Freitag24. Oktober 2025

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WintersportNorweger-Betrug erschüttert Skispringen

Wintersport / Norweger-Betrug erschüttert Skispringen
Ein dunkler Schatten liegt derzeit über dem Skispringen  Foto: AFP/Jonathan Nackstrand

Die Nordische Ski-WM endet mit einem handfesten Skandal. Die Skisprung-Familie streitet nicht nur um Anzüge und Nähte – sondern um systematischen Betrug. Norwegen kündigt Konsequenzen an.

Der nordische Skisport befindet sich pünktlich zum Ende der WM in Trondheim mal wieder inmitten eines riesigen Skandals und muss in den kommenden Monaten womöglich ein systematisches Betrugssystem im Skispringen aufdecken.

Großer Aufreger sind mehrere anonyme und verwackelte Videos aus der Anzugschneiderei der Norweger. Der Vorwurf: Die Top-Nation aus Skandinavien hat wissentlich und im Beisein von Chefcoach Magnus Brevig Anzüge manipuliert und sich so einen unzulässigen Vorteil verschafft. Sportdirektor Jan Erik Aalbu gestand am Sonntagnachmittag mit Blick auf die illegal veränderten Anzüge von Marius Lindvik und Johann André Forfang wissentliches Fehlverhalten.

Das Ausmaß der Betrügerei ist aber weiterhin unklar. Denn: Aalbu erklärte, er selbst habe von den Praktiken vorab nichts gewusst. Auch konkrete Konsequenzen konnte der Funktionär nicht benennen. Er bestätigt zwar, dass der WM-Skandal intern Folgen haben werde. Es sei aber noch zu früh, um zu sagen, welche. Laut Aalbu waren nur die vom Weltverband FIS überführten Anzüge von Lindvik und Forfang manipuliert – und nur für dieses eine Springen. Wirklich glaubwürdig wirkten diese Aussagen nicht.

Den Betrug hatten die Rivalen schon am Samstag vermutet. Doch was bringt eine Manipulation eines Anzugs eigentlich? Die Norweger haben eine nicht erlaubte Naht angebracht, die für mehr Stabilität sorgen soll. 

„Wie Doping“

Die zusätzliche Stabilität hilft den Springern beim Fliegen in der Luft. „Anscheinend haben sie vom Knie weg bis zum Schritt auf der Innenseite ein steifes Band eingenäht – das ist nicht erlaubt und das bewirkt eher, dass es steifer wird“, beschrieb Österreichs Cheftrainer Andreas Widhölzl. Norwegens Aktion sei zwar „clever, aber nicht im Reglement drin“.

Die sonst so geschlossene Skisprung-Familie zerlegte sich an einem denkwürdigen WM-Samstag selbst. Beziehungsweise: Alle Nationen attackierten die schwer im Verdacht stehenden Norweger. „Es ist für mich eine Verarschung. Es ist eine klare Manipulation und klarer Sportbetrug, ähnlich wie Doping“, wetterte Polens Cheftrainer Thomas Thurnbichler. Mit seinem Trainerkollegen Brevig rede er derzeit nicht mehr, fügte Thurnbichler an.

Polen, Slowenien und Österreich forderten nicht nur einen Ausschluss vom letzten Einzel, sondern auch eine Annullierung aller norwegischen Ergebnisse bei den Titelkämpfen von Trondheim. Der famose WM-Titel des Slowenen Domen Prevc ging inmitten der massiven Turbulenzen komplett unter.

Neben dem norwegischen Sprung-Team gab auf der größten Bühne des Sports auch die FIS um Rennleiter Sandro Pertile und Material-Kontrolleur Christian Kathol ein schlechtes Bild ab. Kathol sagte vor dem Wettbewerb noch, alle Anzüge seien gecheckt und für regelkonform befunden worden. Dann folgten nacheinander die Disqualifikationen für Kristoffer Eriksen Sundal, Forfang und Lindvik, der eigentlich Silber gewonnen hätte. (dpa)