Peking 2008 / Judo: Erst chancenlos, dann kampfstark

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Nach einem ernüchternden Beginn hat Marie Muller sich im Laufe des olympischen Judo-Turniers gesteigert und ihre Kampfkraft unter Beweis gestellt. Unter dem Strich steht ein geteilter 9. Platz nach einem Sieg und zwei Niederlagen. Aus Peking berichten Philip Michel (Texte) und Roland Miny (Fotos)

Nach einem ernüchternden Beginn hat Marie Muller sich im Laufe des olympischen Judo-Turniers gesteigert und ihre Kampfkraft unter Beweis gestellt. Unter dem Strich steht ein geteilter 9. Platz nach einem Sieg und zwei Niederlagen.

Aus Peking berichten Philip Michel (Texte) und Roland Miny (Fotos)

Dabei hatte Muller sowohl Pech als auch Glück, in der ersten Runde auf die Algerierin Soraya Haddad zu treffen.
Absolut chancenlos gegen die ebenso kompakte wie kräftige Nordafrikanerin kassierte Muller bereits nach 18 Sekunden den ersten Yuko, anschließend noch einen Koka. Nach einem doppelten Wazari war der Kampf nach nur 2:21 Minuten bereits zu Ende. Muller hatte es nicht geschafft, Haddad auf Distanz zu halten. „Ich wusste, dass sie schnell ist. Doch ich habe zu lange gewartet, um selber aktiv bzw. aggressiv zu agieren“, so die enttäuschte Marie Muller nach ihrem ersten Auftritt.
Zu diesem Zeitpunkt wusste sie noch nicht, dass sie eine zweite Chance erhalten würde. Denn die spätere Bronzegewinnerin Haddad (Gold holte die Chinesin Dongmei Xian) ließ sich von niemandem stoppen und stürmte ins Halbfinale vor. So durfte Muller in der Trostrunde antreten.
Nach der Enttäuschung im ersten Kampf hatte sich die junge Luxemburgerin, mit einer Wildcard ins Feld der 22 weltbesten Judokas unter 52 kg gerutscht, gegen die Senegalesin Hortance Diedhiou viel vorgenommen.
Und es war eine ganz andere Marie Muller, die in der nur spärlich gefüllten Judohalle die Matte betrat. Von Beginn an setzte sie ihre Gegnerin unter Druck. Nach einem Koka auf beiden Seiten dann die entscheidende Szene nach 3:42. Mit einem Hüftfeger (Harai Goshi) legte Muller Diedhiou aufs Kreuz und gewann durch Yuko. „Marie hat den Kampf durchgehalten, was auch vom Kopf her nach der Auftaktniederlage nicht einfach war“, analysiert Trainer Ralf Heiler, „die Gegnerin war zwar kräftig, aber technisch etwas unausgereift. Das hat Marie ausgenutzt.“
Die Pflicht war getan, der Rest war Kür. Aber auch in der zweiten Runde hielt Muller gegen die favorisierte Kyungok Kim lange gut mit. Nach vier Sekunden war die 23-Jährige durch Koka mit 1:0 in Führung gegangen und hielt diesen Vorteil bis eine Minute vor dem Ende des 5-Minuten-Kampfes. Bravourös hatte sie sich zuvor einige Male aus der Umklammerung der Koreanerin gelöst, doch dann musste sie den entscheidenden Yuko hinnehmen. Muller versuchte bis zum Schluss alles, vergebens.
Hätte sie den Kampf gewonnen, dann wäre sie nur noch einen Sieg vom Duell um die Bronzemedaille entfernt gewesen. Es sollte nicht sein. „Schade, dass es so knapp ausgegangen ist. Aber generell bin ich froh, einen Kampf gewonnen zu haben. Nach der Niederlage gegen Haddad habe ich gedacht, jetzt hast du dich so lange auf nur einen Kampf vorbereitet, so viel getan für so wenig. Doch glücklicherweise bekam ich noch eine Chance“, so die zufriedene Marie Muller nach getaner Arbeit. Trainer Ralf Heiler bedauerte, „dass wir nicht mehr Zeit zur Vorbereitung hatten. Denn zur Weltspitze fehlt Marie noch ein bisschen.“
Was nicht ist, kann ja noch werden, jedenfalls hat Marie Muller in Peking „olympisches Blut geleckt“: „Ich werde jetzt erst mal Olympia genießen und mit meiner Mutter, meinem Bruder und meiner Schwester etwas Tourismus machen. Dann schauen wir weiter. Aber wenn man einmal hier war, dann will man das nächste mal wieder her.“
Demnach Rendezvous 2012 in London.

Das Ergebnis

1. Runde: Soraya Haddad (ALG) besiegt Marie Muller (LUX) nach 2:21 Minuten Kampfzeit
Trostrunde, 1. Runde: Muller gewinnt gegen Hortance Diedhiou (Senegal) nach 3:42
2. Runde: Kyungok Kim (KOR) besiegt Muller nach 5:00
Das Schlussklassement
(22 Judokas)
Gold: Dongmei Xian (China)
Silber: Kum Ae An (Korea)
Bronze: Soraya Haddad (Algerien) und Misato Nakamura (Japan)
5. Sholpan Kaliyeva (Kasachstan), 5. Kyungok Kim (Korea), 7. Ilse Heylen (Belgien), 7. Ana Carrascosa (Spanien), 9. Marie Muller (Luxemburg), 9. Telma Monteiro (Portugal), Romy Tarangul (Deutschland), Flor Angela Velasquez Artahona (Venezuela