Mittwoch22. Oktober 2025

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WintersportRaymond Conzemius blickt auf Olympia 2026: „Es können zwei oder vier Sportler werden“

Wintersport / Raymond Conzemius blickt auf Olympia 2026: „Es können zwei oder vier Sportler werden“
Raymond Conzemius, Technischer Direktor des COSL, spricht über die Erwartungen an die Winterspiele 2026 Foto: Editpress/Hervé Montaigu

Am 6. Februar 2026 werden in Mailand und Cortina d’Ampezzo die Olympischen Winterspiele eröffnet. Rund drei Monate vor dem Start gibt Raymond Conzemius, Technischer Direktor des COSL, einen Ausblick auf die Vorbereitungen. Im Gespräch mit dem Tageblatt redet er über die Schwierigkeiten der Organisation, den sportlichen Ausblick und die Arbeit des Nationalen Olympischen Komitees mit Wintersportlern.

Tageblatt: Raymond Conzemius, es sind noch etwas mehr als drei Monate bis zur Eröffnungsfeier der Olympischen Winterspiele am 6. Februar 2026 in Mailand. Wie laufen die Vorbereitungen aktuell?

Raymond Conzemius: Der Stand der Dinge ist momentan, dass wir die Hauptelemente festigen und klare Zusagen haben. So wissen wir zum Beispiel, wo wir untergebracht sind. Wir rechnen auch mit Eventualitäten, denn wir wissen erst Mitte Januar, wer sich qualifiziert hat. Wir gehen alle Eventualitäten durch, es können zwei oder vier Sportler werden. Die Qualifikationen sind auch an Akkreditierungen gebunden. Es gibt einen „Estimated Team Size Calculator“. Bedeutet, dass anhand der Athleten eine Delegation bestimmt wird, mit der wir nach Italien reisen können. Da werden vom Organisator Grenzen gesetzt. Das heißt, wir wissen jetzt, wie viele Akkreditierungen wir pro Athlet haben. Der Transport ist aktuell auch ein Thema. Wie kommen all die Leute, die das Potenzial haben, vor Ort zu sein, nach Italien? Wir haben drei Akkreditierungen pro Sportler. Wir müssen uns auch darum kümmern, wer die Leute sind, die mit den Sportlern dort hinreisen.  

Blicken wir mal auf die Hauptakteure: Mit wie vielen Sportlern rechnen Sie bei den kommenden Olympischen Winterspielen?

Wir fahren über ein Qualifikationssystem. Die Quotenplätze, die wir bekommen, werden über einen Qualifikationsprozess definiert. Die Saisons starten jetzt. Nehmen wir als Beispiel Shorttracker Peter Murphy: Der Internationale Sportverband schlägt dem IOC vor, wie viele Wettkämpfe er machen muss und was er erreichen muss, um sich zu qualifizieren. Das wird dann vom IOC geprüft und auch festgehalten. Das IOC handelt dann aber auch nach dem Universalitätsprinzip. Das bedeutet, dass jedes Land der Welt die Chance haben soll, bei den Olympischen Spielen vertreten zu sein – unabhängig von seiner sportlichen Leistungsstärke. Im Winter nehmen ungefähr 95 Nationen an Olympia teil, im Sommer sind es 205. Durch dieses Universalitätsprinzip haben wir eigentlich eine Garantie, mit einem Mann und einer Frau im alpinen Ski bei Olympia dabei zu sein. Es gibt aber auch Normen: Das IOC setzt als Norm 80 FIS-Punkte bei den Speed-Disziplinen und 120 bei den technischen. Das ist leicht erreichbar. Wir beim COSL haben 40 FIS-Punkte im Slalom und Riesenslalom als Norm festgelegt und 55 bei Abfahrt und Super-G. Wir sind etwas strenger als vor vier Jahren, aber Matthieu Osch und Gwyneth ten Raa fahren auf ordentlichem Niveau. Sollten sie die Norm nicht schaffen, fährt niemand zu Olympia. Wir fordern immerhin auch ein gewisses Level. Weiter ist es so, dass wir keinen Skifahrer in den Top 100 der Welt haben. Das bedeutet, dass wir keine zwei Athleten pro Disziplin qualifiziert bekommen. Gwyneth müsste sich stark verbessern, damit sich ihre Schwester auch noch qualifizieren könnte. Matthieu blockiert hingegen Nikolaj Lindfors. Wir bekommen also, wie es aussieht, einen Platz bei den Damen und einen bei den Herren. Das werden Gwyneth und Matthieu sein. Aber Nikolaj macht wirklich starke Fortschritte. Mal sehen, wie seine Saison laufen wird.

Wie sieht es mit Skeletoni Jeff Bauer und Shorttracker Peter Murphy aus, die beide auch im COSL-Elitekader sind?

Jeff Bauers Verbindung zu uns ist eher kommunikativ als präsent. Er hat hier sein Medico gemacht, aber man darf auch nicht vergessen, er hat ein gewisses Alter (52). Er hatte Probleme mit der Hüfte und ließ sich dann operieren, um weiter Leistungssport machen zu können. Seine physischen Tests sind nun besser als vorher und er macht Fortschritte. Er gewinnt weiter an Muskelmasse und ist stärker als letzte Saison. Aber wir wissen, dass er einen großen Sprung machen muss, um sich zu qualifizieren. Bei ihm ist es anders als bei den Alpinisten: Er muss in die Quotenplätze hineinrutschen. Ich hatte das mal ausgerechnet. Er müsste in die Top 50 der Weltrangliste kommen. Nach der letzten Saison waren noch vier Länder vor uns, das sind einige Plätze. Und alle Länder werden sich jetzt um Plätze strecken. Für ihn, und auch für Peter, muss eine Entwicklung kommen, sonst wird es nicht reichen. Peter und auch Jeff, beide wollen zu Olympia. Sie durchlaufen momentan Prozesse. Peter ist in den Niederlanden und trainiert dort. Jeff hat seinen Trainer gewechselt und seinen physischen Trainer. Er will das Maximum erreichen. Wir müssen sehen, was er leistet, wenn die Saison beginnt. Es geht aber auch drum, zu schauen, was die anderen Nationen machen. Und die schlafen nicht. Um es zusammenzufassen: Es gibt zwei Quotenplätze für Luxemburg im alpinen Sport. Man weiß aber nie, wie die Saisons laufen. Ich drücke allen die Daumen, aber zu diesem Zeitpunkt möchte ich noch keine Vorhersagen abgeben.

