Dienstag11. November 2025

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Schwimmen, die Leidenschaft ihres Lebens

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Beim Olympia- Testevent Anfang März in London beendete Christine Mailliet ihre internationale Karriere – am Sonntag beim Heimspiel, dem 27. internationalen Challenge der Stadt Ettelbrück, dann auch die nationale.

Mit Mailliet verliert die FLNS nicht nur ihren Kapitän, sondern auch eine wertvolle Schwimmerin und eine Freundin sämtlicher Mitstreiter.

Christine Mailliet Steckbrief

o Geburtsdatum: 9. Januar 1987 in Luxemburg

o Maße: 1,69 m, 58 kg

o Familienstand: gepacst

o Studien: Prävention- und Gesundheitsmanagement in Saarbrücken

o Berufswunsch: Personal-Trainer oder Schwimmschule

o Hobbys: Lesen, Kino

o Verein: SC „Les dauphins“ Ettelbrück

o Landesrekorde: 38

o Meistertitel: 80

o „Meilleures performances:
160

o Internationale Teilnahmen: Olympia 2008 in Peking; WM: ’05 und ’09 im 50-m-Becken, ’08 im 25-m-Becken; EM: ’04 und ’08 im 50-m-B., ’05, ’07, ’08 und ’09 im 25-m-Becken; Jugend: EYOF ’01, Junioren-EM ’02 und ’03, Universiade ’05; JPEE: 5x von ’03 bis ’11

Geboren wurde Christine Mailliet am 9. Januar 1987 in der Hauptstadt, aufgewachsen ist sie in Ettelbrück. An ihrem ersten Lebenstag bahnte sich auch ihre Schwimmkarriere an: „Am Tag meiner Geburt haben meine Eltern eine Lizenz bei der FLNS für mich beantragt.“

Erste Medaille

Danach ging alles seinen „gewohnten“ Gang, im Alter von vier Jahren trat sie wie viele Kinder der Schwimmschule bei. Es war natürlich die des SCD Ettelbrück, des Klubs ihrer Mutter Jacqueline Mailliet-Kirtz, einer ehemaligen Schwimmerin. Mit sieben stand für die junge Christine das erste Rennen auf dem Programm, beim Mini-Meet in Ettelbrück: „Für mich schließt sich damit ein Kreis, meine Karriere begann im Technischen Lyzeum, und im gleichen 25-m-Becken wurde sie auch beendet.“

Die erste Medaille gewann sie gleich bei diesem Einsatz („nicht sonderlich schwer, weil jeder Teilnehmer eine Medaille bekam“), die erste richtig wichtige Medaille holte sich Christine Mailliet bei den JPEE 2003. Ihre erste „meilleure performance“ schwamm sie am 14. Januar 1996 über 100 m Rücken, den ersten Landesrekord am 26. Januar 2002 über 50 m Delfin. Ihre Karriere im Nationalteam begann im Alter von zehn Jahren mit den 200 m Delfin – lange Zeit die Paradedisziplin von Christine Mailliet. Den größten Erfolg feierte sie aber über 200 m Freistil: die Olympia-Teilnahme 2008.

Beim CIVE blickte die für eine Schwimmerin zierliche Blondine zusammen mit dem Tageblatt auf ihre Karriere zurück.

Knackpunkt Schulter

Tageblatt: Bist du mit 25 Jahren nicht zu jung für einen Rücktritt? Auch im Schwimmen ist man inzwischen mit 30 Jahren noch aktiv …

Christine Mailliet: „Ich denke auch, dass ich noch etwas zu jung bin, aber leider kann man nicht vom Schwimmen leben. Schwimmen ist und bleibt die große Leidenschaft meines Lebens, aber irgendwann muss man sich auch mit dem Geldverdienen beschäftigen. Mein Freund und ich, wir haben uns gemeinsam ein Appartement gekauft und ich kann ihn schlecht die Kosten allein tragen lassen. Ich hoffe, dass ich bald meinen Master abschließen kann, um anschließend eine berufliche Laufbahn einzuschlagen. Neben den sportlichen Kriterien waren dies meine Überlegungen.“

Wann kamen die ersten Rücktrittsgedanken?

„Sportlich hätte ich noch einige Jährchen draufpacken können. Ich musste mir aber eingestehen, dass ich mit Motivationsproblemen zu kämpfen hatte, besonders was das Training angeht. Nach London bin ich kürzergetreten und ich vermisse das Vollzeit-Schwimmen noch nicht. Bauchweh bekomme ich nur, wenn die Wettkämpfe kommen.“

2008 hast du dich mit deinem unbändigen Willen in extremis für Olympia qualifiziert. Warum blieb das diesmal aus?

„Der Wille war immer noch da. Meine Schulter-OP hat mich aber enorm ins Hintertreffen gebracht. Eigentlich hatte ich mir schon Peking als Karriereende ausgedacht. Dann hat mich das Olympiafieber gepackt, mit der ganzen Stimmung und den gewonnenen Erfahrungen. Nach den Spielen wollte ich dieses Feeling unbedingt noch einmal erleben. Deshalb hatte ich beschlossen, vier Jahre dranzuhängen. Ein Jahr später kam dann die Schulterverletzung dazwischen. Eigentlich hätte ich zu dem Zeitpunkt aufhören können. Aber der Ehrgeiz war größer. Beim Test-Event war ich aber weit von der Qualifikation weg. Es blieben somit nur drei Monate, um das Unmögliche möglich zu machen. Wegen der Schulter konnte ich aber nicht mehr so viel trainieren. Schweren Herzens habe ich aufgegeben, wohlwissend, dass man mit einer B-Norm noch lange nicht bei Olympia dabei ist.“

Also war die lädierte Schulter der Knackpunkt?

