19. November 2025 - 7.01 Uhr
Analyse zur WM-QualifikationSechs Spiele, kein Punkt, aber viel Inhalt: Eine Null ist nicht immer schlecht
Inhalt und Ertrag
Der Ertrag ist schnell resümiert. Luxemburg holte in der Gruppe A der WM-Qualifikation keinen einzigen Punkt. Das war seit 20 Jahren nicht mehr der Fall und ist eine Enttäuschung. Hinter dieser kurzen Analyse steht jedoch ein großes Aber. Die FLF-Auswahl hatte in fünf von sechs Spielen die Möglichkeit, ein Unentschieden oder einen Sieg zu holen, und überzeugte mehr als einmal. „Außer bei der 0:4-Niederlage gegen Deutschland hatten wir in jeder Partie die Torgelegenheiten, um mit 1:0 in Führung zu gehen. Dann wird es jedes Mal ein anderes Spiel. Auch die Art und Weise hat in all diesen Spielen gestimmt. Es ist frustrierend für die Mannschaft, dass sie immer alles gegeben haben und sich nie belohnen konnten. Fakt ist aber auch, dass wir nur ein Tor in sechs Spielen gemacht haben. Drei bis fünf Punkte wären realistisch gesehen möglich gesehen“, sagte Strasser einen Tag nach der 0:1-Niederlage am Montag gegen Nordirland. Der neue Nationaltrainer zeigte sich besonders beeindruckt von der mentalen Stärke seiner Mannschaft: „In keinem Moment ist die Mannschaft eingebrochen. Das muss hervorgehoben werden und ist nicht alltäglich in einer solchen Situation. Diese Stärke stimmt mich positiv für die Zukunft.“
In keinem Moment ist die Mannschaft mental eingebrochen. Das muss hervorgehoben werden und ist nicht alltäglich in einer solchen Situation.

Strassers Einfluss
Kurz vor dem ersten WM-Qualifikationsspiel gegen die Slowakei wurde der Trainerwechsel vollzogen. Nach 15 Jahren endete die Ära Luc Holtz und Jeff Strasser übernahm das Zepter. Eine richtige Vorbereitung auf das erste Spiel war eigentlich nicht möglich, da der Wechsel wie aus dem Nichts kam. Nur rund 14 Tage vor dem Duell gegen die Slowakei wurde Strasser offiziell nominiert. Im Gegensatz zu Holtz ist Strasser ein Trainer, der es verabscheut, wenn eine Partie oder ein Gegner nicht unter Kontrolle ist. Der ehemalige Bundesligaprofi überlässt nichts dem Zufall und geht keine Risiken ein, wenn er nicht absolut von einer Lösung überzeugt ist. Holtz handelt oft aus dem Bauch heraus. Das Resultat ließ sich ab und zu sehen, öfter jedoch gingen personelle Experimente in die Hose. Strasser war noch nie bekannt für ein personelles Karussell und wird dies auch nicht in der Nationalmannschaft tun. Der Mondorfer setzt auf sehr viel Stabilität und wenig Fluktuation. Dies machte sich bereits in dieser Quali bemerkbar. Luxemburg verlor zwar alle Spiele, hatte aber wenige Momente, in denen die Mannschaft wegen mangelnder Intensität oder Konzentration zusammenzubrechen drohte. Das war in der Vergangenheit anders. Ein Grund dafür ist die Reife der einzelnen Nationalspieler. Ein anderer Grund ist jedoch, dass Strasser die Basis für diese Stabilität durch seine Entscheidungen geschaffen hat. „Es macht Freude, mit dieser Mannschaft zu arbeiten. Ich habe das Gefühl, dass sie mein Projekt unterstützen“, sagt Strasser, der es geschickt hinbekam, zwischen verschiedenen Systemen zu wechseln.
Es ist sehr enttäuschend, weil man das Gefühl hat, anders behandelt zu werden als die anderen
Der Einfluss der Schiedsrichter
Spätestens seit dem Relegationsspiel 2024 in Georgien fühlt sich der Luxemburger – sei es Trainer, Spieler oder Fan – in fast jedem Spiel vom Schiedsrichter oder vom VAR (Video Assistant Referee) betrogen. Betrachtet man, wie die FLF-Auswahl in der gerade beendeten Quali von den Unparteiischen behandelt wurde, dann kann man dieses Gefühl verstehen. Es begann gegen die Slowakei. Seid Korac sah die gelb-rote Karte nach einem sehr kleinlichen Pfiff. Gegen Deutschland hätte Leon Goretzka wegen eines klaren und auch harten Fouls mit der Ampelkarte vom Platz fliegen sollen. Er blieb. Stattdessen wurde Strasser verwarnt und war für die Partie in Nordirland gesperrt. Im Hinspiel gegen Deutschland entschied sich der Schiedsrichter für eine sehr harte Doppelbestrafung gegen Dirk Carlson, die er laut Regelwerk nicht hätte aussprechen müssen.
In Belfast schritt der VAR bei einer Elfmeterentscheidung ein, übersah jedoch das vorangegangene Foul an Dardari. In der Schlussphase wurde ein Foul an Barreiro im Strafraum nicht vom VAR signalisiert. Auf dem Weg in den Mannschaftsbus begegnete Strasser zufälligerweise die beiden belgischen VAR-Schiedsrichter und sprach sie auf ihre Entscheidungen an. „Mir wurde erklärt, dass der Gegenspieler von Aiman Dardari sich nicht mit beiden Armen aufstützte, um hochzugehen, sondern erst beide Arme benutzt, als er bereits in der Luft ist. Zu der Szene, bei der Leo Barreiro zu Fall gekommen ist, haben sie mir gesagt, dass das Ziehen am Arm nicht ausreicht, um Elfmeter zu pfeifen, und dass Leo den Kontakt gesucht. Wahrscheinlich habe ich nicht den nötigen Intelligenzquotienten, um solche Entscheidung zu verstehen. Nach diesen Erklärungen habe ich den Herren einen schönen Abend gewünscht und ihnen gesagt, dass sie dabei sind, den Fußball zu denaturieren.“
Schiedsrichter sind selten schuld, wenn eine Mannschaft verliert. Luxemburg hätte jedoch größere Chancen in den vergangenen Monaten gehabt, Spiele zu gewinnen, wenn die Unparteiischen und ihre VAR-Assistenten einen präziseren und ausgeglicheneren Job erledigt hätten. „Es ist sehr enttäuschend, weil man das Gefühl hat, anders behandelt zu werden als die anderen. Als Trainer wird einem immer vorgeworfen, Kritik an Schiedsrichtern zu nutzen, um Niederlagen zu erklären. Auch deshalb wird weniger darüber geredet“, so Strasser weiter. Es kam viel in den vergangenen drei Monaten zusammen – zu viel.

