12. Dezember 2025 - 6.54 Uhr
FußballNach Attacke: Schiedsrichter will weitermachen
Carlo Cardoni kehrte am Sonntagnachmittag mit einer Platzwunde, Enttäuschung und vielen offenen Fragen zurück nach Hause. Der Unparteiische war nach seinem Einsatz bei einem Jugendspiel mit einem Holzkeil angegriffen worden. Ein U17-Spieler der Young Boys Diekirch soll nach Spielende in die Kabine gestürmt sein – wohl um sich am Schiedsrichter zu rächen: „Ich hatte den besagten Spieler nach rund einer Stunde wegen einer Tätlichkeit vom Platz gestellt. Nach Abpfiff verfolgte er mich noch bis zur Kabine. Der Sicherheitsbeauftragte der Heimmannschaft erledigte seine Aufgabe und hielt ihn davon ab, mir näher zu kommen.“
Es vergingen weitere 20 Minuten. Cardoni war gerade dabei, das Ergebnis in die FLF-Datenbasis einzugeben, als die Tür zur Schiedsrichterkabine auflog: „Ich saß am Tisch, schaute nach links …“ Der Holzkeil traf ihn in Höhe der Augenbraue. Der Polizist reagierte schnell, verfolgte den Angreifer, der sofort die Flucht ergriff. „Er lief in die Mannschaftskabine. Als ich ihn zur Rede stellen wollte, behauptete er, er sei es nicht gewesen.“
Eine Patrouille der Polizei wurde daraufhin ins Moutforter Stadion beordert. „Sein Trainer schien mit der ganzen Angelegenheit überfordert zu sein, gab aber an, das Stück Holz vorher in der Kabine gesehen zu haben.“ Ersten Aussagen zufolge soll sich der Angreifer das Wurfobjekt am nahegelegenen Weihnachtsmarkt besorgt haben. Die Beamten nahmen Personalien auf, die Delegierten von der Entente Syrdall versorgten den Verletzten, der für die weitere Behandlung, Kontrolle und Atteste noch ins Krankenhaus musste. „Am Montag habe ich bei den Kollegen in Remich Anzeige erstattet.“
Nachwuchs-Schiedsrichter: Leichte Beute?
Cardoni erhielt in den Stunden nach dem gravierenden Zwischenfall viele Nachrichten von den rund 300 Kollegen. Schiedsrichter-Obmann Alex Krüger, der vor einigen Jahren selbst von einer Dose am Kopf getroffen wurde, „hat mich sehr unterstützt“. Auf die Frage, ob solche Zwischenfälle nicht an weiteren Karriereenden im Schiedsrichterwesen schuld seien, meinte er: „Ich denke nicht, dass die Kollegen deswegen die Lust am Pfeifen verlieren. Manchmal ist es eher ein Gefühl der Resignation, beispielsweise wenn die Strafen später nicht wirklich an ein Vergehen angepasst scheinen.“
Auch mit 15 Jahren muss man wissen, dass solche Aktionen ihre Konsequenzen haben

Weshalb es für ihn in seinem Fall auch nicht viel Spielraum geben dürfte. „Es gab bereits ähnliche Situationen, bei denen der Spieler dann lebenslänglich gesperrt wurde. Auch mit 15 Jahren muss man wissen, dass solche Aktionen ihre Konsequenzen haben. Die Hemmschwelle ist inzwischen sehr, sehr niedrig.“ Gemeint sind nicht nur derartige Gewaltausbrüche, sondern auch die verbalen Angriffe: Diese hätten sich aus seiner Sicht in den vergangenen Jahren massiv gesteigert.
Besonders (junge) Nachwuchs-Schiedsrichter würden zu Beginn ihrer Karriere als leichte Beute angesehen. „Wenn man 400 Spiele gepfiffen hat, geht man anders mit gewissen Situationen um. Man versteht irgendwann auch verschiedene Schimpfwörter in den unterschiedlichsten Muttersprachen.“ Und lässt sich auch nicht mehr so schnell aus der Ruhe bringen.
Der Polizist fügte hinzu, dass es sich in seinem Fall definitiv um die Aktion eines Einzelnen handelte: „Das Spiel endete 9:0. Es war eine klare Angelegenheit, auch schon lange vor dem Platzverweis. Ich habe mich nach Abpfiff kurz mit dem Torhüter der Diekircher unterhalten, es deutete nichts auf den späteren Vorfall hin.“
Seine Motivation ist trotz allem intakt. „Ich mache weiter“, sagte Cardoni am Donnerstagmittag. „Ich habe etwas Negatives erlebt. Aber wenn jetzt noch weitere Schiedsrichter aufhören würden, dann würden bald in gewissen Alterskategorien überhaupt keine Spiele mehr gepfiffen werden. Das wäre nicht richtig: Jeder hat das Recht auf einen Unparteiischen. Zudem ist es für die Jugendlichen ja auch eine Wertschätzung.“
De Maart

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