„Wie gesagt: Wegen der Schulter konnte ich nicht mehr zweimal täglich trainieren. Man darf nicht vergessen, dass ich die Schulter zehn Monate lang gar nicht belasten durfte. Danach war es schwer, zur alten Form zurückzufinden. Dementsprechend kann man sagen, dass die Schulter den größten Einfluss auf die Entscheidung hatte.“

Du warst immer ein freundlicher, offener und ehrlicher Mensch und wurdest als Kapitän der Nationalmannschaft anerkannt. Bis du stolz auf diese Akzeptanz?

„Danke für die Blumen. Was meine Rolle in der Nationalmannschaft betrifft, hat sich diese aufgedrängt, weil ich auch die Älteste war. Ich habe den andern Schwimmern gerne mit Rat und Tat zur Seite gestanden. Ich habe ihnen gesagt, was sie wie besser machen können, und dass sie nie an sich zweifeln sollen. Besonders die Mädchen ließen oft die Köpfe hängen; ich habe versucht, sie aufzurichten. Ich habe sie immer wieder motiviert, und das habe ich wirklich gerne gemacht. Und ich denke, dass es auch gerne angenommen wurde.“

Bei einem Rücktritt ist eine Bilanz obligatorisch. Welche sind die großen Momente, von denen du deinen Enkelkindern erzählen wirst?

„Meine ganze Schwimmkarriere: das war das Wichtigste für mich. Aber der ganz besondere Moment waren wie schon erwähnt die Olympischen Spiele in Peking. Das war das absolute Highlight, das du nie in deinem Leben vergessen kannst. Du stehst im Olympischen Dorf und du befindest dich unter Menschen, die sich wie du ‚gehierlos‘ für dieses Ereignis quälen mussten. Das war schön und einmalig, aber nicht der einzige Höhepunkt. Ich hatte viele schöne Erlebnisse.“

Und das größte Erlebnis für dich persönlich?

„Eine einfache Frage: Das war bei den Landesmeisterschaften im Sommer 2008, als ich die Olympia-Pflichtzeit unterbot. Ich habe noch alles deutlich vor Augen. Am Tag zuvor bin ich mega schlecht geschwommen, ich wollte gar nicht mehr antreten! Ich habe mir dann einfach vorgenommen, mein Bestes zu geben – und es war mein Bestes. Es war das schnellste und markanteste Rennen in meinem Leben.“

Es gibt leider keine Rose ohne Dornen: Welche sind die Augenblicke, an die du dich nicht gerne erinnerst?

„Das Jahr 2009. Zuerst meine Schulterverletzung. Dann haben wir erfahren, dass meine Mutter schwer erkrankt war. Das war eine ganz schwere Zeit und in der Familie kamen viele Zweifel auf. Wir sind alle eng mit dem Schwimmen verbunden, auch mein Vater. Damals wurde die Frage aufgeworfen, warum man sich das alles antut. Wir setzen die Gesundheit aufs Spiel, um den Schwimmbetrieb am Laufen zu halten. Zum Glück hat sich alles zum Guten gewendet.“

Gab es auch Tränen, als dein Rücktritt feststand?

„Das versteht sich von selbst, insbesondere in London, nach dem letzten Rennen. Rückblickend muss ich aber gestehen, dass ich ein lachendes und ein weinendes Auge hatte. Natürlich ist man traurig, schließlich gehörte mein bisheriges Leben dem Schwimmen. Es war das Einzige, was ich richtig gut gekonnt habe. Ich habe mich auch ein bisschen dahinter versteckt, deshalb bin ich in ein kleines Loch gefallen.“

Am Wochenende hast du den offiziellen Abschied vom aktiven Schwimmsport vollzogen. Die Gefühlslage?

„Ich bin das Meeting mit Freude und Spaß angegangen. Weil ich beim SCDE vorübergehend eine Trainingsgruppe angenommen habe, und wegen meiner Studien, war ich leider nicht richtig vorbereitet. Deshalb hatte ich auch keine Ansprüche und Erwartungen. Ich wollte mich einfach noch einmal zeigen, es war auch der Dank an den Verein und meine Eltern. Schließlich sind wir alle eine große Familie. Und ich war ihnen das schuldig.“

Jacqueline Mailliet war als Mutter und Trainerin immer eine Bezugsperson. Wie wichtig war ihre Rolle in deinem Leben?

„Ohne meine Mutter hätte ich das nie erreicht, was ich heute erreicht habe. Sie war enorm wichtig für mich. Natürlich gab es Phasen im Leben, wo ich keine Lust mehr verspürte, so im Alter von zwölf, 13 Jahren. Sie hat mich aber zum Training getrieben. Damals habe ich sie deswegen verflucht, heute danke ich ihr für die Hartnäckigkeit.“