Über Magaly Meynadiers Busfahrt mit Übelkeit, Wassermelone und „de Coach seet“
Busreisen, damit hat Magaly Meynadier in den letzten Monaten so ihre Erfahrungen gemacht. Nicht weniger als viermal hat sie mit ihrem Klub, den Saarlouis Royals, die Strecke bis nach Berlin und zurück hinter sich gebracht, dabei sogar eine Pokal-Partynacht durchlebt. Bei der Frage, ob Busparty oder Pyrenäen-Serpentinen, fällt der Basketballspielerin die Antwort dann auch ganz leicht: „Jedenfalls nicht die Anreise nach Andorra, im Bus war mir nämlich noch nie so schlecht wie am Samstag.“ So wurden im Basketball/Karate-Bus schließlich auch Brechtüten nach hinten gereicht: „Als sie bei mir angekommen ist, habe ich mich noch bedankt und dachte, gut, die haben das bemerkt, ich bin wohl kreidebleich im Gesicht. Da hieß es aber nur, Magaly, gib sie weiter nach hinten, die ist gar nicht für dich. Zum Glück entschied sich der Busfahrer dann aber schnell für eine Pause, denn immer mehr Leute haben nach Tüten gefragt.“
Die Entscheidung, anders als bei der Anreise 2017 nach San Marino dieses Mal kein Stinkekäsebrot einzupacken, dürften somit alle geschätzt haben, wie die FLBB-Kapitänin lachend zugibt. „Das habe ich mich dieses Mal wirklich nicht getraut. Ich wollte etwas einpacken, was dem Körper Flüssigkeit gibt. So habe ich mich für Wassermelone mit Feta entschieden. Auch das hat nicht jeder verstanden, aber wenigstens unser Athletiktrainer meinte: Magy, ich bin wirklich stolz auf dich, das ist super.“
Beim Schlafen zeigte sich Meynadier dann ganz kreativ: „Auch wenn ich mir mit Joy Baum die ‚Kleinste’ als Sitznachbarin ausgesucht hatte, war wirklich nicht so viel Platz. Eingepackt wie eine Mumie, habe ich mich dann einfach in den Gang gelegt und gehofft, dass bitte niemand auf mich tritt. Erst als Anne Simon um drei Uhr in der Nacht unbedingt ihr Brötchen aus dem Kühlschrank holen wollte, weil sie mitten in der Nacht Hunger hatte, war es mit der Ruhe vorbei.“
Mit ihrer Profi-Kollegin beschäftigte sich der Baketball-Routinier vom Team Lëtzebuerg dann auch in diesen Bus-Stunden mit der Frage, ob Profisportler überhaupt wirklich ein Job sei. „Wenn mich Leute fragen, was ich beruflich mache, und ich Basketballspielerin sage, dann werde ich oft gefragt, und was arbeitest du … Deswegen die Idee eines Podcasts „De Coach seet, dat geet duer als Job“. Erste Ausschnitte kann man bei Instagram auf „Coachseet“ sehen. Schön, wenn man einen Tag früher als sonst anreist.
Claudio dos Santos erklärt, warum einige Judokas die Kantine meiden mussten
Nur die Hälfte der Judokas brachen am Montag gegen 13.00 Uhr zum Mittagessen in die „Dining hall“ auf – der Rest der Mannschaft verzichtete auf das Mittagessen. Es waren aber nicht die Organisatoren, die den Sportlern den Zugang zur Kantine verwehrten, sondern der Blick auf die Waage: Traditionell gehören die Kampfsportler zu denjenigen, bei denen es am Tag des Wiegens auf jedes Gramm ankommt. Claudio dos Santos gehörte zu den Glücklichen, die erneut zuschlagen durften: „Wir haben ein paar Leute dabei, die noch zu schwer sind. Nur ein einziger Löffel kann am Abend auf der Waage 100 Gramm ausmachen.“
Zu den Sorgen über die letzten Kilogramm kommen dann auch Sticheleien von den Kollegen dazu: „Es ist Standard, dass man sich da gegenseitig aufzieht. Anettka (Mosr) muss wirklich oft aufpassen.“ Nicht nur in Andorra, sondern generell haben die Kampfsportler strikte Regeln: „Normalerweise würde ich Kohlenhydrate weglassen, wenn ich auf das Gewicht aufpassen muss. Diesmal ging es aber sehr schnell und ich habe die beiden überflüssigen Kilogramm sehr schnell verloren. Ich habe ausgewogen gegessen: viele Kohlenhydrate, Proteine und Gemüse.“
