Es war ein Sommer, wie ihn Ivan Delgado schon lange nicht mehr erlebt hatte: Wurde der Nationalspieler in den vergangenen Jahren immer wieder von diversen Verletzungen zurückgeworfen, was ihn auch in seiner Karriere als Profibasketballer stark einschränkte, so konnte der Sportsoldat erstmals seit langer Zeit wieder ordentlich trainieren: „Es war ein toller Sommer, ich konnte viel trainieren, war verletzungsfrei, was ich so schon lange nicht mehr hatte. Ich fühlte mich bereit und war optimistisch, in eine neue Saison zu starten. Dann kam auch das Angebot aus Bulgarien, das am Anfang sehr interessant und vielversprechend war. Ein Land, in dem ein physischer Basketball auf einem guten Niveau gespielt wird.“
Es war nicht einfach, die ganze Zeit in nur einem Zimmer zu leben, ohne die Möglichkeit, kochen oder seine Wäsche machen zu können
Und so entschied sich der 26-Jährige für einen Wechsel zu Minyor 2015 Pernik, einem Team aus der ersten bulgarischen Liga, bei dem er endlich richtig durchstarten und in seiner Karriere einen Schritt weiterkommen wollte. „Schon am ersten Tag, als ich dort ankam, war es allerdings überhaupt nicht so, wie ich es mir erwartet hatte“, erklärt Delgado, bei dem die Ernüchterung schnell folgen sollte. „Man hat einfach nicht das erfüllt, was laut Vertrag vereinbart war. So sollte ich nur einige Tage im Hotel bleiben, bis ich in das versprochene Appartement ziehen sollte. Am Ende habe ich ein solches aber nie gesehen.“ Für den ehemaligen Ettelbrücker ein „Dealbreaker“. „Deswegen habe ich am Ende die Entscheidung getroffen, nach Luxemburg zurückzukehren. Es war nicht einfach, die ganze Zeit in nur einem Zimmer zu leben, ohne die Möglichkeit kochen oder seine Wäsche machen zu können.“
Die Reißleine gezogen
Nach zwei Monaten und einer einzigen bestrittenen Partie zog Ivan Delgado Anfang Oktober die Reißleine. Inzwischen sieht er es als eine Erfahrung an, die ihn auch in einer gewissen Hinsicht weiterbringen wird, denn so ist das Profi-Business eben auch. „Was geschehen ist, ist geschehen, das kann ich nicht mehr ändern. Es war meine Entscheidung, zurückzukommen und auf eine andere Möglichkeit zu warten. Und zum Glück folgte dann auch schnell ein neues Angebot.“ Und so spielt der Sportsoldat inzwischen wieder bei seinem alten Klub, Yoast United, der inzwischen QSTA United heißt, in den Niederlanden. „Ich glaube, es war für beide Seiten eine einfache Entscheidung. Ich kenne den Trainer, die Leute, die Gegend. Von all den Orten, wo ich bisher war, ist es der, der mir wirklich am besten gefällt.“ Dass er sich in den Niederlanden wohlfühlt, das ist Ivan Delgado, der vom gesamten Verein mit offenen Armen empfangen wurde, dann auch deutlich anzuhören.
Mit dem Klub, der seinen Sitz in der Provinz Gelderland hat, verbindet der Nationalspieler ohnehin viel Positives. Denn nachdem sein Profidebüt in Island 2021 durch eine Fuß-OP und einen langwierigen Heilungsprozess jäh beendet wurde und er sich durch immer wiederkehrende Verletzungen, unter anderem an der Achillessehne, auch bei den deutschen Pro-B-Klubs Ehingen Urspring und Iserlohn nicht durchsetzen konnte, war Yoast United die erste Station, bei der es ab Ende Januar 2024 plötzlich besser lief. 13 Partien bestritt er bis Frühling 2024 für den Verein aus Bemmel, stand durchschnittlich 21 Minuten auf dem Parkett und steuerte im Schnitt 5,2 Punkte und 4,8 Rebounds pro Spiel bei.
