Freitag7. November 2025

Demaart De Maart

COSL-SportdirektorNach zehn Olympischen Spielen ist für Heinz Thews Schluss: „Es hat Spaß gemacht!“

COSL-Sportdirektor / Nach zehn Olympischen Spielen ist für Heinz Thews Schluss: „Es hat Spaß gemacht!“
Heinz Thews  Archivbild: Editpress/Didier Sylvestre

Jetzt weiterlesen!

Für 0,99 € können Sie diesen Artikel erwerben:

Oder schließen Sie ein Abo ab:

ZU DEN ABOS

Sie sind bereits Kunde?

Seit den Millennium-Spielen in Sydney war Heinz Thews als „Directeur technique“ des COSL nicht mehr aus der luxemburgischen Delegation wegzudenken. Nun reicht er sein leidenschaftlich loderndes Feuer weiter.

Heinz Thews stand schon immer für Pioniergeist und beharrliches Arbeiten. Dies bewies er bereits 1969. Damals gründete er mit Freunden in seiner norddeutschen Heimat Holtum nahe Bremen einen Tischtennisverein. Fast acht Jahre lang war er dort Spielertrainer. Über einige Stationen lockte 1982 dann eine spannende neue Aufgabe: Nationaltrainer beim kleinen westlichen Nachbarn, Luxemburg. Der Rest ist Geschichte. Seine Geschichte. Denn zwei Jahre hatte Thews angedacht – es wurden 20. Ebenso lange, wie er anschließend Technischer Direktor beim COSL blieb.

Er war in den vergangenen Jahrzehnten Teil der Luxemburger Sportgeschichte. Sein unwahrscheinlichstes Vermächtnis ist eine Dame: Ni Xia Lian. Fünffache Rekordolympionikin und kürzlich in Houston mit Sarah de Nutte Bronzemedaillengewinnerin bei der Tischtennis-WM. Als Nationaltrainer holte er mit dem damaligen Vereinspräsidenten Pierre Kraus die damals 27-jährige ehemalige Weltmeisterin als Spielertrainerin nach Ettelbrück. 1996 durfte Ni mangels Pass nicht zu den Spielen und wollte eigentlich aufhören, aber Thews überzeugte sie, am prestigeträchtigen Top-zwölf-Turnier in Charleroi (B) teilzunehmen. Sie gewann und gewinnt immer noch. 2000 bei den Olympischen Spielen in Sydney waren beide dann erstmals dabei.

Mehr Stärken als Schwächen

Viele Stunden und nahezu 40 Jahre lang beantwortete Heinz Thews die Fragen der Luxemburger Presse (hier im Gespräch mit dem ehemaligen Tageblatt-Mitarbeiter Charles Koster)
Viele Stunden und nahezu 40 Jahre lang beantwortete Heinz Thews die Fragen der Luxemburger Presse (hier im Gespräch mit dem ehemaligen Tageblatt-Mitarbeiter Charles Koster) Foto: Archiv FLTT

„Für mich ist er der goldene Schlüssel, ich wäre nicht hier ohne ihn. Wir arbeiten seit vielen Jahren zusammen. Eine tolle Zeit, manchmal auch hart, aber wir können immer das Beste aus einer Situation ziehen“, lobt Ni ihren ehemaligen Nationaltrainer: „Er ist sehr offen, klug und motivierend. Er macht einen tollen Job mit einer außergewöhnlichen Langzeitplanung. Dass das luxemburgische Tischtennis und der allgemeine Sport stärker und stärker werden, ist sein Verdienst.“

Die grauen Haare habe er bereits als Trainer bei einer deutschen Frauen-Bundesliga-Mannschaft bekommen, erzählte Thews gerne mit einem Lachen. Im Herzen ist er immer vorbildlicher Trainer geblieben: Der Athlet steht für ihn an erster Stelle. Erst nachdem sein Team von der Abschiedsfeier in Peking wieder gut im Athletendorf untergebracht war, hatte er Sonntagnacht um zwei Uhr morgens Zeit. Während seiner letzten olympischen Pressekonferenz am Freitag richtete Thews zuvor schon dankende Worte an die Presse: „Es hat Spaß gemacht!“

Er versicherte: „Mir war bei der tollen Abschlussveranstaltung klar: So erlebe ich das nicht wieder. Aber es hat alles seine Zeit und man muss das körperlich schaffen. Eine Unterstützung und keine Last sein.“ Schon zwei Stunden nach dem längeren Gespräch war der Aufbruch zum Rückflug. Auch wenn er mittlerweile etliche intensive Wochen – fast ein halbes Jahr – in olympischen Dörfern auf vier Kontinenten verbrachte, so lassen sich ihm wenige persönliche Anekdoten entlocken.

