Eigentlich scheint es, als müsste Arno Wallenborn mit Platz 14 beim WM-Straßenrennen mehr als zufrieden sein. Noch zu Saisonbeginn fährt er bei kleineren Rennen in Frankreich, Belgien oder den Niederlanden mit. Nun, im September, fährt er auf der größten Bühne in die Top 15 der Welt. Doch die Ansprüche sind über die vergangenen Monate gewachsen. Beim Orlen Nations Cup in Polen fuhr er auf Platz 3 der Gesamtwertung, bei der „Course de la Paix“ wurde er Siebter. Wallenborn hat also bereits während der Saison gezeigt, dass er auch international bei den Besten mitfahren kann. Beim WM-Rennen kommt jedoch die Tatsache hinzu, dass WorldTour-Fahrer das Rennen bestreiten, was bei den Nations-Cup-Rennen nicht der Fall ist.
Weil der 21-Jährige nun eben von seiner sportlichen Leistungsfähigkeit weiß, hielt sich die Begeisterung am Freitag nach dem Rennen in Grenzen. „Ja, es war ein ordentliches Rennen“, sagt er. „Aber im Endeffekt macht mir das Wetter ein Strich durch die Rechnung. Es war von Anfang an sehr kalt. Die Strecke ist eigentlich toll, aber wirklich technisch. Die Abfahrt entscheidet sehr viel mehr, als man es bei so einem Rennen wahrscheinlich gerne hätte. Durch den Regen wird es noch gefährlicher. Wenn du einen Gullideckel erwischst, bist du weg. Sogar in den Anstiegen rutscht man darauf.“
Hohes Niveau von Beginn an
Doch von Beginn an: Die sechs FSCL-Espoirs starteten wachsam in das Rennen. Immer wieder sah man die Farben der Luxemburger, vor allem in Form von Mathieu Kockelmann, Noé Ury oder Mil Morang zu Rennbeginn. Es war von Anfang an ein Rennen auf höchstem Niveau, das es niemandem so richtig erlaubte, sich als Ausreißer vom Feld abzusetzen. Das Niveau war so hoch, dass vor der ersten von vier zu befahrenden Runden die Spitzengruppe schon stark dezimiert war. Aus luxemburgischer Sicht waren zu diesem Zeitpunkt nur noch Wenzel und Kockelmann dabei.
Doch Wenzel hatte Probleme. Der 21-Jährige, der seine Form erst vergangenes Wochenende mit Platz zehn bei der Tour de Luxembourg unterstrichen hatte, kämpfte immer wieder auf den letzten Positionen um den Anschluss der ersten Gruppe. Während Wallenborn sich zwischenzeitlich ganz vorne für kurze Zeit mit einem Franzosen absetzte, verlor Wenzel nur kurze Zeit, nachdem sein Teamkollege eingeholt wurde, den Anschluss. Wegen einer Erkältung konnte Wenzel an dem Tag sein Potenzial nicht ausschöpfen – und stieg vorzeitig aus dem Rennen aus. „Es stand 50:50, ob es heute bei Mats klappt oder nicht“, sagte Nationaltrainer Drucker. „Normal fährt Mats auch bei Arno in der Gegend. Wenn er einen super Tag hat und alles passt, fährt er hier ganz vorne mit. Es ist eine große Enttäuschung für ihn, aber das gehört zum Sport dazu.“
Wallenborn leidet in entscheidender Phase
Als die Attacken in der entscheidenden Phase losgingen, waren die Radsportler längst durchnässt. Regen, gar Hagelschauer hatten den Espoirs das Leben noch schwerer als sowieso schon gemacht. Die letztlich entscheidenden Angriffe konnte Wallenborn nicht mitgehen. „Ich habe zu diesem Zeitpunkt echt gelitten“, erklärt er. „Es hat nicht viel gefehlt, damit ich mitgehen kann. Aber ich habe gefroren. Es ist nicht so, dass die Beine nicht wollten, aber es war mir viel zu kalt. Das macht das Ganze sehr schade.“
Ganz vorne sprintete der Deutsche Niklas Behrens zum Weltmeistertitel. Im Sprint setzte sich der 20-Jährige vor dem Slowaken Martin Svrcek durch. Dritter wurde der Belgier Alec Segaert. Wallenborn hängte sich an eine Gruppe, die dann um die weiteren Platzierungen sprintete. In seiner Gruppe beendete er den Sprint als Zweiter, was unter dem Strich Position 14 ergibt, 4:43 Minuten hinter Behrens. „Als Mannschaft haben wir in der Saison gezeigt, dass wir eigentlich ganz vorne mitfahren können. Mats konnte aus Krankheitsgründen leider nicht ganz vorne mitfahren, zu zweit wäre es noch mal anders hier gewesen. Wir hätten noch aktiver sein können. Aber so ist das manchmal, man kann nicht alles planen“, erklärte Wallenborn.
