Mit dem erhofften Ende der „Jamesmanía“ will Brasilien auf dem Weg zum Hexacampeão auch die letzten Zweifel an seiner Titeltauglichkeit beseitigen. Nach bisher wenig überzeugenden Auftritten bei der Heim-WM debattiert ein ganzes Land die nervösen Gefühlsausbrüche seiner Fußball-Helden. Im Viertelfinale am Freitag (04.07.14/22.00 Uhr MESZ/ARD) soll gegen das starke Kolumbien um Shootingstar James Rodríguez alles besser werden. Brasiliens Hoffnungsträger Neymar versuchte, das 200-Millionen-Volk hinter der Seleção zu beruhigen. „Wir haben keinerlei emotionale Probleme. Es geht uns allen gut“, erklärte der 22 Jahre alte Anführer vor dem Südamerika-Duell in Fortaleza mit bemerkenswerter Lockerheit.
Alleinunterhalter
Tatsächlich musste der Vierfachtorschütze in der Seleção bisher zu oft als Alleinunterhalter agieren. Diese Rolle hat bei Kolumbien sein gleichaltriger Gegenpart inne, der ihm mit fünf Treffern zudem den Titel des WM-Superstars streitig macht. „James Rodríguez ist ein exzellenter Spieler, ein Crack, vor allem, weil er so jung ist“, lobte Neymar.
„Ich hoffe, dass sein Zeitalter bei der WM jetzt zu Ende geht und die brasilianische Mannschaft weiterkommt.“
Der Seleção droht jedoch ein böses Erwachen mit dem dritten Viertelfinal-K.o. nacheinander. Die Kolumbianer wollen nach dem 20. Jahrestag der Ermordung ihres früheren Kapitäns Andrés Escobar weiter WM-Geschichte schreiben. Bereits der erstmalige Einzug ins Viertelfinale ist der größte WM-Erfolg der Verbandshistorie.
Höchste Chancenverwertung
Mit dem „Geist von Andrés“ soll Brasiliens Traum vom sechsten Weltmeistertitel ein jähes Ende finden. Schon einmal schickte sich eine goldene Generation an, Kolumbien ganz nach oben im Weltfußball zu katapultieren. Doch anders als Carlos Valderrama, Escobar & Co., die es 1990 nur ins Achtelfinale schafften, agiert das aktuelle Team von José Pekerman bei mehr Tempo weniger verspielt und hat mit 31 Prozent die höchste Chancenverwertung aller WM-Teilnehmer aufzuweisen.
Auch für Neymar soll die Freude am schönen Fußball im Vordergrund stehen. „Wir sollten so spielen, wie man gegen einen Freund im Hinterhof kickt“, sagte der 22-Jährige vor der Abreise in den Nordosten Brasiliens.
Beim Elfmeterkrimi im Achtelfinale gegen Chile hatten die Brasilianer viel Nerven gelassen und waren nach ihren emotionalen Ausbrüchen heftig kritisiert worden. Bisher scheinen die Spieler der Seleção bis auf Neymar und Torhüter Júlio Cesar dem Druck bei der Heim-WM nicht so richtig gewachsen. „Weniger Herz und mehr Fußball“, das räumten Cheftrainer Luiz Felipe Scolari und der Technische Direktor Parreira ein, müsse die Mannschaft nun zeigen. „Felipão“ hatte die brasilianische Mannschaft 2002 zum Weltmeister gemacht, Parreira 1994. Das Vertrauen der Profis in das erfahrene Duo ist groß, Scolari ist nun auch als Taktiker gefordert. Zumal Luiz Gustavo im „Castelão“ von Fortaleza wegen seiner Gelbsperre im defensiven Mittelfeld fehlt und wohl durch den zuletzt aus der Stammelf genommenen Paulinho ersetzt wird.
Kolumbiens Coach Pekerman kann hingegen auf seine Bestbesetzung bauen – nur einer wird für immer fehlen: Andrés Escobar.
De Maart
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