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RadsportKein Sieger nach Pro-Palästina-Protesten: Vuelta-Eklat auf Etappe 11

Radsport / Kein Sieger nach Pro-Palästina-Protesten: Vuelta-Eklat auf Etappe 11
Im Zielbereich stifteten zahlreiche Pro-Palästina-Demonstranten Chaos Foto: Ander Gillenea/AFP

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Die massive Präsenz pro-palästinensischer Demonstranten im Zielbereich hat die Organisatoren der Spanien-Rundfahrt dazu veranlasst, die 11. Etappe der Vuelta am Mittwoch in Bilbao vorzeitig zu beenden. Einen Etappensieger gab es am Mittwoch nicht. 

Es ist ein neuer Vorfall, der sich in eine ganze Serie von Protestaktionen einreiht, die die 80. Ausgabe der Vuelta seit ihrem Start am 23. August begleiten. Tag für Tag demonstrieren Aktivisten, insbesondere gegen die Teilnahme des israelischen Teams Israel Premier Tech bei der dritten großen Rundfahrt des Jahres. Am Mittwoch eskalierte die Lage, als zahlreiche Aktivisten mit Fahnen und Transparenten die Zielgerade säumten. Einige von ihnen versuchten, trotz großer Polizeipräsenz, noch vor der ersten Zieldurchfahrt des Feldes die Absperrungen zu überwinden.

Die Rennleitung reagierte prompt: „Aufgrund von Vorfällen im Zielbereich haben wir entschieden, die Zeiten bereits drei Kilometer vor dem Ziel zu nehmen. Es wird keinen Etappensieger geben“, hieß es, während das Feld noch eine zusätzliche Runde durch die baskische Stadt absolvierte. Die bei drei Kilometern vor dem ursprünglichen Ziel genommenen Zeiten wurden für die Gesamtwertung herangezogen, die weiterhin vom Dänen Jonas Vingegaard angeführt wird. „Bei der ersten Zieldurchfahrt haben wir gesehen, wie die Demonstranten versuchten, auf die Straße zu gelangen, während die Polizei sie zurückdrängte“, berichtete der zweifache Toursieger, der „enttäuscht“ war, nicht um den Etappensieg kämpfen zu können.

„Heute hat mein Sohn seinen ersten Geburtstag. Ich wollte für ihn gewinnen – das ist wirklich schade“, erklärte der Träger des Roten Trikots. Der Vorfall wirft nun viele Fragen über den reibungslosen Ablauf der kommenden Etappen auf. Zudem wächst der Druck auf das Team Israel PremierTech, sich möglicherweise von der Vuelta zurückzuziehen.

„Wir fühlen uns in Gefahr“

Schon vor dem Start hatten am Mittwoch mehrere Fahrer ihre Sorgen um die eigene Sicherheit geäußert – insbesondere nach dem Sturz eines Profis am Vortag, der durch eine ähnliche Protestaktion ausgelöst worden war. „Ich verstehe, dass die Lage schwierig ist, aber gestern (Dienstag) bin ich wegen einer Straßenblockade durch Demonstranten gestürzt. Bitte, wir sind nur Radprofis, die ihren Job machen. Wenn das so weitergeht, ist unsere Sicherheit nicht mehr gewährleistet. Wir fühlen uns in Gefahr“, schrieb der Italiener Simone Petilli in den sozialen Netzwerken.

Der Kletterer des belgischen Teams Intermarché war zu Boden gegangen, nachdem mehrere Aktivisten die Fahrbahn im vollen Tempo des Pelotons überquert hatten. „Unglücklicherweise wurde ich von einem Schlagstock eines Polizisten getroffen, der mich eigentlich schützen wollte, und kam dadurch zu Fall“, erklärte er am Mittwoch bei Eurosport. Schon beim Mannschaftszeitfahren der 5. Etappe hatten Aktivisten in Figueras (Katalonien) versucht, den Rennverlauf der israelischen Mannschaft zu blockieren.

Vuelta-Direktor Javier Guillen kündigte an, die Organisatoren würden Strafanzeige erstatten, und bezeichnete die Aktion als „Gewaltakt“. Die spanische Jugendministerin Sira Rego widersprach dem jedoch scharf: Es sei „absolut inakzeptabel“, eine „friedliche Protestaktion“ gegen ein Team, das von einem Staat unterstützt werde, dem „systematische Gewalt“ im Gazastreifen vorgeworfen wird, als „gewalttätig“ einzustufen.

Breite Solidarität mit Palästina

Ähnliche Zwischenfälle hatte es bereits beim Tour de France im Juli gegeben, als ein pro-palästinensischer Aktivist das Etappenziel in Toulouse störte, sowie beim Giro d’Italia im Mai. Doch das Ausmaß der Proteste bei der Vuelta ist ungleich größer. Die linke Regierung unter dem Sozialisten Pedro Sanchez hatte im Mai 2024 gemeinsam mit Irland und Norwegen den Staat Palästina offiziell anerkannt. Seither ist die uneingeschränkte Unterstützung der palästinensischen Sache einer der zentralen Pfeiler ihrer Außenpolitik.

Wie seine linksextremen Koalitionspartner bezeichnete Sanchez die Lage im Gazastreifen kürzlich selbst als „Völkermord“ – ein Begriff, den bislang nur sehr wenige internationale Staatschefs verwendet haben. Für diese Haltung erhielt er in den vergangenen Monaten viel Anerkennung in der arabischen Welt, erntete jedoch heftige Kritik von Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, der im Mai 2024 die israelische Botschafterin aus Madrid zu Konsultationen zurückrief.

In Spanien selbst genießt die palästinensische Sache große Popularität, vor allem im linken politischen Spektrum. In vielen Städten sind palästinensische Fahnen an Balkonen zu sehen oder werden bei Festen und Kundgebungen geschwenkt. (AFP)