Starke Saison
Wallenborn hat seinen Platz in einem Kontinental-Team für nächste Saison bereits sicher. Wohin es geht, will er noch nicht verraten. Beim WM-Straßenrennen hat er, obwohl er nicht ganz zufrieden ist, wieder auf sich aufmerksam gemacht. „Ich muss das Rennen noch mal sacken lassen und mir die Platzierung genau ansehen. Ich weiß, dass es kein schlechtes Rennen war. Aber ja … meine Saison ist jetzt vorbei.“
Nationaltrainer Drucker blickte ebenfalls mit gemischten Gefühlen auf das Rennen zurück. „Die Jungs haben am Anfang des Rennens ihre Arbeit erledigt. Der Zusammenhalt war gut. Sie sind vorne gefahren, um aus allem Schlammassel rauszubleiben – es gab einige Stürze. Das war sehr wichtig, das sieht man im Resultat nicht, aber es war heute wieder insgesamt eine gute Teamleistung. Das Niveau war sehr hoch. Aber die Jungs können mehr, vor allem Arno und Mats. Man muss eben am „Tag X“ voll dabei sein. Das war bei Mats heute leider nicht der Fall. Aber im Großen und Ganzen dürfen wir über die gesamte Saison nicht enttäuscht sein. Das Niveau unserer Espoirs ist sehr hoch. Sie sind dieses Jahr immer vorne mitgefahren, diese Leistung muss man schätzen.“
Am Ende überquerten auch Kockelmann und Kess den Zielstrich, und zwar als 67. und 76. mit 15:43 Minuten Rückstand. Ury und Morang stiegen genau wie Wenzel vor dem Ziel aus dem Rennen aus. Damit hat die FSCL drei Fahrer im Ziel und Platz 14 als bestes Resultat – und steht damit noch mit einer besseren Bilanz als andere große Nationen dar. So kam z.B. Dänemark nicht über Platz 19 (Simon Dalby) hinaus, die Franzosen mussten sich mit dem enttäuschenden Platz 27 von Ewen Costiou zufriedengeben.
Im Überblick
WM-Straßenrennen der Espoirs, Uster-Zürich (173,6 km):
1. Niklas Behrens (Deutschland) in 3:57:24 Stunden, 2. Martin Svrcek (Slowakei) gleiche Zeit, 3. Alec Segaert (Belgien) 0:28, 4. Jan Christen (Schweiz) 0:39, 5. Joseph Blackmore (Großbritannien) 0:46, 6. Isaac del Torro (Mexiko) 0:46, 7. Jarno Widar (Belgien) 0:50, 8. Tibor del Grosso (Niederlande) 1:25, 9. Ivan Romeo (Spanien) 2:27, 10. Igor Arrieta (Spanien) 2:45, … 14. Arno Wallenborn (Luxemburg) 4:43, … 67. Mathieu Kockelmann (Luxemburg), … 76. Alexandre Kess (Luxemburg) beide 15:43
DNF: Noé Ury, Mil Morang, Mats Wenzel (alle Luxemburg)
De Maart
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