Eine weitere Gemeinsamkeit: Beide zog es aus Studiengründen in die USA – Daleiden nach Arizona, Fabiani nach Kalifornien. Da sich Fabiani recht spät für sein Studium in Amerika entschied, blieb die Auswahl nicht sehr groß. Letztendlich meldete er sich an der „California Baptist University“ in Riverside an, wo er ein Stipendium erhielt und ein Business-Studium begann. Ganze drei Universitäten gibt es in der 320.000-Einwohner-Stadt – die CBU ist die kleinste davon und nahm den Luxemburger mit offenen Armen auf. Ein Glückstreffer für Remi Fabani.
Tageblatt: Würden Sie das kalifornische Wetter mit dem in Luxemburg tauschen wollen?
Remi Fabiani: Nein, auf keinen Fall. Hier in Kalifornien haben wir 20°C und es ist angenehm sonnig. Das Schmuddelwetter in Luxemburg werde ich noch schnell genug wieder vor mir haben. Aber nicht an Weihnachten – d Feiertage habe ich noch mit meiner Freundin in den USA verbracht. Die Heimreise fand am 28. Dezember statt.
Wieso fiel Ihre Wahl auf Kalifornien?
Das gestaltete sich zunächst etwas kompliziert. Nach dem Schulabschluss in Luxemburg stellte sich die Frage: Armee oder Studium? Damals durfte man als Sportsoldat noch nicht studieren und an amerikanischen Universitäten darf man in keinem Dienstverhältnis stehen, also auch nicht Armee. Die USA waren aber immer schon mein Traum, ich war zuvor noch nie in Amerika. Wo ich in den USA studieren wollte, war mir sofort klar: Das Wetter in Kalifornien hat mich dorthin gelockt. Es ist wie ein Traum, der in Erfüllung ging.
Wie gut konnten Sie sich in das Team von Headcoach Rick Rowland integrieren?
Die Integration verlief recht schnell. Aber Rowland ist nicht direkt mein Trainer. An der Uni haben wir ein Team von 50 bis 60 Schwimmern und die sind in Gruppen unterteilt. Meine Trainerin ist seit drei Jahren Lisa Siregar und ich fühle mich sehr gut betreut unter ihren Fittichen. Hier an der CBU ist es einfacher, sich zu verbessern, weil du zusammen mit vielen guten Schwimmern trainierst. In Luxemburg ist die Elite ziemlich bescheiden und die Konkurrenz beim Training dementsprechend klein. Hier in den USA wird dein Potenzial richtig herausgekitzelt und mittlerweile zähle ich zu den Schnellsten in unserer Mannschaft.
Wie würden Sie Ihre Heimat Riverside beschreiben?
Ich würde die Stadt zunächst als groß beschreiben. Riverside ist geprägt durch Straßen und Autobahnen, kein Wald und auch keine großartige Landschaft. Palmen verschönern etwas das Bild. Es ist nicht meine Lieblingsstadt, ich bevorzuge San Diego.
Machen Sie ab und zu einen Abstecher nach Los Angeles und Venice Beach?
LA ist nicht das, was ich mir immer vorgestellt hatte. Es hat nichts Anziehendes für mich: zu viele Menschen, zu viele Touristen und vor allem zu viel Luftverschmutzung wegen der Unmengen an Autos. Ich fahre ab und zu zum Shoppen nach Los Angeles, aber auch ungern. Gleiches trifft auf die Strände zu, die meistens überfüllt sind. Wie gesagt, mich zieht es nach San Diego, da wohnt meine Freundin, da herrscht kein Stress, es ist eine schöne Stadt und man kann wunderbar surfen. Ich liebe es, zu surfen.
Wie sieht Ihr Tagesablauf in Riverside aus?
Das hängt vom Tag ab. Wir picken uns einfach den Montag heraus. Da geht es früh aus den Federn, das erste Training beginnt um 5.30 Uhr am Morgen und dauert bis 7.00 Uhr. Dann nehme ich eine Kleinigkeit zu mir, bevor es wieder ab in den Kraftraum geht, für anderthalb Stunden. Gegen 10.30 Uhr ist die erste Schicht beendet, in diesem Jahr habe ich am Tag kein Studium. Ich gehe nach Hause, zum Lernen, Mittagessen und wenn möglich eine kleine Siesta. Von 13.30 bis 15.30 Uhr steht die nächste Trainingseinheit auf dem Programm. Danach kommen Dehnen, Essen, Hausarbeit und ein bisschen Freizeit steht an, bevor es von 18.00 bis 21.00 Uhr an die Uni geht. Um 22.00 Uhr falle ich dann meistens müde ins Bett.
