Montag27. Oktober 2025

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Progrès NiederkornOlivier Thill über seine Karrierepläne: „Ich bin nicht täglich mit Agenten am Telefon“

Progrès Niederkorn / Olivier Thill über seine Karrierepläne: „Ich bin nicht täglich mit Agenten am Telefon“
Olivier Thill sehnte sich nach mehr Zeit für die Familie Foto: Editpress/Gerry Schmit

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Die internationale Karriere von Olivier Thill begann 2018 aufgrund einer Europa-League-Kampagne mit Progrès Niederkorn. Nach mehreren Auslandsstationen kehrte der 28-Jährige in diesem Sommer zurück in die Heimat. Ob es ihn noch einmal in die weite Welt zieht, weiß der Kapitän zu diesem Zeitpunkt noch nicht.

Tageblatt: Wie hat sich das erste Pflichtspiel seit Ihrer Rückkehr nach Niederkorn angefühlt?

Olivier Thill: Es hat mich gefreut. Am Ende war es natürlich ein wenig bitter, ohne Punkte dazustehen. Aber dass es Spaß mit diesem Team machen würde, hatte sich schon in den Wochen vorher bei der Vorbereitung angedeutet. Zudem war die Integration einfach, da ich noch viele Spieler kannte. Wichtig ist auch, dass meine Familie hier ist: Es ist alles viel einfacher.

Waren das auch die Gründe, die Sie zu dieser Wahl bewegt haben?

Ich hatte ein paar schwierigere Phasen in der Ukraine, weil ich meine Familie nicht oft sah. Deshalb war es eine bewusste Wahl, zurückzukommen. Ich wollte mich wieder in ein normales Leben akklimatisieren. Mittlerweile sehe ich, dass es die richtige Entscheidung war. Wir sind als Familie erreichbar, wir sehen unsere Eltern und sind flexibel. Ich bin als Vater präsenter. Das wirkt sich positiv aus. Wir genießen unser Leben jetzt wieder.

Wann hatten Sie zuletzt zwei Kopfballtore erzielt?

Während meiner letzten Saison in der Türkei (2023/24) hatte ich insgesamt zwei Tore erzielt, das war auch beide Male nach Ecke per Kopf. Aber ich glaube, dass ich schon auf Statistiken aus meiner Jugend zurückgreifen müsste, als es zwei in einem Spiel waren. Persönlich bin ich mit meiner Leistung zufrieden, obschon ich auch bemerkt habe, dass ich in den letzten 20 Minuten schwere Beine hatte. Das war schon überraschend. Es ist einfach schade, dass wir uns nicht für unsere erste Halbzeit belohnt haben. Progrès ist eine interessante Mannschaft. Wir werden zusammen noch viel Freude in dieser Saison haben. Zudem war ja nicht alles schlecht und es lässt sich auf unserer Leistung aufbauen. Wir können viel Positives aus dem Spiel herausziehen. Individuelle Fehler gehören nun einmal zum Fußball dazu. Es war allerdings ein ungünstiger Zeitpunkt, weil wir sie selbst wieder hereingebracht hatten, nachdem wir sie in den 45 Minuten an die Mauer gespielt haben. Ich bleibe aber ganz optimistisch: Solche individuellen Fehler werden uns ja auch nicht jede Woche unterlaufen. 

Wie sehen Sie Ihre Rolle in dieser Mannschaft?

Es ist mir schon bewusst, dass ich eine wichtige Rolle habe. Ich komme aus dem Ausland zurück und bin auch viel erfahrener geworden. Der Trainer verlangt es, dass ich diese Führungsrolle übernehme. Und das ist auch mein eigener Anspruch. Ich gehe mit gutem Beispiel voran.

Wie äußert sich das?

Ich habe gelernt, in verschiedenen Situationen anders zu reagieren. Es ist generell ein anderes Verständnis für Dinge oder die Art, wie ich meinen Standpunkt bei Trainern ausdrücke. Ich kann mich gleichzeitig in die Lage der jungen Spieler hineinversetzen, auf sie eingehen und ihnen Sachen erklären. Das ist jedenfalls das, was ich in den letzten Jahren gelernt habe.

Sie haben sich lange Zeit gelassen, bevor Sie in Niederkorn unterschrieben haben. Welche Optionen hatten Sie im Sommer?

Es war mein Plan, mir damit Zeit zu lassen. Es war von vornherein klar, dass ich in Niederkorn bleiben würde, wenn sich nichts Passendes finden würde. Die meisten Angebote habe ich abgelehnt. Es waren Länder wie Rumänien, Bosnien oder Serbien. Bevor ich nochmal die Koffer packen würde – und diesmal als Familie – muss es finanziell und sportlich passen. Wir müssen auch nicht unbedingt wieder weg. Ich wollte mir die Türen offenhalten. Jetzt freue ich mich jedenfalls auf eine gute Saison in Niederkorn.

Progrès-Präsident Thomas Gilgemann schloss im Vorfeld der Saison nicht aus, dass Sie noch vor dem Ende der internationalen Transferperiode ins Ausland wechseln würden. Ist das weiterhin ein Thema?

Ich bin jedenfalls nicht täglich mit Agenten am Telefon. Ich bin entspannt. Wenn nichts kommt, ist es in Ordnung. Am Ende des Tages geht es meiner Familie gut. Ich zerbreche mir den Kopf nicht über Dinge, die vielleicht nicht eintreffen. Theoretisch könnte ich aber noch wechseln, das stimmt.

Wie erleben Sie die Zeit in Luxemburg nach anderthalb Jahren bei LNZ Cherkasy in der Ukraine?

Ich will jetzt aus allem das Beste machen. Ich hatte mit mir zu kämpfen und habe im Ausland auch bittere Dinge erlebt. Jetzt versuche ich, aus allen Lebenslagen das Beste rauszuziehen. Ich bin im Reinen mit meinem Leben. 

Was haben Sie sich für die nächsten Monate vorgenommen?

Der Mannschaft helfen, wie es nur möglich ist. Ich komme nicht zurück mit dem Ziel, unbedingt 20 Tore zu schießen. Ob es am Ende fünf oder sechs sind, macht keinen Unterschied. Ich versuche, mit gutem Beispiel voranzugehen. Der Verein hat viel Potenzial. Es wäre toll, wenn wir es schaffen würden, europäisch zu werden. Mein ganzes Leben hat sich durch diese Duelle verändert. Es kann ganz schnell im Fußball gehen – und zwar in beide Richtungen. Das große Ziel ist es, in den nächsten Jahren einen Meistertitel mit Niederkorn zu gewinnen. 

Letzte Frage: Welche Erinnerungen haben Sie an den Progrès von 2018 – und wo steht der Verein heute?

Wir versuchen gerade wieder, zu der Philosophie aus diesen vergangenen Zeiten zurückzukehren. Wir waren damals ein Team, das Spaß hatte. Wir waren Freunde. Das ging in den letzten Jahren etwas verloren, aber jetzt wird sehr darauf gepocht. Wir sind eine Mannschaft, die lacht und gerne Zeit zusammen verbringt. Es werden auch schwierigere Phasen kommen. Dann ist es wichtig, eine Einheit zu sein. Der offensive Fußball, den der Trainer (Vivian Reydel) sehen will, liegt mir. Manchmal ist das mit Risiken verbunden, aber es bereitet mir viel Spaß, weil wir Ballbesitz-orientiert agieren. Er lässt uns viel freien Raum, er will Variation. Ich finde, dass er gute Ideen hat und das gut umsetzt. Ich kann jedenfalls nichts Schlechtes über ihn sagen.