Triathlon / Ironman Hawaii am Samstag mit Dirk Bockel und Christian Krombach: Vorfreude auf die Quälerei

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Wohl keiner hätte für möglich gehalten, dass, was Navy-Commander John Collins 1978 auf Hawaii vorschlug: in einem einzigen Rennen zu ermitteln, ob der Schwimmer, der Radfahrer oder der Läufer die größten Anstrengungen vollbringe, zu einem Mythos werden würde. Und dass aus der Bezeichnung „Eisenmann“ für den Sieger ein Kultrennen entstehen würde. / Marc Biwer

Heute wollen mehrere Zehntausend Triathleten weltweit im „Mekka“ des Triathlons dabei sein, beim Ironman Hawaii, der zugleich den Rahmen für die Weltmeisterschaften im Ironman über 2,4 Meilen Schwimmen, 112 Meilen Radrennen und 26,2 Meilen Laufen bietet.
Bei 26 Ironman-Wettbewerben weltweit konnten sich die Interessenten qualifizieren. Oder sie mussten auf Losglück hoffen: Eine „Tombola“ gibt alljährlich einige Startplätze frei. Am Ende sind für den Ironman Hawaii insgesamt 1.800 „Glückliche“ zugelassen. Für viele von ihnen geht damit am Samstag ein Lebenstraum in Erfüllung. Auch für die beiden luxemburgischen Teilnehmer Christian Krombach und Dirk Bockel. Beide schafften die Qualifikation, Krombach in Monaco und Bockel mit 4., 3. und 1. Plätzen bei der Ironman-70.3Serie.

