Von unserer Korrespondentin Susanne Steffen
Ein japanisches Jungunternehmen will den Himmel über Hiroshima mit hunderten künstlich erzeugten Sternschnuppen erleuchten. Das grellbunte Spektakel soll zu einem Höhepunkt der Feierlichkeiten rund um die Olympischen Spiele 2020 in Tokio werden.
Weltweit starren Menschen in den Nachthimmel und halten Ausschau nach Sternschnuppen, um ihre Wünsche ins All zu schicken. Doch natürliche Sternschnuppen sind ein eher seltenes Phänomen, so dass so mancher Ausflug wohl erfolglos endet. Das soll sich jetzt ändern. Zumindest wenn es nach der Jungunternehmerin Lena Okajima geht, die vor sechs Jahren das Start-up ALE Co. gegründet hat, das an der Entwicklung von künstlichen Sternschnuppen arbeitet.
Satellit enthält Ausgangsmaterial
„Wir wollen eine neue Tradition des Sternschnuppenguckens schaffen“, erklärte die studierte Astronomin in heimischen Medien. Die Leute sollen in Restaurants sitzen, bei einem Glas Bier in den Nachthimmel schauen und auf Bestellung lauter bunte, superhell leuchtende Sternschnuppen bewundern können, so Okajima. Um dieses Spektakel zu ermöglichen, schickt ALE Anfang nächsten Jahres einen Mikrosatelliten ins Weltall, der rund 300 murmelgroße Pellets aus Lithium, Kupfer und anderen Stoffen enthält.
Wenn diese Kügelchen ins All geschossen werden, treten sie irgendwann – genau wie der Weltraumschrott, der natürliche Sternschnuppen hervorbringt – wieder in die Erdatmosphäre ein, wo sie verglühen. Während die wenige Zentimeter kleinen Schrottteile verglühen, erscheinen sie auf der Erde als Sternschnuppen.
Bunter als natürliche Sternschnuppen
Die größte Herausforderung für Okajima und ihre Mitstreiter war es, herauszufinden, in welcher Höhe und in welchem Moment die Pellets ins All geschossen werden müssen, damit sie zum gewünschten Zeitpunkt in die Erdatmosphäre eintreten und am gewünschten Ort sichtbar werden. Anfang 2019 soll das weltweit erste Experiment mit künstlichen Sternschnuppen über dem südwestjapanischen Hiroshima stattfinden. Die Sternschnuppen sollen in einem Umkreis von etwa 100 Kilometern sichtbar sein.
Wenn alles gut geht, werden die Sternschnuppen aus Okajimas Spezialpellets mit fünf bis zehn Sekunden viel länger leuchten als natürliche Sternschnuppen, die oft nur für Sekundenbruchteile sichtbar sind. Außerdem werden sie in verschiedenen Farben erleuchten – je nach Ausgangsmaterial. Die japanische Airline JAL, die das Jungunternehmen finanziell unterstützt, plant einen Charterflug, damit die Gäste das Spektakel aus der Nähe bewundern können.
Als Höhepunkt für Olympia geplant
Sollte das Experiment gelingen, will Okajima ihr Schauspiel auch bei der Eröffnungs- beziehungsweise Abschlussfeier der Olympischen Sommerspiele 2020 in Tokio darbieten.
Kritiker warnen jedoch, dass künstliche Sternschnuppen nicht besonders umweltfreundlich seien. Schließlich sei die Erdumlaufbahn bereits voll mit Objekten, auch mit jeder Menge Weltraumschrott. Okajima hält dagegen, dass ihr Projekt nicht nur der Unterhaltung diene, sondern auch dazu beitrage, Informationen zu sammeln, die helfen können, Wege zu finden, wie zum Beispiel ausrangierte Satelliten sicher wieder in die Erdatmosphäre geleitet werden können.
Zur Autorin
Susanne Steffen hat Ostasienwissenschaften an der Universität Duisburg studiert. Anschließend volontierte sie bei der Deutschen Welle, wo sie unter anderem Radiobeiträge und Moderationen auf Japanisch gemacht hat. Direkt nach ihrer Ausbildung erhielt sie das Angebot des japanischen öffentlich-rechtlichen Senders NHK, für vier Jahre als Austauschredakteurin nach Tokio zu kommen. Seit dem Jahr 2000 lebt sie in Tokio. Im Jahr 2004 hat sie den Medienservice JapanUpdate gegründet, mit dem sie europäische Medien bei der Japan-Berichterstattung sowie japanische Medien bei der Europa-Berichterstattung unterstützt. Darüber hinaus arbeitet sie als Japan-Korrespondentin des Focus-Magazins und seit 2009 berichtet sie für Café Europe.
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