Für Matthieu Osch werden es aller Voraussicht nach die dritten Olympischen Spiele. Er weiß schon, wie es bei Olympia läuft. Was erwarten Sie von ihm?

Das ist schwierig, vorauszusagen. Es kommt darauf an, wie das Feld aussieht, wie ein Rennen verläuft und wie sich die Piste entwickelt. Matthieu hat schon zwei gute Resultate bei Olympia (2018 Riesenslalom 62., 2022 Riesenslalom 28, beide Slaloms DNF). Wenn er das bestätigen kann, wäre das schon super. Olympia hat nicht so eine große Dichte wie der Weltcup. Ich würde mir wünschen, dass er seine Platzierung bestätigen kann. Er hat viel gearbeitet. Bei Gwyneth ist es eher das Gegenteil: Sie war 2022 weniger zufrieden (schied sowohl im 1. Lauf des Riesenslaloms als auch im 1. Lauf des Slaloms aus). Sie hat sich vorgenommen, jetzt auch im Weltcup zu starten. Sie will über die Saison schwere Pisten fahren, um die richtigen Erfahrungen vor Olympia zu sammeln. 

Luxemburg ist keine Wintersportnation. Wie schwierig ist es für das COSL, mit Wintersportlern zu arbeiten?

Aktuell haben wir ein interessantes Modell. Das beste Modell für Skifahrer ist es, im Skigebiet groß zu werden und sich da zu entwickeln. Wenn im jungen Alter nicht genug Skistunden zusammenkommen, dann kommt man nicht mehr an das Niveau derjenigen heran, die mit drei oder vier Jahren den Berg schon runterfahren. Gwyneth hat in ihrem Alter mehr Ski-Erfahrungen als Matthieu. Aber unsere Strukturen hier im Land haben dennoch Vorteile für sie, wenn sie hier im Land sind. Im Sommer können sie in der Coque trainieren oder auch mit dem LIHPS. Wir sind so etwas wie ihr Sicherheitshafen. Die Frage ist natürlich auch immer, wie interessiert man in Ländern wie der Schweiz, Italien oder Österreich ist, Luxemburger aufzubauen. Aber da sind Leute, die das beobachten, wie die Familie von Matthieu oder Gwyneth. Wir sind darin keine Experten und verfolgen das eher aus der Ferne. Wir unterstützen sie finanziell. Die Grundessenz ist, genügend Skistunden in der Jugend zusammenzubekommen und eine gute Trainingsgruppe zu haben. Nikolaj hat in Chile gemerkt, dass er dort genügend Stunden Abfahrt fahren kann. Nur so kommt man weiter. 

Bedeutet das also auch, dass das COSL die Athleten in der Vorbereitung frei sein lässt?

Wir sind keine Experten. Wir wären schlecht beraten, wenn wir ihnen sagen, wie sie Olympia schaffen. Wenn wir was reinbringen, dann sind es Erfahrungen oder Nachfragen. Sind eure Trainingsgruppen stark genug? Ist der Trainer gut? Wird sich gut genug um euch gekümmert? Wie ist die Entourage? Die Sportler kommen aber oft selber auf uns zu, um Sachen zu besprechen.

Werden luxemburgische Sportler bei der Eröffnungsfeier zu sehen sein?

Wir müssen die Bedingungen annehmen, die das IOC vorgibt. Kein Sportler, der in Cortina oder in Bormio antritt, darf in Mailand an der Eröffnungszeremonie teilnehmen. Es gibt parallele Eröffnungszeremonien. Eine eben in Mailand, eine in Cortina und eine in Livigno. Im November werde ich mich mit den Athleten zusammensetzen und sie nach ihrer konkreten Planung fragen. Wann ist ihr letztes Rennen vor Olympia? Wann wollen sie dann anreisen? Und dann stellt sich auch die Frage, ob sie zur Eröffnungsfeier wollen. Wir wollen auch noch einen Abschluss vom Team Lëtzebuerg in Cortina machen. Danach fahren sie direkt weiter, weil noch Rennen in der Saison anstehen. 

Warum wird es verboten?

Das hat das IOC schon früh entschieden. Wir wissen das seit einem Jahr. Ich gehe von logistischen Gründen aus, vielleicht geht es auch um die Sicherheit. Einerseits bräuchten dann wieder viele Menschen ein Zimmer in Mailand. Andererseits kann es zu Problemen auf den Straßen kommen, weil viele Menschen hin und her pendeln. Ich selbst bin nur in Cortina und nicht in Bormio. Wenn du dorthin möchtest, bist du sechs Stunden unterwegs. Der Generalsekretär und der Präsident werden Mailand, Cortina und Bormio besuchen. Aber sie sind nicht so sehr in die Organisation eingebunden und wollen alle Sportler sehen. Das ist auch richtig so.