Dienstag21. Oktober 2025

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„Radarauge“ überwacht Wetteinsätze

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Die Schlagzeilen über Wettbetrug im Fußball reißen nicht ab. Dadurch steht die Glaubwürdigkeit des populärsten Sports der Welt auf dem Spiel.

„Wenn das wahr wäre“, erklärte FIFA-Präsident Sepp Blatter im Verdachtsfall der Manipulation der WM-Partie 2006 zwischen Ghana und Italien, „könnten wir aufhören – nicht mit Wetten, sondern mit Fußballspielen.“ Inzwischen mehren sich die Fälle dubioser Spielausgänge und die Indizien für Machenschaften der russischen Mafia und asiatischer Wettbetrüger.

Verteidiger stellt Strafanzeige

Im Wettskandal-Prozess am Bochumer Landgericht soll die Staatsanwaltschaft gezwungen werden, in noch größerem Stil zu ermitteln. Der Verteidiger des angeklagten ehemaligen Profis Kristian S. stellte gestern Strafanzeige gegen Unbekannt. Hintergrund sind aktuelle Auswertungen der privaten Wettüberwachungs-Firma „sportradar“.

Demnach sollen in Europa allein in den vergangenen fünf Monaten weitere 70 bis 100 Fußballspiele manipuliert worden sein. Staatsanwalt Andreas Bachmann reagierte gereizt. Er hält seine Behörde für örtlich nicht zuständig und wolle sich daher nur auf die aktuellen Verfahren konzentrieren.

„Wo gewettet wird, ist der kleine hässliche Bruder Betrug nicht weit“, sagte der deutsche Kommentator Marcel Reif auf einem FIFA-Kongress, auf dem Vorkehrungen gegen Manipulationen erörtert wurden. Der Weltverband hat ein Überwachungssystem (Early Warning System) etabliert, der Europäische Fußballverband UEFA beauftragte „sportradar“, ein privates Unternehmen, mit der Kontrolle. Global werden allein bei Sportwetten jedes Jahr 225 Milliarden Dollar bewegt.

So seriös wie in England ist die enge Verbindung von Sport und Wetten nicht überall. Britische Buchmacher setzen jährlich rund 60 Milliarden Euro um, am meisten bei Pferderennen wie dem Derby in Epsom, in Ascot, beim Grand National sowie in Cheltenham und auf weiteren 55 Rennbahnen. Die Gier nach dem schnellen Mammon lässt die Engländer auf alles Mögliche tippen. „Das gibt es sonst nirgends auf der Welt“, sagt ein Bookie des Anbieters William Hill. Die Geldmaschine der britischen Risiko-Gesellschaft kommt immer mehr auf Touren; der Umsatz hat sich im vergangenen Jahrzehnt fast verzehnfacht. Die Aufsichtsbehörde schätzt, dass fast 400.000 Briten an der Spielsucht leiden. Den 9.000 Buchmachern – ihre Büros gehören zum Bild der High Street, also den Hauptgeschäftsstraßen auf der Insel – stehen z.B. deren nur 150 in Deutschland gegenüber.

„Krisenzeiten“

„Die Leute haben auch in Krisenzeiten Lust, ein paar Pfund zu wagen“, meint ein Sprecher des Konkurrenten Ladbrokes. Sie mutmaßen, welche Farbe der Hut der Queen bei der nächsten Royal Hochzeit zwischen Enkel William und seiner Kate am 29. April hat, ob es nächste Weihnachten in London schneit. 10.000 Pfund gewann David Threfall, der 1961 zehn Pfund darauf riskiert hatte, dass vor Ende des Jahrzehnts ein Mensch den Mond betreten würde. Ehrgeizige Väter spekulieren darauf, dass ihr gerade geborener Sprössling einmal ein berühmter Kicker wird. Fußballwetten erfreuen sich im Vereinigten Königreich stark zunehmender Nachfrage.

In Deutschland wurden Betrugsfälle im Fußball durch Urteile gegen den Schiedsrichter Robert Hoyzer, die kroatischen Sapina-Brüder und albanische Wettpaten aufgedeckt. Die russische Mafia nutzt ihre Einsätze offenbar zur Geldwäsche aus dem Drogenhandel und der Prostitution. Chinesen und Malayen haben versucht, sogar Spiele der 2. und 3. deutschen Bundesliga sowie in den Spitzenligen in Belgien, Finnland und Österreich zu manipulieren. Zuletzt fielen seltsame Resultate auch in Länderspielen wie Estland – Bulgarien (2:2 durch vier Strafstöße) auf.