Montag20. Oktober 2025

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NationalmannschaftLuc Holtz: „Einige Personen aus der Politik nutzen Gerson aus, um persönliche Werbung zu betreiben“

Nationalmannschaft / Luc Holtz: „Einige Personen aus der Politik nutzen Gerson aus, um persönliche Werbung zu betreiben“
FLF-Nationaltrainer Luc Holtz (M.) stellte sich allen Fragen der Journalisten Foto: Editpress/Julien Garroy

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Nervosität. Wenig Fußball. Viel emotionaler Stress. Es waren die ungemütlichsten 15 Minuten der Pressekonferenz-Geschichte seit der Eröffnung des Presseraums im Stade de Luxembourg. FLF-Nationaltrainer Luc Holtz blieb seiner Linie der letzten Tage treu, erklärte noch einmal öffentlich, wieso er einen Kollegen des Le Quotidien nicht beim „Point presse“ dabeihaben wollte. Nur am Rande – fast in Vergessenheit geraten – gab es  dabei die Information, dass mit Anthony Moris der FLF-Stammtorhüter für beide Test-Länderspiele ausfällt. 

Am Freitagabend trifft die FLF-Auswahl im Stade de Luxembourg auf Slowenien (19.00 Uhr). In normalen Zeiten wäre es bei der abschließenden Pressekonferenz von Trainer Luc Holtz in erster Linie um den Ausfall von Anthony Moris gegangen, der aus familiären Gründen kurzfristig abreisen musste. Er wird zwischen den Pfosten wohl durch Gladbach-Youngster Tiago Pereira ersetzt, der ohnehin früher oder später in die Fußstapfen des frischgekürten belgischen Meisters treten soll. Auch die Stärken des Gegners, sprich „ihre Zweikampfstärke oder das sehr gute offensive Umschaltspiel oder die Individualitäten“, hätten im Vordergrund des letztjährigen Achtelfinalisten der EM gestanden. Ein hochkarätiger Gegner – und eine echte Bewährungsprobe für die „Roten Löwen“. Selbst der Superstar der Teams, Benjamin Sesko, Stürmer von RB Leipzig, „der in jedem Spiel den Unterschied machen kann“, wäre wohl mehr in den Fokus gerückt (obwohl noch am Donnerstagabend die Bestätigung kam, dass er definitiv ausfällt).

Doch die Entwicklungen der vergangenen Tage waren nicht spurlos am Trainer und den anwesenden Medienvertretern vorbeigegangen. Zumindest aufseiten der Presse herrschte bis zur letzten Minute Ungewissheit, wie diese Fragerunde überhaupt verlaufen würde. Holtz dagegen dürfte die Wortmeldungen bezüglich seiner polarisierenden Entscheidungen erwartet haben: „Während unserer Trainingslager versuche ich weitestgehend Abstand von sozialen Medien zu halten. Leider werden aber immer wieder Dinge an mich herangetragen, was nicht zu verhindern ist“, sagte Holtz. „Ich muss aber sagen, dass der komplette Fokus auf dem Fußballplatz lag. Alles, worum sich die Öffentlichkeit oder die Presse jetzt Gedanken macht … – für die einen ist es richtig, für die anderen falsch.“

Gemeint ist damit nicht nur die Nominierung von Gerson Rodrigues, sondern eben auch der kurzfristige Ausschluss eines Journalisten beim „Point presse“ (einem neu geschaffenen Interview-Format), der in Absprache mit der FLF und dem Sportjournalistenverband sportspress.lu organisiert worden war. Demnach zwei komplett unterschiedliche Angelegenheiten, die binnen Stunden zu einer gesellschaftlichen Debatte zusammengeschmolzen sind, Politiker auf den Plan riefen und Kommentarspalten explodieren ließen.

Der Nationaltrainer wollte vermitteln, dass er aus reinem Selbstschutz gehandelt habe: „Ich habe eine persönliche Entscheidung getroffen, da es darum ging, mich zu schützen und deshalb keine Antworten mehr zu geben.“ Holtz ging sogar auf die Abläufe ein: „Ich habe unserem Pressesprecher mitgeteilt, dass ich nicht bereit wäre, mit Julien Mollereau zu sprechen. Das hat nichts mit Pressefreiheit zu tun. Ich gebe ihm keine Interviews mehr, da in der Vergangenheit zu viel vorgefallen ist und zu viele Unwahrheiten erzählt worden sind.“ Beispiele oder Beweise nannte er keine. 