Großes Thema bei den JPEE waren bislang auch immer die Verpflegungspunkte. Bisher gab es geteilte Meinungen, was die Nahrung in den Pyrenäen angeht. „Die Kantine ist wirklich groß und man läuft allen Athleten dort über den Weg. Das ist sehr cool, denn das gibt dem Ganzen dieses gewisse olympische Feeling. Das Essen fand ich bislang auch gar nicht so schlecht, allerdings habe ich gehört, dass einige sich beschwert haben, da das Fleisch noch roh war. Das Angebot ist ziemlich divers, allerdings war die Enttäuschung schon groß, als wir gesehen haben, dass es mittags und abends dasselbe gibt.“
Verzichten musste Dos Santos allerdings auf etwas anderes. „Momentan schränke ich die Flüssigkeiten schon etwas ein, da ich am Abend auf die Waage muss. Ich versuche heute, das Minimum vom Minimum einzuhalten und nicht über zwei Liter Wasser zu gehen. An einem klassischen Tag sind vier bis fünf Liter Wasser die Norm.“ Dazu gehören, im Sommerurlaub, dann in ein paar Wochen auch noch ein paar „Caracois“, portugiesische Schnecken aus der Algarve. (chd)
Nachtruhe im Henx-Zimmer: Flugmodus und weit weg vom Fahrstuhl
Schwimmer Julien Henx hat bei diesen JPEE einen neuen Zimmerkollegen. Nach einer gefühlten Ewigkeit wurde der Wechsel vollzogen: Pit Brandenburger beendete die internationale Karriere, an seiner Stelle zog Stanislas Chausson am Samstag mit Henx im Hotel „Mercure“ ins Zimmer ein. „Man hatte mir gesagt, dass er schnarchen würde, das ist aber nicht der Fall. Ich habe gut durchgeschlafen“, berichtete der Sprinter. „Wir waren am Tag der Ankunft relativ früh im Bett und haben kurz nach 22.15 Uhr geschlafen.“
So ein Leben im Hotelbett ist für Henx mit einigen ungeschriebenen Regeln verbunden. Zuerst kommt es bei der Zimmervergabe auf etwas Glück an: „Zimmer neben einem Fahrstuhl sind zu vermeiden. Die Leute reden draußen, da bin ich sehr sensibel.“ Auch das interne Rennen um den besten Platz im Bett spielte eine Rolle: „Ich versuche immer, der Erste zu sein, der reingeht, denn dann kann ich entscheiden, auf welcher Seite ich schlafe. Ich habe mir die Seite am Fenster gesichert.“
Sind diese beiden Bedingungen erfüllt, geht es ans Eingemachte: „Ich brauche nachts definitiv meine Ruhe und schlafe gern.“ Brandenburger kannte diesen Ehrenkodex, Nachfolger Chausson wurde schon am ersten Abend eingeweiht: „Ich habe ihm erklärt, dass sein Handy während der Nacht nicht vibrieren sollte – und falls es klingeln würde, hätten wir eine Krise“, gab er mit einem Grinsen zu. „Ich bin übrigens dann auch nicht mehr zu erreichen: Mein Handy ist nachts im Flugmodus, sobald die ALAD meinen Standort erhalten hat.“
Trotzdem gibt es vor dem Schlafengehen noch etwas Handyzeit: „Pit und ich hatten immer unsere Kopfhörer auf. ‚Stan’ sieht sich Reels an, da müssen wir jetzt noch schauen, wie ich ihm das schonend beibringen kann“, lachte Henx. Denn der Ex-Kollege hatte sich immer angepasst: „Pit hat die Helligkeit des iPads runtergefahren. Wenn er gut drauf war, hat er dann den Stecker der Kopfhörer rausgezogen und die Lautstärke hochgefahren, um mich zu ärgern. Das fand er lustig.“
Eine Gemeinsamkeit haben Henx und Chausson bereits entdeckt: ihre Begeisterung für Motorsport. „Wir haben bereits Moto GP und Formel 1 zusammen im Zimmer geschaut.“ Ansonsten ist der Alltag der Sportler klar geregelt: „Es dreht sich alles ums Schlafen, Essen und Trainieren.“
Darum war Magaly Meynadier bei der Eröffnungsfeier kurzzeitig verwirrt
„Manchmal sieht man im Fernsehen bei genau solchen Eröffnungsfeiern Leute da stehen, die komplett verwirrt sind, und man fragt sich, was ist denn mit dem los? Genau so ging es mir auch. Die Leute dachten bestimmt, die kommt ja gar nicht klar“, erklärt Magaly Meynadier mit einem Lachen, wenn sie an die Eröffnungsfeier zurückdenkt, bei der sie gemeinsam mit Alex Kirsch die Fahne tragen durfte. „Doch die Frau, die für unsere Delegation zuständig war, hat nicht verstanden, dass wir beide die Option ‚early departure’ gewählt hatten und direkt nach dem Einmarsch ins Stadion auch zum Bus sollten. Sie hat dann Alex Richtung Ausgang gedrückt, sagte aber zu mir, dass ich bleiben müsse. So ging ich mit der Fahne weiter und sah, wie alle nach mir das Stadion verließen und ich dachte mir nur, wie komme ich hier raus? Als ich bei den Stühlen ankam, kam Esme (Skrijelj) angelaufen und meinte, ich müsste wirklich jetzt mitkommen, sodass wir dann noch einmal an allen Leuten vorbeigelaufen sind. Das ist wieder so typisch für mich. Ich war aber wirklich stolz darauf, die Fahne tragen zu dürfen – die Erfahrung zu machen, wie es ist, eine ganze Delegation anführen zu dürfen.“
