19. Oktober 2025 - 16.21 Uhr
Motorsport„Illusion von Demokratie“: Ungleicher Machtkampf bei der FIA

Wer glaubt, nur an der Spitze der FIFA gäbe es einiges zu sehen, der sollte mal bei der FIA vorbeischauen. Der Automobil-Weltverband bekommt zwar bei Weitem nicht die Aufmerksamkeit, die den Fußballchefs um Gianni Infantino mittlerweile zuteilwird – um den Umgang mit viel Macht geht es aber auch bei den motorisierten Vertretern.
Und seit diesem Wochenende ist klar, dass bei der FIA alles beim Alten bleiben wird: Der umstrittene Mohammed Ben Sulayem wird als Präsident bestätigt werden. Dabei steht die Wahl im Dezember ja erst noch bevor.
Doch der Herausforderer Tim Mayer bestieg am Freitag in Austin mit Wut im Bauch ein kleines Rednerpult und erklärte seine Kandidatur für beendet. „Es wird keine Abstimmung zwischen Ideen geben, keinen Wettbewerb der Visionen“, sagte der Amerikaner, „es wird nur einen Kandidaten geben, und das ist keine Demokratie – das ist die Illusion von Demokratie“.
Schwund an Kandidaten
Das Problem sei das Wahlsystem der FIA, das möglichen Herausforderern von vornherein die Kandidatur verwehre. Denn jeder Interessent muss eine Liste seiner potenziellen Vizepräsidenten für den Bereich Sport einreichen, die jede der sechs FIA-Regionen repräsentieren müssen. Für den Bereich Südamerika gibt es allerdings nur eine einzige solche Kandidatin: Fabiana Ecclestone, Ehefrau des ehemaligen Formel-1-Chefs Bernie Ecclestone – und sie ist bereits Mitglied in Ben Sulayems Team.
Ganz ähnlich sei die Situation in Afrika, und Mayer wirkt einigermaßen frustriert. Wenn es nicht möglich ist, Vize-Kandidaten aus Südamerika und Afrika zu nominieren, dann ist auch eine gültige Kandidatur für die FIA-Präsidentschaft unmöglich.
Der Schwund an Kandidaten aus den FIA-Regionen ist in Zahlen darstellbar. Bei der letzten Wahl waren es noch 40, nun stehen weltweit noch 29 zur Verfügung. Mayer mag nicht an einen Zufall glauben. „Haben die Mitgliedsklubs plötzlich ihr Interesse verloren, den Sport zu gestalten? Wurden sie überzeugt, wurde ihnen etwas versprochen, wurden sie unter Druck gesetzt, damit sie sich nicht aufstellen lassen?“, fragt er. Er habe jedenfalls erfolglos versucht, Vertreterinnen und Vertreter aus Afrika und Südamerika zu überzeugen.
Die FIA ging in einem Statement nicht auf diese Andeutungen Mayers ein, stellte lediglich fest, dass das Wahlsystem in dieser Form „nicht neu“ sei. Die Wahl sei „ein strukturierter und demokratischer Prozess, um Fairness und Integrität in jeder Phase zu gewährleisten“.
Sulayems Amtszeit von Reibungen geprägt
Ben Sulayems Amtszeit seit 2021 war durchaus von Reibung und umstrittenen Entscheidungen im Umfeld des Motorsports geprägt. Der 63-Jährige geriet immer wieder öffentlich mit den Formel-1-Fahrern aneinander, Grund war im vergangenen Jahr ein scharfer Strafenkatalog.
Doch auch FIA-intern gab es Verwerfungen. In kurzer Zeit wurden führende Mitarbeiter von ihren Posten entfernt, andere traten ab. Robert Reid etwa, Vizepräsident für Sport, begründete dies mit einer „Führungskrise“ im Weltverband. Er wolle „den Mitgliedern dienen, nicht der Macht“.
Mayer, langjähriger Rennkommissar, hatte im Juli seine Kandidatur verkündet. Er beklagte einen Mangel an Transparenz, eine Zentralisierung der Macht, fehlende Kontrollmechanismen.
Man habe nun, sagte er am Freitag, „zahlreiche“ Beschwerden beim Ethik-Komitee der FIA aufgrund des Wirkens der Regierung um Ben Sulayem eingereicht. „Aber an wen werden diese Erkenntnisse dann weitergegeben?“, fragte er – und antwortete gleich selbst: „An den Präsidenten der FIA.“
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