. „Einmal pro Woche sehe ich meinen Physiotherapeuten, um die Muskeln zu lockern und damit die Verletzungsgefahr zu senken. Es ist viel Zeit, die man reinsteckt. Ich nehme das sehr ernst, es gehen viele Stunden drauf. Aber es ist eine Leidenschaft.“ Davon leben kann in Luxemburg kein Schiedsrichter. Es reiche für einen Kurzurlaub und etwas Erholung, meint Sabotic mit einem Lachen. „Das braucht man auch …“
Den Rest der Woche verbringt Sabotic mit Kindern. Der Nachwuchs der „Maison relais“ in Steinbrücken wird jedenfalls nicht müde, den Schiedsrichter mit Fragen zu löchern. „Das Allerschönste ist, wenn sie mich fragen, wo meine Spiele im Ausland sind, was mich erwartet. Sie kommen bei meiner Rückkehr sofort auf mich zu, wollen wissen, wie es war. Sie sind mit meiner Karriere verbunden. Manchmal sehe ich sie auch am Spielfeldrand in der BGL Ligue, wenn sie mit ihren Eltern im Stadion sind. Es ist sehr schön und es berührt mich. Obschon sie in dem Alter noch eher das Profil der Fußballspieler sehen, reden sie auch über Gelbe Karten, behaupten manchmal, ich wäre streng.“ Interessierter Nachwuchs wird bei der FLF (und international) definitiv gebraucht. Viele Kandidaten hören nach kürzester Zeit wieder auf. „Es ist wichtig, am Ball zu bleiben. Wir brauchen mehr Referees – und auch mehr Frauen. Es gibt nicht genug Frauen, die es sich zutrauen, im Mittelpunkt zu stehen.“ Bis der Nachwuchs aus der „Maison relais“ so weit ist, dauert es jedenfalls noch.
De Maart

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