Donnerstag30. Oktober 2025

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Radsport„Hinterlässt bitteren Beigeschmack“: Warum Mats Wenzel nach Platz 20 bei der Tour of Britain nicht ganz zufrieden ist

Radsport / „Hinterlässt bitteren Beigeschmack“: Warum Mats Wenzel nach Platz 20 bei der Tour of Britain nicht ganz zufrieden ist
Mats Wenzel (links, im grünen Trikot) fuhr bei der Tour of Britain sehr aggressiv únd lag zwischenzeitlich auf Rang vier  Foto: Equipo Kern-Pharma/X

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Mats Wenzel mischte bei der Tour of Britain (2. Pro) ganz vorne mit. Inmitten großer Namen wie Remco Evenepoel oder Julian Alaphilippe lag er zeitweise auf Rang vier, fiel am Ende jedoch auf Platz 20 zurück. Der Luxemburger zeigt sich leicht enttäuscht, richtet den Blick aber bereits auf die Tour de Luxembourg.

„Eigentlich“, sagt Wenzel, „bin ich ganz zufrieden. Aber klar, es kann nicht immer alles klappen.“ Vollkommene Zufriedenheit klingt anders. Der 22-jährige Luxemburger lag in der vergangenen Woche zwischenzeitlich sogar auf Rang vier der Tour of Britain, fiel bis zum Ende aber noch auf Platz 20 zurück. „Ein bisschen Enttäuschung ist schon dabei. Ich war so gut im Gesamtklassement – und dann wollten die Beine an einem Tag einfach nicht so, wie ich es wollte. Trotzdem bin ich sehr aggressiv gefahren und habe etwas riskiert. Leider ist es nicht so ausgegangen wie erhofft. Das Rennen hinterlässt einen bitteren Beigeschmack.“

Bei der Großbritannien-Rundfahrt, einem Rennen der ProSeries, hatte sich Wenzel einiges vorgenommen. Auf den beiden ersten Etappen, die im Sprint von Olav Kooij gewonnen wurden, erreichte er jeweils zeitgleich mit dem Tagessieger das Ziel. Richtig nach vorne brachte ihn das dritte Teilstück: Zwar kam die Ausreißergruppe, in der er 103 Kilometer verbrachte, nicht durch – doch Wenzel sicherte sich bei zwei Zwischensprints insgesamt sechs Bonussekunden. Da er am Ende erneut mit der ersten Gruppe ins Ziel kam, machte er in der Gesamtwertung einen Sprung um 65 Plätze nach vorne und lag plötzlich auf Rang fünf.

Müde Beine auf der Königsetappe

Dabei profitierte er von den Erfahrungen, die er im August bei der Arctic Tour of Norway (2.Pro) gesammelt hatte, wo er Zehnter wurde. Dort spielten Bonussekunden im Kampf um die vorderen Plätze eine entscheidende Rolle. „In Norwegen waren die ersten Zehn extrem eng beieinander. Wir dachten, dass es hier in Großbritannien ähnlich sein könnte. Also wollte ich Sekunden auf einer Etappe holen, die andere vielleicht weniger interessierte. Die Etappe war sehr kurz (122,8 km, Anm. d. Red.) und wir sind extrem schnell gefahren. Vielleicht hat das die Beine mehr ermüdet als sonst.“ 

Einen Tag später hielt Wenzel noch mit den Besten mit. Während vorne Romain Grégoire die vierte Etappe vor Julian Alaphilippe gewann, erreichte die Gruppe um Wenzel, Remco Evenepoel und Tao Geoghegan Hart das Ziel nur zwei Sekunden später. Damit kletterte der Luxemburger sogar auf Gesamtrang vier. Den Preis für die Attacke vom Vortag musste er dann allerdings ausgerechnet auf der Königsetappe am Samstag zahlen. „Leider konnte ich am Berg nicht mithalten. Die Tagesform war nicht gut. Ich hatte das Gefühl, die Beine seien nicht frisch genug. Eigentlich wollte ich passiver fahren, wurde dann aber abgehängt und war nur noch defensiv. Das hatte ich mir anders vorgestellt.“ Auf der fünften Etappe verlor Wenzel schließlich 1:07 Minuten auf Tagessieger Evenepoel. „Zweimal ging es den Berg hoch, und schon beim ersten Anstieg habe ich gespürt: Jetzt müssten die Beine kommen – sonst wird es hart. Und dann wurde es hart.“

Bei der Tour de Luxembourg dabei

Vor der Schlussetappe lag er auf Platz 20, 1:13 Minuten hinter dem Führenden Grégoire. Doch Wenzel gab nicht auf und schaffte erneut den Sprung in die Ausreißergruppe. „Am Anfang musste ich erst die Beine wiederfinden. In der Gruppe wollte ich dann die Etappe anpeilen, nicht mehr die Gesamtwertung. Es hätte fast geklappt. Groupama-FDJ (mit dem Gesamtführenden Grégoire) war daran interessiert, dass die Ausreißer durchkommen. Dann würden die Bonussekunden im Ziel an die Ausreißer gehen.“ Am Ende gewann Kooij seine dritte Etappe im Sprint, Wenzel wurde 31. Die Rundfahrt gewann Grégoire, zwei Sekunden vor Evenepoel und vier Sekunden vor Alaphilippe.

Für Wenzel steht auf dem Papier am Ende „nur“ Rang 20 bei der Tour of Britain – doch sein couragierter Auftritt über sechs Tage sollte ihm Selbstvertrauen geben. Dass er auf dem Niveau der ProSeries konkurrenzfähig ist, hat er längst bewiesen: Im vergangenen Jahr wurde er Zehnter bei der Tour de Luxembourg, in diesem Jahr wieder Zehnter bei der Norwegen-Rundfahrt. Für Wenzel, der seit Montag wieder in Luxemburg ist, heißt es nun erst einmal regenerieren. Anschließend wird er sich im Training gezielt auf das Zeitfahren vorbereiten. „Bei der Tour de Luxembourg steht ein langes Zeitfahren (26,3 Kilometer rund um Niederanven) auf dem Programm“, sagt er. „Mein Ziel ist es, meinen zehnten Platz vom Vorjahr zu verbessern.“

In seiner ersten Saison bei der spanischen Mannschaft Kern Pharma genießt Wenzel das volle Vertrauen. Sowohl in Norwegen als auch in Großbritannien durfte er auf die Gesamtwertung fahren, und auch in Luxemburg wird er um eine vordere Platzierung kämpfen. Bei der Flèche Ardennaise (1.2) sorgte er Anfang Mai mit Platz drei bereits für sein bestes Saisonergebnis. „Ich bin sehr glücklich im Team. Die Atmosphäre ist hervorragend. Ich fahre fast zu viele Rennen (lacht) – aber das ist Jammern auf hohem Niveau.“ Auch bei der Katalonien-Rundfahrt, einem der wichtigsten Rennen im Kalender der Mannschaft, setzten die Verantwortlichen auf ihn. Dort sammelte er erstmals Erfahrungen bei einem WorldTour-Rennen.

Die Tour of Britain verlässt Wenzel also mit gemischten Gefühlen: Enttäuschung über verpasste Chancen, aber auch Stolz auf mutige Auftritte. Oder, wie er selbst sagt: „Eigentlich bin ich zufrieden – auch wenn es nicht immer so läuft, wie man es sich wünscht.“ Doch die nächste Chance, es besser zu machen, steht mit der Tour de Luxembourg (17.-21. September) schon vor der Tür.