27. Dezember 2025 - 16.31 Uhr
Akt.: 27. Dezember 2025 - 16.41 Uhr
TischtennisSag niemals Ni: Trotz komplizierter Verletzung richtet Ni Xia Lian alles auf Olympia aus
Es ist schon ein hartes Business, das Tischtennis-Profis durchlaufen müssen. Stets auf Reisen, ständig unter Leistungsdruck, immer an der Platte. Allein Nis Reisedaten aus dem Olympia-Jahr 2024 sind beeindruckend: Doha, Montreux, Busan, Singapur, Beirut, Ototec, Varazdin, Havirov, Dschidda, Zagreb, Ljubljana, Paris, Peking. Und das hat Auswirkungen – vor allem auch auf den Körper und die Psyche einer 62-Jährigen. „Ich schlafe sehr häufig schlecht“, sagt Ni. „Mein Lebensstil ist wirklich stressig. Neben meinem Job bin ich nämlich noch Mutter, Tochter, Schwester und Ehefrau. Ich habe viel Verantwortung – für meine Familie, aber eben auch für mein Team.“
Ni spricht sehr offen darüber, was sie in ihrem Alter noch durchmacht. „Das eine ist der Zeitstress. Aber dann kommt auch noch der Wettkampfstress dazu. Ich will immer gewinnen und mache mir selbst Druck. Auch deswegen schlafe ich nicht gut und bin an manchen Tagen müde. Aber das geht so seit Jahren, das ist mein Leben“, schmunzelt sie. „Leute sagen: Sie ist so gut und so glücklich. Aber sie sehen nicht, was dahinter steckt: Viel Leiden und viele Opfer.“
Leute sagen: Sie ist so gut und so glücklich. Aber sie sehen nicht, was dahinter steckt: Viel Leiden und viele Opfer.
Ni, die seit Jahren auch zum COSL-Elitekader gehört, könnte leicht die Hilfe eines Sportpsychologen oder Mentaltrainers in Anspruch nehmen – für viele Profisportler gehört die Arbeit mit solchen schon zur normalen Routine. „Dafür habe ich keine Zeit. Mein Tag ist voll. Ich muss zu Hause putzen, kochen, ich bin eine normale Mutter. Dann habe ich meinen Sport, mein Team – der Tag ist mit 24 Stunden sehr kurz.“
Dem Land etwas zurückgeben
Eine große Stütze in ihrem Leben, sagt Ni, sei ihr Ehemann und Trainer Tommy Danielsson. „Ohne ihn bin ich nicht ich“, sagt sie. „Er hilft mir so viel. Er ist so etwas wie mein Psychologe. Er kennt den Sport, war selbst Spieler auf hohem Niveau und weiß, wie ich mich fühle.“ Was der Linkshänderin ebenfalls hilft, sind ihre Erfahrungswerte. „Ich habe letztens mit Sarah (De Nutte) auch über alles geredet. Ich sagte ihr: Ich war im Himalaya – auf 8.882 Metern Höhe. Die meisten Menschen geben bei 5.000 oder 6.000 Metern auf. Ich war ganz oben. Ich weiß, wie schwer es ist, da hinzukommen. Wenn du solche Erfahrungen gemacht hast, ist es im Leben einfacher. Verstehen Sie?“
Trotz all dem Stress denkt Ni nicht ans Karriereende. „Nein, darüber mache ich mir keine Gedanken. Ich habe mit Los Angeles ein Ziel. Momentan läuft es nicht gut, aber es wird schon. Wenn ich mich nicht mehr bewegen kann, dann werde ich aufgeben. Aber ich werde bis zum letzten Moment kämpfen. Ich habe eine Verantwortung gegenüber dem Land. Ich lebe hier und bin glücklich – jeder ist nett zu mir. Luxemburg gibt mir so viel. Die FLTT, das COSL, die Regierung, die Menschen. Ich möchte etwas zurückgeben. Denn ich weiß, dass es ohne mich auch schwer wird. Meine Rolle im Tischtennis ist wichtig. Wir müssen für unsere Ziele kämpfen und brauchen einen ‚Fighting Spirit‘. Das ist auch wichtig, damit der Nachwuchs das sieht. Ich will ein gutes Vorbild sein.“
Zweieinhalb Jahre zum großen Ziel
Das Ziel spricht Ni klar aus: die Olympischen Spiele 2028 in Los Angeles. Aktuell stockt es bei ihr etwas – zum ersten Mal in ihrer Karriere ist sie nämlich verletzt. Im Mai brach sie sich beim Training das Handgelenk: Ni rutschte aus und fiel auf die Hand. Bei einer Operation wurde ihr ein Metallstück ins Handgelenk eingesetzt. „Ich war zwar noch nie verletzt, aber ich habe zwei Kinder. Ich habe also schon mal für längere Zeit aufgehört, zu spielen. Angst, dass ich die Technik verliere, habe ich deswegen überhaupt nicht. Ich spiele seit 55 Jahren. Es geht darum, mich körperlich fit zu halten. Ich bin momentan sehr viel im Kraftraum.“
Bis zu Los Angeles 2028 sind es noch zweieinhalb Jahre. Ni weiß: „Die Zeit vergeht schnell. Deswegen arbeite ich jetzt schon hart, um dieses Ziel zu erreichen. Ich will in den USA jede Chance wahrnehmen: das Einzel, das Damen-Doppel, das Mixed-Doppel und das Mixed-Team. Aber gerade liegt der Fokus auf der Regeneration. Die Gesundheit ist das Wichtigste.“ Seit den Olympischen Spielen 2000 in Sydney hat Ni keine Spiele mehr verpasst – Los Angeles wären demnach ihre siebten. Und dafür nimmt sie auch den ganzen Stress in Kauf.
De Maart
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