Holtz konnte nur bedingt nachvollziehen, warum diese Affäre so große Wellen geschlagen hatte, sah die Schuld aber in großen Teilen bei der Presse: „Natürlich redet jetzt das ganze Land darüber – aber eben auch, weil es so dargestellt worden ist, wie es dargestellt wurde. Ich habe aus persönlichen Gründen oder Bedürfnissen gehandelt. Dann ist das so. Es sind zwei verschiedene Angelegenheiten.“ 

Laurent Jans – die wohl beste personelle Wahl, die die FLF an diesem Tag hätte treffen können – hatte den Trainer zu der doch sehr unvorhersehbaren Pressekonferenz begleitet. Wirklich zu Wort kommen konnte er zunächst nicht: „Es war die Entscheidung des Trainers“, sagte der Verteidiger in der Mollereau-Affäre, bevor Holtz unterbrach: „Die Spieler dürfen mit ihm reden, wenn sie wollen.“ Von einem Boykott der Spieler gegenüber einem bestimmten Journalisten wollte auch der Kapitän nichts wissen.

„Jeder ist fokussiert“

Der erwartete Ansturm der Medienvertreter war übrigens ausgeblieben, nur sehr wenige Stühle waren besetzt. Nachdem Holtz dem Quotidien-Vertreter mit einem lapidaren „bien“ auf den Gemütszustand von Gerson Rodrigues geantwortet hatte, war Jans gegenüber dem gleichen Journalisten weitaus gesprächiger: „Meine Rolle als Kapitän hat sich in dieser Woche nicht geändert. Ich muss für die Mannschaft da sein. Ich bin überzeugt, dass es der Gruppe gut geht. Wir haben gut trainiert und jeder war motiviert und freut sich auf die beiden Spiele.“ 

Auf die Frage, inwiefern beide Debatten die Zuschauerzahlen beeinflussen werden, meinte Jans: „Darauf kann ich nicht antworten. Wir werden versuchen, das Publikum auf unsere Seite zu ziehen. Wir möchten eine gute Atmosphäre schaffen. Ganz oft wird intern nicht so viel über diese Sachen geredet, wie man es vielleicht meinen könnte. Bislang hat kein Spieler das Gespräch mit mir gesucht, weil er durch diese Situation gestört wäre. Wir sind erfahren und wissen, wie wir uns abschotten können. Jeder ist fokussiert. Es ist wahrscheinlich normal, dass es ein Thema ist, aber innerhalb der Mannschaft ist es das nicht.“ 

Es war ohnehin nicht Jans’ Rolle, die Kaderzusammenstellung zu kommentieren, sondern die des Trainers: „Die Situation von Gerson Rodrigues ist nicht neu“, formulierte es Holtz. „Ich hatte nicht das Gefühl, dass die Spieler beim Training deswegen abgelenkt waren. Das Urteil wurde vor einem Jahr gesprochen und jetzt noch einmal bestätigt. Der Fokus lag bei uns jetzt auf dem Platz und nicht daneben.“ Geht es nach Holtz, wäre es an der Zeit, das Thema Rodrigues damit zu beenden: „Ich denke, dass heute einige Personen aus der Politik Gerson ausnutzen, um persönliche Werbung zu betreiben. Ich will den Jungen nicht zweimal bestrafen. Es gab ein Urteil – und ich denke auch, dass jeder bei sich selbst anfangen muss. Ich habe nicht alles richtig gemacht und bin auch nicht stolz darauf. Ich urteile über niemanden.“

Der einzige Satz, den wohl jeder im Saal nachfühlen konnte, fiel übrigens dann ganz am Ende einer emotionalen Pressekonferenz, als der Presse-Beauftragte Marc Diederich das Fehlen von Moris erwähnte. Dazu sagte Holtz: „Er ist wegen einer familiären Angelegenheit nach Hause gekehrt. Er muss sich um sie kümmern. Es gibt wichtigere Dinge als diese beiden Fußballspiele.“