Bemerkenswert vor allem: Die beiden McLaren-Stars hatten mit dem Sieg in Montréal nichts zu tun, kämpften derart intensiv um Rang vier, der letztlich an Piastri ging. Vorne flog Russell im Silberpfeil nach dem Start von der Pole Position zum Sieg und ließ Weltmeister Max Verstappen im Red Bull hinter sich. Auf Platz drei bejubelte der 18-jährige Kimi Antonelli im zweiten Mercedes sein erstes Podium in der Formel 1. Die eigentlich favorisierten McLaren blieben auf dem Circuit Gilles Villeneuve erstaunlich blass – zum ersten Mal in diesem Jahr durfte kein Fahrer des Papaya-Teams auf dem Treppchen Champagner verspritzen.
Mit seinem Sieg durchbrach Russell im zehnten Saisonrennen zudem die Dominanz von Red-Bull-Star Verstappen und McLaren. Zuvor hatten nur sie gewonnen, Russell belohnte sich für sein bislang starkes Jahr im Schatten der drei. Im Hinblick auf seine Zukunft ist sein vierter Karrieresieg goldwert, sein Vertrag bei Mercedes läuft bislang am Saisonende aus. „Es ist super, wieder ganz oben zu stehen, das letzte Mal ist lange her“, sagte Russell, „aber ich will nicht zu viele Hoffnungen schüren. Unser Auto funktioniert eben gut in diesen kühleren Bedingungen. Wir genießen das, die Zeit wird zeigen, wie es weitergeht.“
Wirkungstreffer
Im Kampf um die WM-Spitze verpasste Norris indes sich selbst einen Wirkungstreffer, der Kontakt mit Piastri wirft ihn weit zurück: 22 Punkte Vorsprung hat der Spitzenreiter aus Australien nun. Auf den Plätzen fünf und sechs folgten die Ferrari-Piloten Charles Leclerc und Lewis Hamilton.
Im Fokus stand vor allem das Duell in der ersten Startreihe zwischen Russell und Verstappen. „Die erste Kurve wird knifflig und entscheidend, aber es ist ein langes Rennen“, sagte Red Bulls Motorsportberater Helmut Marko bei Sky. Gefahr für einen neuerlichen Eklat zwischen seinem Schützling und dem Silberpfeil-Pilot sah er aber nicht. „Max soll sich nicht provozieren lassen und sein Rennen fahren. Ich glaube, es wird nichts passieren“, so der Österreicher.
Als die Startampel erlosch, sollte Marko recht behalten. Russell kam am besten weg, Verstappen konnte ihm nicht gefährlich werden. Dahinter verlor Piastri nach wenigen Kurven Platz drei an Antonelli. Doch schon nach einiger Zeit funkte Verstappen von zunehmend schlechtem Gefühl mit seinen Reifen. Ein Boxenstopp wurde unausweichlich, Antonelli machte hinter ihm schon mächtig Druck. Russell folgte kurze Zeit später und blieb vorne. Auch Antonelli zog umgehend nach. Vorne übernahmen Norris und Leclerc die Spitze – beide waren mit harten Reifen gestartet und pokerten womöglich auf eine Ein-Stopp-Strategie. Doch Russell und Verstappen rauschten von hinten beständig heran, die Reifenwechsel von Leclerc und Norris folgten.
Der Mercedes-Pilot Russell fing rund um die Rennhälfte an, seinen Vorsprung auf den Champion auszubauen. Ungewöhnlich unauffällig verlief das Rennen bis dahin für die McLaren.15 Runden vor Schluss übernahm Russell wieder die Führung. Norris und Piastri bliesen nach ihren letzten Stopps nochmal zum Angriff auf das Podium – und fuhren sich letztlich gegenseitig in die Autos.
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