Für die Basketballdamen steht dann in Andorra mit fünf Spielen in fünf Tagen auch ein volles Programm an.„Für uns ist es schade, denn wir können uns sonst nichts anschauen. Vom Zeitplan her klappt das einfach nicht. Wir spielen immer abends. Hätten wir mal eine Partie morgens oder am frühen Nachmittag gehabt, wäre es etwas anderes. Wir konnten es einmal einrichten, uns auf dem Weg zum Essen ein 3×3-Spiel anzuschauen, aber auch nur, weil das Feld direkt an der ‚Dining hall’ liegt.“ Die bisherigen drei Spiele verliefen für die FLBB-Damen mit drei Siegen in der Vorrunde dann aber hervorragend, auch wenn die Höhe Meynadier und Co. zu schaffen machte: „Ich muss sagen, die Höhe ist doch nicht so einfach. Beim ersten Training dachte ich, ich sei in der Off-Season und würde gerade erst wieder anfangen, zu trainieren. Auch beim ersten Spiel, als wir gegen Zypern so schlecht angefangen haben. Die Muskeln fühlen sich irgendwie hier schon schwer an.“
Wie sieht es denn inzwichen mit dem Nebenprojekt von Meynadier und Anne Simon aus? Was sagt der Coach? „Nach dem letzten Spiel werden wir ihm diese Frage stellen.“
T-Shirt rauf, Hose runter: Julien Henx über seine Doping-Kontrolle
Mit seinem Doping-Kontrolleur im Schlepptau erschien Julien Henx am Freitagmittag in der Interview-Zone. Die Agenten, die bei Wettbewerben im Einsatz sind, verfolgen die Schwimmer vom Becken bis zur Toilette. „Er schaut eigentlich nur, dass ich nicht vorher irgendwo pinkele und auch nichts zu mir nehme, das ich nicht soll. Sobald ich bei der Dopingkontrolle angekommen bin, übernimmt die ALAD oder WADA. Ich bin es inzwischen gewohnt, dass mich jemand zum Klo begleitet und habe auch kein Problem mehr damit, dass mir jemand beim Pinkeln zusieht. Als ich jünger war, fand ich es problematischer. Du musst halt das T-Shirt bis ganz nach oben ziehen und die Hose bis zu den Knien runterlassen. Du stehst also schon sehr nackt vor diesen Leuten. Zudem war es diesmal halt eine blöde Situation: Man steigt als Vierter aus dem Wasser und dann steht da jemand, der dich einsammelt und dir sagt, was du zu tun hast. So ist es eben. Ich finde es gut, dass jeder getestet wird. Von den ‚Enhanced games’ halte ich überhaupt nichts. Ich finde es sehr traurig, dass das unterstützt wird und sogar Ex-Olympioniken auf diesen Zug springen und sich freiwillig dopen.
Ich werde übrigens auch nicht aus dem Bett geklingelt, da ich meinen abendlichen Standort angebe. Da mein Handy nachts im Flugmodus ist, könnte es sein, dass ich ansonsten noch schlafen würde und nicht erreichbar wäre. Es muss eine Stunde pro Tag sein, an der man anzutreffen ist. Im Durchschnitt gesehen kann man sagen, dass ich sechsmal im Jahr getestet werde. In Luxemburg wird neben dem Urin-Test auch immer Blut abgenommen. Lästig ist das falsche Wort, es ist eher anstrengend, das seit zehn Jahren jeden Tag anzugeben. Es ist meine Verantwortung und auch Druck, das nie zu vergessen.
Früher hat man nach den Kontrollen einen Brief bekommen, in dem dann das Ergebnis stand. Jetzt wirst du nur kontaktiert, wenn die Probe positiv war. Wenn also ein Brief von der ALAD ankommt, zitterst du. Wobei ich mir vorstellen kann, dass das ein eingeschriebener Brief ist. Ich weiß es aber nicht und werde es auch hoffentlich nie erfahren.“
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