Pressingmonster und Reifeprüfung
Strasser machte keine personelle Revolution, nahm jedoch in den letzten beiden Qualifikationsspielen eine für die Zukunft entscheidende Veränderung vor. Christopher Martins, der in den vergangenen Jahren immer als Sechser agiert, wurde auf dem Platz hochgezogen. Der Profi von Spartak Moskau war der erste Anläufer im Pressing und überzeugte gegen Deutschland und Nordirland. Eine Vielzahl der Torgelegenheiten der FLF-Auswahl resultierten durch das forsche Pressing des 28-Jährigen. „Wegen seiner technischen und physischen Qualitäten habe ich ihn schon immer auf dieser Position gesehen. ,Kiki‘ ist eher ein box-to-box-Spieler als ein klassischer Sechser, der seine Position zwischen Abwehr und Mittelfeld hält“, lautete die Erklärung von Strasser.
Dirk Carlson hat in den vergangenen Monaten seine Reifeprüfung abgelegt. Bereits in den März- und Juni-Testspielen lieferte er gute Leistungen ab. In der WM-Quali machte der 27-Jährige noch einen Schritt nach vorne. Der Innenverteidiger von SKN St. Pölten zeigte die Reife, die ihm in der Vergangenheit ab und zu fehlte. Die Ungestümheit und Übermotivation, die Carlson oft einen Strich durch die Rechnung machten, gehören der Vergangenheit an. Zusammen mit Seid Korac bildet er nicht nur eine gute Abwehrzentrale, sondern auch ein Duett, das sich in Zukunft noch weiterentwickeln kann.
Mit Aiman Dardari gab es einen weiteren Spieler, der seit September einen Schritt nach vorne gemacht hat. Der Flügelspieler, der wie Arjen Robben gerne nach innen zieht, um zum Torabschluss zu bekommen, ist zur festen Größe geworden und erzielte im September gegen Nordirland sein erstes Länderspieltor. Beim Bundesligisten FC Augsburg wird der 20-Jährige behutsam aufgebaut. Der Auftritt mit Luxemburg gegen Deutschland hat gezeigt, dass er nicht weit davon entfernt ist, eine bessere Rolle bei seinem Verein zu bekommen. Dardaris Sprung nach vorne kommt zum richtigen Moment, denn er ersetzt derzeit die beiden anderen Offensivtalente Vincent Thill und Yvandro Borges, die in den vergangenen zwei Jahren wegen Verletzungen ihr Potenzial nicht ausschöpfen konnten.
Die Akte Rodrigues
Irgendwann muss wieder über Gerson Rodrigues diskutiert werden. Der Stürmer ist derzeit bekanntlich nicht nominierbar für den Nationaltrainer. Die FLF hatte vom Stürmer eingefordert, dass er sich für sein Verhalten aus der Vergangenheit entschuldigen muss, um weiterhin Teil der „Roten Löwen“ bleiben zu dürfen. Rodrigues tat das nicht, weil er weiterhin abstreitet, seine Ex-Freundin – trotz Gerichtsurteils – geschlagen zu haben. Fakt ist, dass Luxemburg einen Stürmer braucht. Fakt ist aber auch, dass Rodrigues derzeit in Thailand nicht unbedingt überzeugt. Die FLF will sich dem Thema 2026 wieder annehmen. Diesmal wird jedoch auch die Ethik-Kommission ein Wörtchen mitreden. Ein Gremium, das es bisher offiziell noch nicht gibt, jedoch bis Ende des Jahres auf die Beine gestellt werden soll. Eine Rückkehr von Rodrigues ist vorstellbar – aber unter welchen Voraussetzungen?
So geht es weiter
Am 26. und 31. März 2026 stehen zwei wichtige Relegationsspiele gegen Malta an. In diesen entscheidet sich, welche Mannschaft im darauffolgenden Herbst in der Division C der Nations League an den Start gehen darf. Der Verlierer wird in der Division D eingestuft. Die Fortsetzung der Nations League findet im Herbst 2026 statt.
Zahlen der WM-Quali
Meiste Einsatzzeit: Anthony Moris, Laurent Jans, Leandro Barreiro (alle 540 von möglichen 540 Minuten), Aiman Dardari (473), Mathias Olesen (471)
Tore: Aiman Dardari (1)
Torschüsse: 48
Ballbesitz: 45,84 Prozent
Passgenauigkeit: 79 Prozent
Ballgewinne: 214 (35,67 pro Spiel)
Zurückgelegte Distanz: 442,39 km
Torwartparaden: 17
Gelbe Karten: 24
Fouls: 76
Platzverweise: 2

De Maart

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