Montag10. November 2025

Demaart De Maart

KolumnePetz Lahure über Marc Girardelli und seine zwei Medaillen vor 30 Jahren: Lieber zweimal Silber als keinmal Gold

Kolumne / Petz Lahure über Marc Girardelli und seine zwei Medaillen vor 30 Jahren: Lieber zweimal Silber als keinmal Gold
Marc Girardelli war in allen alpinen Disziplinen ein Ausnahmekönner Fotos: Archiv sportspress.lu

Jetzt weiterlesen!

Für 0,99 € können Sie diesen Artikel erwerben:

Oder schließen Sie ein Abo ab:

ZU DEN ABOS

Sie sind bereits Kunde?

Am nächsten Donnerstag ist es 25 Jahre her, dass Marc Girardelli seinen Rücktritt vom Hochleistungssport verkündete. Am 10. Februar 1997 (es war der Fastnachtsmontag), scharte er im italienischen Sestriere die Weltpresse um sich und tat kund, dass er fortan nicht mehr als Sportler zum Skizirkus gehören würde. Girardelli (geb. am 18. Juli 1963 in Lustenau/AUT) stand damals am Ende einer 18 Jahre langen Karriere, in der er sich zu einem der komplettesten Skifahrer aller Zeiten entwickelt hatte.

Abgewiesen

Von den einen wurde er „geliebt“, von den andern „gehasst“. Für die ARD und das Zweite Deutsche Fernsehen (ZDF) war er „der für Luxemburg startende Österreicher“, für die belgische „Télévision“ ein „Autrichien“, für die Franzosen „L‘Austro-luxembourgeois“ und für die Österreicher kurzerhand ein Landesverräter.

Wie ich es in dieser Zeitung bereits einige Male schrieb, scheiden sich hierzulande am Namen Girardelli auch heute noch die Geister. Die einen sehen in ihm einen echten Landsmann, andere wiederum streiten ihm dieses Recht ab. Fakt ist, dass der fünffache Gewinner des alpinen Ski-Weltcups am 29. Januar 1983, also im Alter von 19 Jahren, seinen Einbürgerungsantrag stellte und im September 1987 durch einen Beschluss der Abgeordnetenkammer naturalisiert wurde.

Sechs Jahre zuvor hatte Marc Girardelli zusammen mit dem ehemaligen Präsidenten des Luxemburger Skisportverbandes, Aimé Knepper, und einer Delegation der FLS bei Justizministerin Colette Flesch und Sportminister Emile Krieps (beide DP) vorgesprochen, um die Nationalität zu wechseln. Unter Berufung auf das damals rigide Gesetz, das ein Mindestalter von 25 Jahren vorschrieb, wurde Girardelli abgewiesen.

Kneppers Verdienst

Im Zuge der Naturalisierung konnte der Sportler belegen, dass er ab dem 22. Oktober 1980 seinen Wohnsitz in Trintingen (Gemeinde Waldbredimus) hatte, doch erfüllte er damit die Bedingung eines Mindestaufenthaltes von zehn Jahren nicht.

Also musste die Abgeordnetenkammer im Herbst 1987 diese Klippe über den Weg der für Luxemburg geleisteten Dienste umschiffen. Später sprach man von einer „Lex Girardelli“, einem Gesetz, das vornehmlich für den Sportler auf den Instanzenweg gebracht wurde.

Größter Fürsprecher des Skifahrers war in den Kulissen der damalige Staatssekretär für Außenbeziehungen Robert Goebbels (LSAP), ohne den das Ganze wahrscheinlich nie zustande gekommen wäre.

In Marc Girardellis Leben spielte sein Vater Helmut die Hauptrolle. Er klopfte im Mai 1976, als der Sohnemann erst 12 Jahre alt war, bei Aimé Knepper an und bat um eine Affiliation Marcs bei der „Fédération Luxembourgeoise de Ski“ (FLS). Knepper, der uns im Januar 2021 im Alter von 99 Jahren verließ, wusste um die außerordentliche Begabung des jungen Mannes und ließ Girardellis erste Lizenz am 15. September 1976 ausstellen. Rund zwei Monate zuvor (22. Juli 1976) war der Sportler vom österreichischen Verband, für den er kein einziges offizielles Rennen bestritt, freigestellt worden. Dem Vater aber legte man nach vielen Querelen ans Herz, den Wechsel nach Luxemburg zu überdenken.