Nicht freigestellt
Doch auch seine Rückkehr zu United gestaltete sich in den letzten Wochen erst einmal nicht so einfach wie erhofft. Sein Debüt in der belgisch-niederländischen BNXT-League gab Ivan Delgado somit auch erst am letzten Wochenende gegen Mechelen, ein Spiel, das knapp verloren wurde. „Es hat sich alles etwas hingezogen, da die Bulgaren mir erst einmal meine ‚letter of clearance’ nicht ausstellen wollten.“ Eine Frage von Geld, wie es im Profigeschäft eben auch nicht unüblich ist, und so erhielt er seine Freistellung erst vor einer knappen Woche.
Dass ihm seine Zeit in Bulgarien sportlich aber auch etwas gebracht hat, bestätigt der 26-Jährige ebenfalls. „Es war eine lange, harte Pre-Season, in der wir gegen starke Mannschaften gespielt haben. Es war ein ganz anderer, viel physischerer Basketball, aus luxemburgischer Sicht würde man ihn auch als ‚ruppig’ bezeichnen“, fügt er mit einem Lachen hinzu. „In den Niederlanden ist er schneller, in Bulgarien wird viel mehr innen gespielt. Es war schon cool, einen Einblick in diese Spielweise zu gewinnen.“ In der BNXT-League bekommt Delgado es nun nicht nur mit den niederländischen, sondern von Anfang an auch mit den belgischen Teams zu tun. Seit dieser Saison spielen nämlich Klubs beider Länder vom ersten Spieltag an und nicht erst in der zweiten Saisonphase gegeneinander. „Man merkt schon den Unterschied, das Niveau in Belgien ist insgesamt doch höher. Doch für kleinere Mannschaften wie unsere ist es ein großer Vorteil, der einen weiterbringen wird.“
Fehlende Spielpraxis
Nach den letzten ereignisreichen Monaten hat Ivan Delgado seit Anfang Oktober gerade mal neun Spielminuten in den Beinen, dass er nach dieser langen Pause bei seiner ersten Partie zurück bei QSTA United nicht länger auf dem Platz stehen würde, war ihm dann auch klar. Nicht die beste Situation vor dem nun anstehenden Spiel der FLBB-Herren in der Vorqualifikation für die EM 2027 am Sonntag gegen Rumänien. Es sind Termine, auf die sich Ivan Delgado immer wieder freut und für die er gerne nach Luxemburg zurückkehrt. „Die Zeit mit der Nationalmannschaft ist immer toll, auch wenn sie kurz und stressig ist, mit viel Training und Anpassungen.“
Ich war noch nie bei einem Nationalmannschaftstraining, bei dem so viele Spieler waren. Doch mir gefällt das, es ist ein Konkurrenzkampf, man muss sich beweisen.
Dass die Minuten in einem luxemburgischen Kader, der derzeit aus rekordverdächtigen 17 Spielern besteht, allerdings nicht geschenkt sein werden, ist auch dem Sportsoldaten bewusst. „Ich war noch nie bei einem Nationalmannschaftstraining, bei dem so viele Spieler waren. Doch mir gefällt das, es ist ein Konkurrenzkampf, man muss sich beweisen. Was meine Minuten betrifft, ist es am Ende nicht meine Entscheidung. Das, worauf ich Einfluss habe, ist das Training, hier muss ich mich beweisen. Wenn ich am Ende zwei Minuten spiele, sind es zwei, wenn es 15 sind, sind es 15.“ Alles auf dem Parkett lassen und sich in den Dienst der Mannschaft stellen, das ist die Hauptdevise, auch für die Profispieler wie Ivan Delgado. „Die Verantwortung ist inzwischen auf viel mehr Schultern verteilt und ich kann sagen, alle sind hungrig.“
Freuen würde sich der 26-Jährige, wenn man noch einmal, wie im Februar, gegen die Rumänen jubeln könnte. Damals drehten die FLBB-Herren zum Auftakt der laufenden Kampagne nach einem deutlichen Rückstand die Partie in den letzten Minuten und siegten schließlich nach Verlängerung. „Sie sind vorgewarnt, noch einmal in so ein tiefes Loch dürfen wir nicht fallen, denn so ein Comeback-Sieg gelingt einem auch nicht alle Tage.“
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können