Nach seinem spektakulären Match für die Ewigkeit begeisterte der „Comeback-King“ Sir Andy Murray die Tennisfans kurz vor Sonnenaufgang sogar noch mit britischem Humor. „Ich habe ein großes Herz“, sagte der Schotte über seine enormen Kämpferqualitäten. Als der Interviewer am Platz andeutete, dass sicher alles an ihm groß sei, witzelte Murray: „Ich bin nicht sicher, ob meine Frau da zustimmen würde …“
Worin sich aber alle einig sind: Murray darf man niemals abschreiben. Niemals. Im Zweitrundenmatch bei den Australian Open in Melbourne gegen den Australier Thanasi Kokkinakis drehte der 35-Jährige zum elften (!) Mal in seiner ereignisreichen Karriere einen 0:2-Satzrückstand in einen Sieg um. Und das nicht irgendwie, sondern geschichtsträchtig. Im dritten Satz lag er bereits mit 2:5 zurück, ein schnelles Ende lag in der Luft. Doch dann legte der dreimalige Grand-Slam-Turniergewinner den Schalter um. 4:6, 6:7 (4:7), 7:6 (7:5), 6:3, 7:5 – um 4.05 Uhr am Freitagmorgen (Ortszeit) jubelte der sportlich Totgesagte. Wie so oft in seiner Karriere.
Murray mürrisch
„Es ist lächerlich spät“, sagte Murray beim Blick auf die Uhr, „ich denke, wir sollten jetzt alle ins Bett kommen.“ Der frühere Weltranglistenerste hatte sich den Schlaf redlich verdient. Nachdem sich der zweimalige Olympiasieger bereits zum Auftakt gegen den Italiener Matteo Berrettini in fünf Sätzen durchgekämpft hatte, lieferte er nun mit 5:45 Stunden sein persönlich längstes und in der Turniergeschichte das zweitlängste Match ab. „Es ist unglaublich“, meinte Murray. Seine „Liebe zum Spiel, zum Wettkampf und Respekt“ würde ihn niemals aufgeben lassen. Deswegen ist er nach seiner Hüft-Operation und dem tränenreichen Rücktritt 2019 auch wieder auf den Platz zurückgekehrt. „Die Tatsache, dass ich mich trotz Metallhüfte immer noch mit den besten Spielern der Welt messen kann, darauf bin ich stolz“, hatte der vor vier Jahren zum Ritter geschlagene Brite einmal gesagt: „Ich will dieses Märchenszenario erreichen, damit es heißt: ‚Kann er es noch einmal tun? Ist das möglich?‘“.
In Melbourne wartet in der dritten Runde am Samstag der an Nummer 24 gesetzte Spanier Roberto Bautista Agut als nächster Gegner. Fünfmal erreichte Murray bereits das Finale beim ersten Grand-Slam-Turnier des Jahres, zuletzt allerdings vor sieben Jahren. Murray, der von Tennis-Ikone Ivan Lendl trainiert wird, wird bis zum letzten Punkt um seine Chance kämpfen. „Ich liebe es, mein Herz auf dem Platz zu lassen, Emotionen zu zeigen. Ich bin dafür viel kritisiert worden über die Jahre. Aber so bin ich.“ Und so lieben ihn die Fans. Dass er im Spiel oft mürrisch daherkommt, weiß Murray. Doch davon dürfe man sich nicht täuschen lassen. „Mir ist bewusst, dass ich nicht unbedingt glücklich aussehe, wenn ich spiele“, sagte er, „aber dann bin ich innerlich am glücklichsten“. (dpa)
Djokovic in Runde drei, Medwedew raus
Titelfavorit Novak Djokovic hat auf dem Weg zu seinem 22. Grand-Slam-Titel die nächste Hürde genommen, dabei aber erneut Probleme mit dem angeschlagenen Oberschenkel offenbart. In der zweiten Runde der Australian Open setzte sich der serbische Topspieler mit 6:1, 6:7, 6:2, 6:0 gegen den Franzosen Enzo Couacaud durch. Für Unmut sorgten zudem betrunkene Fans auf der Tribüne, die Djokovic kurzerhand aus dem Stadion werfen ließ. „Um ehrlich zu sein, ist es überhaupt nicht gut“, sagte Djokovic bei Eurosport zu seiner Blessur: „Ich schaue von Tag zu Tag. Bei meinem ersten Match war es besser. Letztendlich hängt es vom lieben Gott ab.“ Nach Titelverteidiger Rafael Nadal (Spanien) und dem an Position zwei gesetzten Norweger Casper Ruud hat es am Freitag derweil auch Daniil Medwedew, Finalist der vergangenen beiden Jahre, erwischt. Der frühere Weltranglistenerste aus Russland unterlag in der dritten Runde dem US-Amerikaner Sebastian Korda 6:7, 3:6, 6:7.
De Maart
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