Dienstag11. November 2025

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Spanien staunt ungläubig

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Spanien staunt ungläubig über die neue Dopingaffäre: Leichtathletik-Idol Marta Domínguez soll eine Dealerin sein. Der umstrittene Mediziner Eufemiano Fuentes hat den Ermittlungen zufolge seine Finger erneut im Spiel gehabt.

Die Sportnation Spanien steht unter Schock, das Land macht wegen eines riesigen Leichtathletik-Dopingskandals mit 14 Festnahmen international negative Schlagzeilen.
Dabei hatten die Iberer nach Erfolgen wie dem WM-Titel im Fussball, dem Wimbledon-Sieg Rafael Nadals und nicht zuletzt dem Tour-Sieg von Alberto Contador (der bekanntlich auch ein Doping-Problem am Hals hat) monatelang das „Goldene Zeitalter“ des spanischen Sports gefeiert. „Das ist der Todesstoss für unsere Leichtathletik“, meinte nun das Fachblatt Sport am Freitag.

Logo" class="infobox_img" />Eufemiano Fuentes.

Im Mittelpunkt der Ermittlungen der „Operación Galgo“ (Operation Windhund) steht der umstrittene Mediziner Fuentes, der schon 2006 die Schlüsselfigur im grossen Radsportskandal der „Operación Puerto“ (Operation Bergpass) gewesen war. Mit seiner Schwester Yolanda, die ebenfalls Ärztin ist, soll der 55-Jährige laut den Ermittlungen der Guardia Civil in Zusammenarbeit mit Trainern Dopingpläne für mehrere Sportler entworfen haben. Zum Einsatz seien dabei EPO, Anabolika, Steroide und auch Eigenbluttransfusionen gekommen.

Offenes Geheimnis

Dies nährt zugleich einen schlimmen Verdacht: Schon 2006 hiess es, nicht nur Radsportler hätten die Dienste von Fuentes in Anspruch genommen. Beweise gab es dafür bislang aber nicht. Der frühere Vorsitzende der spanischen Antidopingkommission, Guillermo Jiménez, sagte: „Es gibt in Spanien ein Dopingnetzwerk. Ihm gehören Ärzte und Sportler an, die unseren Sport beschmutzen.“

Anders als 2006 könnte dieser Skandal aber heuer wegen des seit 2007 gültigen Anti-Doping-Gesetzes eine andere „Qualität“ erhalten. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) teilte auf Anfrage mit, dass es „jede Initiative von nationalen Behörden bei Untersuchungen und Massnahmen gegen mögliche Dopingaktivitäten“ begrüsse.

Abgebrühte Dealerin

Dass ausgerechnet Spaniens erfolgreichste Leichtathletin Marta Domínguez in den Skandal verwickelt sein soll, stösst die Spanier zusätzlich vor den Kopf. Zumal die gefeierte Läuferin im Lichte der Ermittlungen nun als abgebrühte Dealerin dasteht, die andere Sportler mit Dopingmitteln versorgt haben soll.

Darauf stehen bis zu zwei Jahre Haft. In ihrer Wohnung seien verdächtige Substanzen mit verschlüsselten Etiketten gefunden worden, hiess es.
„Auch Marta war eine Lügnerin“, stellte die Sportzeitung Marca verbittert fest. „Das Doping hat einen weiteren Mythos vom Sockel gestossen“, schrieb El País unter Hinweis auf den Dopingbefund beim Tour-Sieger Contador.

Fuentes‘ Dealer

In Leichtathletik-Kreisen soll es aber ein offenes Geheimnis gewesen sein, dass mit der 35-Jährigen etwas nicht stimme. Ihr ebenfalls festgenommener Trainer César Pérez sei als „der Dealer von Eufemiano Fuentes“ bekannt gewesen, hiess es. Der Internationale Leichtathletik-Verband IAAF teilte mit, er beobachte die Ermittlungen und warte deren Ergebnisse ab. Noch sei die IAAF aber nicht offiziell informiert worden.

Die Weltmeisterin im 3.000-Meter-Hindernislauf wurde jedenfalls bis auf Weiteres als Vizepräsidentin des Leichtathletik-Verbandes RFEA abgesetzt. Der Verband rief dazu auf, Dopingsünder hart zu bestrafen: „Wir werden das ohne Rücksicht tun, wenn nachgewiesen wird, dass ein Sportler betrogen hat“, hiess es in einem Brief. Es müsse aber auch in diesem Fall die Unschuldsvermutung gelten. Da Domínguez im vierten Monat schwanger ist, war sie am Donnerstag nach einem achtstündigen Verhör unter Auflagen auf freien Fuss gesetzt worden.

Abgehörte Telefongespräche

Spaniens Sport-Staatssekretär Jaime Lissavetzky, der sich stets für „Nulltoleranz“ beim Doping ausspricht, hielt sich zurück: „Solange die Ermittlungen noch laufen, kann ich zur Situation von Domínguez nichts sagen.“ Er sei aber „sehr traurig“ über die Vorwürfe. „Es wäre furchtbar, wenn einige wenige Betrüger die Opfer vieler ehrlicher Sportler beschmutzen würden“, sagte Vize-Regierungschef Alfredo Pérez Rubalcaba.
Abgehörte Telefongespräche brachten die Fahnder auf die Spur des neuen Dopingskandals. Die Polizei habe die Verdächtigen monatelang beobachtet und überwacht, berichtete die Presse. Zudem habe der im vorigen Jahr des Dopings überführte Geher Paquillo Fernández der Polizei wichtige Hinweise zur Aufdeckung des Falls geliefert.

Am Sonntag sollen die Festgenommenen dem Haftrichter vorgeführt werden. Zu ihnen gehört erneut auch der frühere Mountainbiker Alberto León, bereits bei der „Operación Puerto“ als Helfershelfer von Fuentes im Fadenkreuz der Ermittler.