Für Topsprinter Marcel Kittel war er „unser erster deutscher Radheld, ein Wegbereiter“, für die Franzosen einfach „Sacré Rudi“. Doch nun herrscht große Trauer: Rudi Altig erlag am Samstag im Alter von 79 Jahren einem Krebsleiden.
Er war eine große Nummer im internationalen Radsport – lange vor Dietrich Thurau oder Jan Ullrich. Der bis dato letzte deutsche Profi-Weltmeister auf der Straße hat vergeblich auf einen Landsmann als Nachfolger gewartet. Im Oktober auf dem Parcours von Doha wäre die Chance sehr groß gewesen, Kittel, André Greipel oder John Degenkolb gratulieren zu können. „Ich bin sehr traurig“, twitterte der dreifache Zeitfahr-Weltmeister Tony Martin.
Unerbittlicher Kämpfer
Auf dem Rennrad war Altig ein unerbittlicher Kämpfer. Bei der Tour de France holte der bullige Sprinter acht Etappensiege und trug 18 Tage lang das Gelbe Trikot, was nach ihm nur noch dem einzigen deutschen Toursieger Jan Ullrich 1997 gelang. 50 Jahre nach Altigs Titelgewinn 1966 auf dem Nürburgring sollte am Ort seines Triumphes im Juli ein großes Jubiläumsrennen zu seinen Ehren stattfinden. Es muss ohne die Hauptperson auskommen.
Altig litt seit langem unter der Krankheit. 1994 meisterte er eine Magenkrebs-Erkrankung. Er ging offensiv mit seinem Leiden um. „Wer es nicht weiß, wird es kaum merken. Ich esse eben kleinere Portionen – und meinen Wein trinke ich trotzdem“, sagte Altig noch im Vorjahr im VIP-Bereich der Hamburg Cyclassics, bei denen er im chicen blau-weiß gestreiften Sakko noch einmal ein bisschen Hof hielt.
Der Ex-Profi, der im Hospiz in Remagen im Kreise seiner Familie verstarb, hinterlässt seine Frau Monique, drei Kinder und zwei Enkel. Altig gehörte zu den erfolgreichsten deutschen Fahrern überhaupt. 18 Etappensiege feierte er bei den drei großen Rundfahrten Tour de France, Giro und Vuelta. Seine außergewöhnliche Karriere hatte er mit drei WM-Titeln in der Einerverfolgung auf der Bahn gestartet. Nach seinem Wechsel auf die Straße konzentrierte er sich auf die Klassiker, gewann die Flandern-Rundfahrt (1964) und Mailand-Sanremo (1968). Sogar der Gesamtsieg bei der Spanien-Rundfahrt glückte ihm. Für einen Tour-Erfolg reichte es allerdings nicht, sein Kampfgewicht von rund 85 Kilogramm war nicht optimal. 1962 holte er als erster deutscher Radprofi das Grüne Trikot.
„Radelnde Apotheke“
Diplomatie war Altigs Sache nie, mit seiner Haltung zum Thema Doping eckte er nicht selten an. Zu seiner aktiven Zeit trug er den Spitznamen „radelnde Apotheke“ wohl nicht zu Unrecht, weil er mit dem ein oder anderen „Mittelchen“ nachhalf. Altig wurde 1969 bei der Tour des Dopings überführt und 1966 hatte er sich beim belgischen Klassiker Flèche Wallonne einer Kontrolle entzogen.
Für Altig war das ein Kavaliersdelikt. „Ich kann den ganzen Scheiß nicht mehr hören. Ich weiß, was ich gemacht habe. Mit Doping hatte das nichts zu tun. Wir haben gut trainiert, viel geschlafen und gut gegessen, und wenn wir Kopfweh hatten, gab’s vom Arzt eine Tablette. Das machten doch alle so. Doping ist, wenn man Blut panscht“, schimpfte der Ex-Sprinter.
De Maart
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