Konnten Sie sich schnell mit dem „Americain way of life“ abfinden?
Ja sehr schnell, die Menschen hier sind überhaupt nicht kompliziert. In jeder Situation ihres Lebens versprühen sie Ehrgeiz – ein ideales Vorbild für jeden Sportler. Die Leute sind offen, vielleicht manchmal etwas zu oberflächlich. Aber insgesamt herrscht hier eine wunderbare Stimmung mit vielen Kulturen. Mit gefällt es hier und ich würde gerne mein Leben hier verbringen. Auch wegen des Wetters und der beruflichen Möglichkeiten.
Ist für Sie nach drei Jahren USA eine deutliche Leistungssteigerung erkennbar?
Die drei Jahre im Uni-Team haben mich enorm nach vorne gebracht. Das erste Jahr war wegen Covid allerdings schwierig, ich musste viel allein schwimmen. Ich kam zu dem Zeitpunkt nicht umhin, mein Leben zu überdenken, und habe sogar eine Pause eingelegt. Ab dem zweiten Studienjahr ging es dann aber nur noch bergauf, ich konnte mich im Sprint über eine halbe Sekunde verbessern. Ich bin regelrecht explodiert und konnte der Mannschaft weiterhelfen. In diesem Jahr darf ich nicht an Wettkämpfen teilnehmen, weil ich ab Januar ein Break einlege und mich in Luxemburg auf die kommenden Aufgaben vorbereite.
2024 ist das Olympia-Jahr. Ist es jetzt nicht an der Zeit, sich zwischen Freistil und Rücken zu entscheiden?
Wahrscheinlich wird es Kraul sein. Im Moment schwimme ich parallel viele Disziplinen, auch weil es mir Spaß macht, wobei die 200-Meter-Rennen für einen Sprinter immer eine Qual sind. Aber ich will jetzt so langsam meine Form aufbauen und auch an Gewicht verlieren. Es ist enorm wichtig, dass die Explosivität nicht verloren geht.
Welche Ziele haben Sie sich für 2024 gesteckt?
Die Olympia-Qualifikation genießt absolute Priorität, darauf werden wir hinarbeiten. Mir fehlen nur 13/100 zur A-Norm, das ist machbar. Aber auch an einem Faden hängend – über 50 Meter kann alles passieren. Sollte ich die Qualifikation meistern, dann muss man sehen, welche Ziele ich mir stecken kann. Ich denke, dass die Konkurrenz in Paris nicht allzu groß sein wird: Ich schätze, es werden 30 bis 35 der Top-Schwimmer starten. Man muss sehen, wo ich mich am Ende positionieren kann. Nach Olympia werde ich etwas Urlaub machen, danach geht es zurück an die Uni.
Was denken Sie, wie viele FLNS-Schwimmer sich für Olympia qualifizieren können und wer?
Das hängt von vielen Faktoren ab. Aber ich bin überzeugt davon, dass Ralph Daleiden es nach Paris schaffen wird. Er ist schnell und wird immer schneller. Er ist gut in Form. Ich hoffe, dass ich auch eine Chance habe, bei Olympia dabei zu sein. Bei Julien Henx wird es etwas schwieriger, bei seiner Bestzeit fehlen immerhin 7/10. Aber ich hätte ihn gerne dabei, es wäre cool, wenn wir zwei im gleichen Rennen antreten könnten. Und drei Schwimmer bei Olympia wären sensationell.
Wann können wir Sie wieder in Luxemburg im Einsatz sehen?
Anfang Januar geht es von Luxemburg nach Portugal, wo wir einen Lehrgang bestreiten werden. Ende Januar werde ich dann beim Euro Meet auf Kirchberg schwimmen. Vorläufig geplant ist auch das CIJ Meet Anfang März, ebenfalls in der Coque.
Steckbrief
Name: Remi Fabiani
Geburtsdatum: 13. November 2001
Größe: 1,93 m
Gewicht: 85 kg
Vereine: SC Differdingen, California Baptist University
Weltrangliste: No. 28 (50 m Kraul)
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