Beispielhafte Karriere

Die Girardellis ließen sich von ihrem Weg nicht abbringen. Marcs beispielhafte Karriere wurde allerdings nicht nur von Höhen, sondern auch von vielen Tiefen geprägt. Wie kein anderer musste der begnadete Skifahrer schuften, um nach überstandenen Verletzungen wieder Anschluss an die Weltspitze zu finden. 15 (!) Operationen hatte er hinter sich, ehe er im Winter 1996/97 nicht mehr weitermachen wollte oder konnte.

Die Abfahrt von Val Gardena (Südtirol) am 20. Dezember 1996 sollte Girardellis letztes Rennen sein. Gedemütigt und mit fast unausstehlichen Schmerzen im Knie erreichte er das Ziel weit abgeschlagen auf Platz 57, nachdem er in den Jahren zuvor nur so für Furore auf den Rennpisten gesorgt hatte: 46 Siege im Ski-Weltcup, 16 im Slalom, 11 in der Kombination, 9 im Super-G, 7 im Riesenslalom und 3 in der Abfahrt; 5 Gewinne des Gesamt-Weltcups, 4 im Kombinations-Weltcup, 3 Titel im Super-G- und im Spezialslalom-Weltcup, zweimal Abfahrts-Weltcupsieger, ein Gesamterfolg im Riesenslalom-Weltcup; 4 Gold-, 4 Silber- und 3 Bronzemedaillen bei Weltmeisterschaften; 2 Silbermedaillen bei den Olympischen Spielen in Albertville (Riesenslalom und Super-G) und 6 Titel als „bester Sportler des Jahres“ (1988, 1989, 1991, 1993, 1994, 1996).

Nichts zu ernten

Vor dem Krieg war Luxemburg nur zweimal bei den olympischen Winterspielen vertreten. Im Jahr 1928 in Sankt Moritz klassierte sich die Bob-Mannschaft mit Kapitän Marc Schoetter, den Titularen Raoul Weckbecker, Willy Heldenstein, Pierre Kaempff und Auguste Hilbert (Bremser) sowie Ersatzmann Jules Michels auf dem 20. Rang von 23 teilnehmenden Teams. Dabei erlitt Bremser Hilbert einen Rippenbruch.

Nicht viel besser sollte es den Luxemburgern bei den Spielen von Garmisch-Partenkirchen 1936 ergehen. Raoul Weckbecker nahm sowohl an der Abfahrt als auch (mit Géza Wertheim) am Zweierbob-Wettbewerb teil. Im Abfahrtslauf stürzte er und brach seine Skier, beim Bobfahren war der zweitletzte Platz nicht zu vermeiden.

Marc Girardelli
Marc Girardelli

Ähnlich wie die Mannschaft Weckbecker-Wertheim musste auch das zweite eingeschriebene Team Henri Koch – Bib Wagner seinen Bob an Ort und Stelle mieten. Schon beim Training flog das Gefährt aus der sogenannten Bayernkurve. Auch im Wettbewerb sahen die Luxemburger das Ziel nicht.

Nach Garmisch-Partenkirchen dauerte es ganze 52 Jahre (!), bis unser Land wieder einen Teilnehmer zu Olympischen Spielen schickte.

Zweimal gestürzt

In Sarajevo 1984 war Marc Girardelli noch nicht dabei, weil er die Luxemburger Nationalität nicht besaß. Im Jahr 1988 aber ging er in Calgary auf die Schneepisten, obwohl er nach einigen Verletzungen nicht im Vollbesitz seiner Kräfte war. Im Abfahrtslauf klassierte er sich auf Platz 9, im Riesenslalom auf Rang 20. Im Spezialslalom schied er aus, was hierzulande als große Enttäuschung angesehen wurde.

