Montag27. Oktober 2025

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Petacchi kampflos oben aufs Podium

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RADSPORT- Ein schwerer Sturz, in den u.a. Mark Cavendish und Heinrich Haussler verwickelt waren, half dem 36-jährigen Italiener Alessandro Petacchi zu einem Etappensieg, über den er sich nicht freuen konnte. Die drei Luxemburger kamen zeitgleich im Peloton an.

Petz Lahure aus Wettingen

„Nur nicht sprinten, es riecht nach Sturz“, hatte Bjarne Riis der Saxo-Bank-Mannschaft gestern gesagt. So erzählte es Fabian Cancellara kurz nach der vierten Tour-de-Suisse-Etappe, bei der Mark Cavendish, Heinrich Haussler, Gerald Ciolek, Arnaud Coyot, Martin Elmiger und Alexandre Moos schwer stürzten.

Cancellara und seine Kollegen hielten sich also zurück, als es vorne krachte. Am Ende kam Saxo-Bank-Fahrer Matti Breschel „faute de combattants“ sogar noch auf den zweiten Rang hinter „Sieger“ Alessandro Petacchi.

„In den vielen Kurven vor der Zielgeraden war das Tempo sehr hoch“, sagte Cancellara. „Dann kommst du in die ‚ligne droite‘, und die Straße wird enger und enger. Die Sturzgefahr erhöht sich, umso mehr es viele gute Sprinter in diesem Feld gibt, die auf den Tagessieg aus sind.“

„Cav“ verließ die Linie

Das Schreckliche passierte, als Heinrich Haussler und Mark Cavendish rund 50 m vor dem Strich praktisch gleichauf Schulter an Schulter an der Spitze lagen. Cavendish verließ seine Linie zweimal (beim Einbiegen in die Zielgerade und kurz vor dem Zusammenprall), während Haussler sich mit der rechten Schulter zur Wehr setzte. Cavendish wurde von der Jury mit 30 Strafsekunden und 25 Zählern Abzug im Punkteklassement belegt.

Cavendish und Haussler fielen zu Boden, Elmiger, Moos und Coyot stürzten über sie, wobei der Franzose sich am schwersten verletzte. Ihm legte man sicherheitshalber eine Halskrause an. Cavendish kam mit Hautabschürfungen davon. Sowohl Haussler als auch Coyot wurden ins Kantonalspital von Baden eingeliefert. Haussler musste am Ellenbogen genäht werden und wird heute nicht mehr an den Start der 5. Etappe gehen. Von Coyot war bei Redaktionsschluss dieser Seite nichts Genaueres gewusst.

In dem chaotischen Sprint konnte Alessandro Petacchi nach rechts ausweichen und den Sturz vermeiden. „Ich war weit hinter den Spitzenleuten“, sagte der Italiener bei der Pressekonferenz. „Ich hätte nie gewinnen können.“

Es war fast 19.00 Uhr am Dienstagabend, als das Peloton mit den drei Luxemburgern Kim Kirchen (Platz 20), Andy Schleck (32.) und Frank Schleck (50.) in die Tägerhardstrasse in Wettingen einbog, um sich den Tagessieg streitig zu machen. Bei anderen Rennen liegen die Fahrer um diese Zeit längst auf der Massagebank oder sitzen am gedeckten Tisch. Nur bei der Tour de Suisse will man hiervon nichts wissen. Die Organisatoren halten sich ans Fernsehen, aber den Fahren sind die Sendezeiten oft schnuppe. Und so kann es vorkommen, dass die Siegerehrungen nicht mehr über den Schirm flimmern, obwohl die Organisatoren, vor allem aber die Sponsoren besonders scharf auf diese Werbung sind. Was die Tour de Suisse mit der rechten Hand verbessert, macht sie also mit der Linken gleich wieder zunichte. Zusatzschlaufen wie in Schwarzenburg oder Wettingen machen die Etappen äußerst attraktiv und sprechen die Zuschauer an. Späte Ankunftszeiten dagegen verderben so manchem den Spass.

Fast die ganze gestrige Etappe stand im Zeichen von Brice Feillu, der sich schon nach zehn km aus dem Staube machte und allein durch das Schweizer Mittelland preschte. Der 24-jährige Franzose aus Châteaudun vergrößerte seinen Vorsprung auf der relativ flachen Strecke zusehends und lag nach nur 50 km rund 9 Minuten vor dem Feld.

Die Reaktion war eher halbherzig. Niemandem war daran gelegen, den Franzosen schnell zu stellen. So strampelte Feillu weitere 100 km durch die Landschaft. Bei der ersten Passage auf dem Regensberg (644 m) lag der Franzose immer noch 2’30“ vorn. Der 2,8 km lange Anstieg (max. 10 Prozent) dürfte Acacio Da Silva in bester Erinnerung sein, denn der „Luxemburger Portugiese“ fuhr 1984 als Erster über den Gipfel.

Als man im Feld unter dem Impuls der Euskaltel-Mannschaft endlich fester in die Pedalen trat, war es um Feillu geschehen. Der Franzose wurde 25 km vor dem Zielstrich eingefangen. Danach versuchte es sein Mannschaftskollege Wouter Poels, danach der Belgier Philippe Gilbert und der Kanadier Ryder Hesjedal. Letzterer trotzte dem Gegenwind recht lange, obwohl er von der Meute gejagt wurde.

In Zielnähe übernahmen wieder die Columbia-Fahrer das Zepter, um ihren schnellen Mann Mark Cavendish in Position zu bringen. Auch Kim Kirchen zeigte sich vorne. Er arbeitete für Robbie McEwen, der bereits sieben Mal bei der Tour de Suisse auf dem Siegerpodest stand. Schließlich endete die Etappe im allgemeinen Chaos (siehe oben), wobei Tony Martin sein Leadertrikot mit Erfolg verteidigte. In der Gesamtwertung ist Frank Scheck 7. (auf 13″), Andy Schleck 27. (auf 37″) und Kim Kirchen 60. (auf 3’13“).

Die heutige 5. Etappe führt über 172,5 km von Wettingen nach Frutigen. Bei km 116 müssen die Konkurrenten über den Schallenberg (1.167 m, 2. Kat.), ehe zehn km vor dem Ziel der Aeschi (861m, 3. Kat.) ansteht.