Eine Rechnung,ein Jugendtraum

Das luxemburgische Duo geht das mythische Rennen allerdings unter verschiedenen Voraussetzungen an. Für Christian Krombach ist es ein Zurück in die Vergangenheit und eine Bewältigung mit selbiger. Schon in den 90er Jahren hat sich der 36-Jährige zweimal am Hawaii-Ironman versucht (siehe „T“ vom 1. Oktober), zweimal mit mäßigem Erfolg. Der Trispeed-Athlet wird bei den „Age Groupers“ an den Start gehen. Primäres Ziel für Krombach ist das Ankommen.
Für Dirk Bockel hingegen geht mit der Teilnahme ein Jugendtraum in Erfüllung (siehe „T“ von gestern). Der Olympiateilnehmer wird seine Hawaii-Premiere sogleich bei der Elite feiern und startet seinen Ironman mit hohen Ambitionen: „Ich bin in einer wirklich guten Verfassung, vielleicht sogar in der besten, die ich jemals hatte! Mein Minimalziel soll nun eine Top-10-Platzierung sein.“
Aber vor dem Erfolg kommt der Schweiß. Und das wird für den morgigen Samstag das Stichwort sein. Der Triathlon auf Hawaii ist ein Kampf gegen den inneren Schweinehund, gegen die Distanzen, gegen den Parcours und vor allem gegen die Wetterbedingungen mit Temperaturen von möglichen 40° Celsius, einer Luftfeuchtigkeit von bis zu 90 Prozent und Winden mit einer Geschwindigkeit bis zu 100 km/h.
Der 50. und letzte Staat der USA, mit dem verführerischen Beinamen „Aloha State“, gehört zur polynesischen Inselwelt. Hawaii zählt 137 Inseln, von denen die meisten unbewohnt sind. Die Gesamtfläche beträgt 16.634 km2. Bis 1981 wurde der Ironman auf Oahu ausgetragen, bevor der Zirkus nach Hawai’i umzog. Kein guter Tausch, während Honolulu als Urlaubsziel schlechthin gilt, ist „Big Island“ zwar mit 10.450 km² die größte der Hawaii-Inseln und der USA, aber zugleich auch die unattraktivste. „Big Island“ zählt u.a. fünf große Vulkane, die das Landschaftsbild mit ihren Lavafeldern prägen.
Die „33. Ford Ironman World Championships“ finden in Kailua-Kona statt, dem westlichen Teil der 137.000-Einwohner-Insel. Seit 31 Jahren ist die Distanz mit 3,86 km Schwimmen, 180,2 km Rad und 42,2 km Laufen die gleiche geblieben. Rund 5.000 freiwillige Helfer stehen den Organisatoren zur Seite, der Treueste ist seit 27 Jahren mit Herz und Seele dabei.
Für alle Beteiligten heißt das Motto: Früh raus aus den Federn. Der „Check-in“ ist schon für 4.45 Uhr Lokalzeit terminiert. Anschließend begibt man sich zum Kailua Pier, wo um 6.45 Uhr (18.45 Uhr MESZ) der Startschuss für die Elite fällt, mit Dirk Bockel mit der Startnummer 79, und um 7.00 Uhr (18.45 Uhr MESZ) für die Altersgruppen, mit Christian Krombach mit der Startnummer 1284.
Die erste Disziplin erfolgt in der Kailua Bay, also im offenen Gewässer des Pazifiks. Die Strecke führt rund 2 km hinaus aufs offene Meer. Die Stichworte der Schwimmdisziplin sind Salzwasser, das eine „tragende“ Rolle spielt, Wellengang, Strömung und „Speedsuits“. Wie bei den offiziellen Schwimmwettbewerben sind auch beim Triathlon (anerkannte) Schwimmanzüge zugelassen. Die zweite Prüfung auf dem Rad wird auf einer Autobahn gefahren, mit einem Hin- und Rückweg. Die 180 km führen über ein welliges Gelände. Die Schwierigkeiten auf dem Kuakini Hwy von Kona nach Hawi sind die karge Lavalandschaft, die endlosen Geraden, die extreme Hitze, die hohe Luftfeuchtigkeit. Zudem können die Triathleten mit Seiten- und Gegenwind rechnen. Das Windschattenfahren ist beim Ironman verboten.
Die wohl schwerste Disziplin wird der Marathon sein, weil am Ende des Rennens. Auf dem Queen Ka’ahumanu Hwy und Ali’i Drive gilt der gleiche Schwierigkeitsgrad wie zuvor beim Radrennen, wobei die Strecke flacher, aber heißer ist. Nach 17 Stunden werden die Nachzügler aus dem Rennen genommen.
Was wohl nicht auf die beiden Luxemburger zutrifft. Wobei das Duo dem Parcours argwöhnisch gegenübersteht: „Ich habe großen Respekt vor der Insel, dem Mythos und allen Athleten, die diese Tortur hier auf sich nehmen“, sagt Bockel. Krombach ist vorsichtig: „Ankommen ist mein primäres Ziel. Vorsätze habe ichkeine gefasst, da auf der Strecke zu viele Unbekannte lauern.“ Während Krombach den Samstag vor Augen hat, richtet sich Dirk Bockels Blick bereits in die Zukunft: „Ich traue mir zu, hier in Hawaii eines Tages ganz oben auf dem Podium zu stehen. Vielleicht noch nicht in diesem Jahr, aber in einem der nächsten Jahren, das fühle ich. Jetzt heißt es locker bleiben und warten. Neben allen Ambitionen will ich das erste Mal hier auch versuchen zu genießen, denn die ’Anonymität des Neulings‘ habe ich nur dieses eine Mal.“
Großer Favorit auf den Sieg ist Titelverteidiger Craig Alexander. Der Australier, 36 Jahre, hat hierauf hingearbeitet und befindet sich in der Form seines Lebens. Erster Herausforderer ist sein Landsmann Chris McCormack, der Alexander 2007 bezwingen konnte. Bei den Frauen führt kein Weg an Chrissie Wellington vorbei. Die Britin hat seit zwei Jahren bei ihren sieben Ironman-Starts immer gewonnen.

INTERNET http://ironman.com