Auch die Spiele von Albertville, die am 8. Februar 1992 eröffnet wurden (morgen Dienstag ist es genau 30 Jahre her), schienen Marc Girardelli anfangs nicht gut gesinnt zu sein. Sowohl in der Abfahrt als auch in der Kombinationsabfahrt flog er an der „Face de la Bellevarde“ in Val d’Isère zweimal aus dem Rennen. Beim ersten Wettbewerb gelang es ihm nicht, die langgezogene „Virage du pilône“, die normalerweise mit 90 km/h durchfahren wird, zu meistern, tags darauf scheiterte er auf der verkürzten Strecke an der „Goulet de l’ancolie“.

In dieser Schlucht, die in den Parcours eingebaut wurde, um die wildschönen Akeleien am Hang zu schützen, raste Girardelli in die am Felsen liegenden Sandsäcke und blieb nach einem spektakulären Sturz wie durch ein Wunder (fast) unverletzt auf dem Rücken liegen.

Doppelt versilbert

Die Enttäuschung war riesig. „De toutes les désillusions de la journée, ce fut sans doute la plus muette et la plus douloureuse, celle d’un grand champion poursuivi par la guigne“, schrieb die französische Tageszeitung Le Monde am Tag danach.

Voller Frust zog sich Marc Girardelli für fünf Tage zurück, er verschwand von der Bildfläche, um seinen geschundenen Körper auszuheilen und sich mental auf die nächste Prüfung vorzubereiten. Beim Super-G funktionierte es dann, denn hinter dem norwegischen Olympiasieger Kjetil André Aamodt sprang ein zweiter Rang heraus. Nur 73 Hundertstelsekunden trennten beide Konkurrenten im Ziel.

Im Riesenslalom peilte Marc Girardelli erneut Gold an. Diesmal aber war der Italiener Alberto Tomba („Tomba la bomba“) um 32 Hundertstel besser als der Luxemburger. Bei der Medaillenüberreichung fehlte Girardelli. Es hieß, er habe sich im Hinblick auf den noch bevorstehenden Spezialtorlauf ärztlich behandeln lassen.

Auch in dieser Disziplin währte der Traum vom obersten Treppchen des Podiums nicht lange; mit der besten Zwischenzeit fädelte Girardelli im ersten Durchgang am vorletzten Tor ein.

Knapp vorbei

Bei den Spielen von Albertville musste sich der Luxemburger, der in allen alpinen Wettbewerben als Anwärter auf die Goldmedaille galt, am Ende also mit doppeltem Silber zufriedengeben.

Weil das IOC beschloss, die Olympischen Winterspiele fortan mit zwei Jahren Abstand zwischen die Sommerspiele zu verlegen, durfte Girardelli 1994 ein drittes Mal bei Olympia starten. Doch auch in Lillehammer wurde ihm ein Platz auf dem höchsten Treppchen verwehrt. Er, der Ausnahmekönner auf den Skiern, verpasste die Medaillenränge sogar in allen Wettbewerben.

In der Abfahrt musste er sich mit dem 5. Rang zufriedengeben, in der Kombination wurde er 9. und im Super-G sprang mit dem 4. Platz das undankbarste aller Ergebnisse heraus. Knappe 14 Hundertstelsekunden lag er in dieser Disziplin hinter seinem norwegischen Erzrivalen Aamodt.

Die Enttäuschung war komplett, als Girardelli sowohl im ersten Durchgang des Riesentorlaufs als auch im ersten Lauf des Spezialslaloms einfädelte und ausschied. Für ihn schloss sich damit das Kapitel Olympia. Ein Jahr vor Nagano zog er einen Schlussstrich unter seine überaus erfolgreiche Karriere.

juppi
7. Februar 2022 - 19.23

Den Marc hunn ech persénléch kennen geléiert zu Bödele,
hien wor een sympathischen Sportler,mais sein Herz huet
nie vir Lëtzebuerg geschloën,daat wor sein sture Papp,
do huet nëmmen den Fric gezielt, d'Geld mécht och nëtt
ëmmer gléckléch ësou wéi daat bei der Famill Giradelli den
Fall wor,mat dem Helmut konnt een séch nie ufrënden.