Lieber redet Thews über Sport und vor allem über sein Team: „Die Olympischen Spiele waren immer ein Highlight. Man lernt seine Athleten und Trainer auch nirgendwo so gut kennen wie hier. Und ich muss sagen, ich habe viel mehr Stärken als Schwächen gesehen. Es ist was Tolles, so viele Menschen um einen zu haben, denen ich blindlings vertrauen kann.“

Heinz Thews bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro
Heinz Thews bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro Archivbild: Editpress/Jeff Lahr

In die Kritik an zu großen, zu kommerziellen Spielen stimmt er nicht mit ein. Aber er sei ein Fan, wenn Sportstätten mit viel Geschichte verbunden sind, so wie in London Wimbledon, in Paris Roland Garros, in Los Angeles die berühmte Basketballhalle oder das altehrwürdige olympische Coliseum. Gut findet Thews auch, wenn in China tolle Verkehrsinfrastruktur oder in London ein Wohnviertel („unser altes Büro ist mittlerweile ein Irish Pub“) auf dem ehemaligen olympischen Gelände entsteht. „Man weiß nie, was daraus wird. Mir tut weh, was in Athen passiert ist. Und nachher musste noch die Bevölkerung viel mit Steuergeld beitragen.“ Ebenso übernachtete er 2018 auf dem Weg zu den Jugendspielen noch mal in Rio und findet: „Da kriegt man feuchte Augen, wenn man sieht, wie auf den Plätzen, auf denen uns Gilles Muller diese tollen Spiele lieferte, ein Rasenmäher nicht mehr durchs Unkraut käme.“

Thews prägten bei den verschiedenen Olympischen Spielen aber vor allem die Leistungen der Athleten. Von Ausnahmeerscheinungen wie Usain Bolt, aber auch nationale Topleistungen. Schon in der Pressekonferenz hatte er erklärt, wie sehr er bedauere, dass durch „closed loop“ die Delegation nicht einmal zu der 30 Minuten entfernten Stelle an der Chinesischen Mauer fahren konnte, wo Andy Schleck 2008 auftrumpfte.

Ein Vorreiter in allen Bereichen

„2000 hatten wir den sensationellen zehnten Platz von Nänz (Nancy Kemp-Arendt), damit fing alles an. 2004 hatte Kim (Kirchen) bei seinem sechsten Platz in Athen bis zum Schluss Medaillenchancen. Andys (Schleck) vierter Platz, die zwei Kämpfe von Marie Muller um eine Medaille, die 2012 unsere gesamte Planung in London über den Haufen warfen.“

Thews sei fest davon überzeugt, dass Luxemburger in der Weltspitze sein können. Eigentlich habe man immer den einen oder anderen Athleten dabei, der eine Top-Platzierung oder sogar Medaille schaffen könnte, und das müsse das Ziel sein. 2016 in Rio waren das etwa Christine Majerus oder auch Gilles Muller. Und in Tokio hätte Bob Bertemes seine Chancen gehabt. Mit Jenny Warling habe man einen Medaillenkandidaten in der schwierigen Qualifikation verloren. „Nervös werde ich aber nicht, wenn mal ein Wettkampf nicht klappt. Wie in Tokio Charles Grethen ist dann immer noch einer dabei, der die Kohlen aus dem Feuer holt“, freut sich Thews.

Um das olympische Feuer muss sich bereits in einem Monat beim Festival der europäischen Jugend sein Nachfolger Raymond Conzemius kümmern. Der voll des Lobes ist: „Ich ging 2002 zur gleichen Zeit ins Sportministerium, als er im COSL anfing. Wir hatten seither intensiv Kontakt, was mit all seinen – auch internationalen – Erfahrungen extrem lehrreich war. Er war quasi in allen Bereichen Vorreiter. So war er sicher einer der Ersten, die über ein Sportlyzeum nachdachten und bei dessen Entwicklung mithalfen.“

In wenigen Wochen beginnt für ihn die Rente. Wie er dem Tageblatt bereits in einem Interview verriet, ist seine Zeit nach dem COSL bereits in Planung. Eines steht fest: Zur Couch-Potato wird Heinz Thews nicht werden.