Samstag1. November 2025

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„Im Radsport wurden wir sehr verwöhnt“

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Das Sportjahr 2011 war eines der erfolgreichsten, die Luxemburg je erlebt hat. Großen Anteil daran hatte mit Sicherheit auch das Profi-Radteam Leopard-Trek mit an seiner Spitze den Gebrüdern Frank und Andy Schleck sowie Fabian Cancellara.

Im großen Jahresend-Interview, welches am Samstag im Tageblatt erscheint, spricht Sportminister Romain Schneider.

Natürlich spielt das Projekt Liwingen mit dem neuen Fußball-Nationalstadion eine große Rolle im exklusiven Gespräch, aber auch alle anderen wichtigen Themen wurden angesprochen und bis ins letzte Detail beleuchtet. Den Anfang aber machen heute (Freitag 30.12.) die „Leoparden“.

Tageblatt: Herr Schneider, dieses Jahr war u.a. geprägt vom neugegründeten Luxemburger Radprofi-Team Leopard-Trek, dessen Auftritte Sie ja zum Teil auch ganz nah verfolgt haben. Was behalten Sie von seiner Premieren-Saison zurück?

Romain Schneider: „Wenn eine Mannschaft wie Leopard-Trek an den Start geht, zählt natürlich immer Platz eins. Das ist völlig normal. Das galt sowohl für das gesamte Team als auch für die einzelnen Fahrer, ob für die Gebrüder Schleck oder für einen Mann wie Fabian Cancellara. In dieser Hinsicht hat Leopard-Trek bestimmt keine schlechte erste Saison hinter sich. Leopard-Trek stand in vielen Hinsichten sehr oft im Mittelpunkt. So in den einzelnen Rennen, auch wenn nicht jedes Rennen gewonnen werden kann. Sie hatten in etwa das Los eines Fußballklubs wie Bayern München gezogen. Gegen die versucht auch jeder, mit allen Mitteln zu gewinnen. Daher sind ihre Resultate keineswegs als enttäuschend anzusehen, im Gegenteil.“

Können Sie die Enttäuschung vieler Luxemburger nachvollziehen, die das Projekt Leopard-Trek bereits als gescheitert ansehen?

„Wir Luxemburger wurden in den letzten Jahren im Bereich Radsport sehr verwöhnt. Verständlich, dass Einzelne daher auch etwas enttäuscht waren, dass es nicht immer mit den Siegen so hinhaute, wie wir es uns alle erhofft hatten. Hätten wir uns noch vor gut fünf Jahren vorgestellt, die Königsetappen einer Tour de France gewinnen zu können, in Paris als Zweiter und Dritter auf dem Podium zu stehen, dass auf der Alpe d’Huez zwei Drittel des Publikums Luxemburger sein würden, dass Liège-Bastogne-Liège von zwei unserer Fahrer animiert würde, dass wir solch ein Profiteam mit Sitz in Luxemburg haben würden … All dies müssen wir uns erst mal wieder richtig vor Augen führen. Im Radsport hat man uns im Vergleich zu vielen anderen Sportarten in den letzten Jahren wirklich verwöhnt. Im zweiten Jahr wird der Druck sicherlich nicht weniger groß sein, doch wir alle sollten die ganze Sache jetzt etwas gelassener angehen. Schließlich hat die Mannschaft bewiesen, dass reichlich Potenzial in ihr steckt. Warum also sollen ihr große Siege nicht gelingen?“

Gestärkte Wurzeln

Inwiefern hat und wird sich der Radsport, u.a. durch Zusammenschlüsse wie jetzt Leopard-Trek mit RadioShack-Nissan, verändern?

„Der Radsport hat inzwischen wirtschaftlich einen sehr großen Einfluss bekommen. Fakt ist, dass es im Radsport inzwischen weniger Sponsoren gibt und Zusammenschlüsse dieser Art nicht ausbleiben, will man weiter sieg- und konkurrenzfähig sein und bleiben. ‚Et muss een eppes op der Lee hunn, soss kënnt een net virun.‘ Das wurde bei Leopard-Trek betrachtet, um einen großen Sponsorenpool beisammen zu haben. Andere Teams wie BMC, Omega-Pharma Quick Step, Sky usw. haben nicht anders gehandelt. Wäre Leopard-Trek nicht den gleichen Weg gegangen, wäre das Potenzial, um weiter erfolgreich zu sein, sicherlich nicht mehr so groß. Wenn sich eine Option bietet, wie jetzt mit RadioShack, ja dann …“

Verstehen Sie jene, die nun den Verlust der Luxemburger Wurzeln beim neuen Team anprangern?

„Erstens ist der Sitz der neuen Mannschaft immer noch in Luxemburg. Ich sehe die Luxemburger Wurzeln im Gegenteil noch gestärkt. Dafür reicht bereits ein Blick auf die Luxemburger Fahrer, die sowohl im World-Tour-Team als auch in der Kontinental-Mannschaft Leopard-Trek in Zukunft fahren werden. In der sogenannten ersten Mannschaft sind es jetzt mit Laurent Didier drei Luxemburger, die an den Start gehen. Bei Leopard bekommen gleich vier Nachwuchstalente die Gelegenheit, sich zu entfalten. Sie können unter Bedingungen arbeiten, wie sie sie wohl nie wieder bekommen werden. Das gab es in der Form noch nie in Luxemburg und ist ein Punkt, der die ganze Struktur noch weiter stärkt. Mit diesen U23-Fahrern wird dem Radsport hierzulande geholfen, weitere Aufbauarbeit zu leisten. Viele Talente wird es anspornen, eines Tages ihr Ziel, den Sprung in diese Mannschaft, zu schaffen.“

Ist es denkbar, dass Flavio Becca auch das Velodrom in Mondorf bauen wird?

„Eine etwas provokante Frage. Ich kann mir vorstellen, dass Herr Becca mit den Erfahrungen, die er jetzt mit dem Projekt Liwingen hat machen müssen, wohl nicht gleich ein weiteres solch großes Projekt in Angriff nehmen will.“