27. November 2025 - 6.49 Uhr
Zukunft des SportsGeorges Mischo: „Als Sportministerium sind wir nicht verpflichtet, alles zu tun, was das Olympische Komitee verlangt“
Tageblatt: Seit der Stellungnahme des Olympischen Komitees bezüglich des Ipess-Gesetzesprojekts sind fünf Wochen vergangen. Wie ging es weiter?
Georges Mischo: Erst einmal habe ich das Dokument durchgelesen. Es ist nicht der erste negative „Avis“ des COSL in Richtung des Sportministeriums. Das gab es auch schon bei meinen Vorgängern und es gehört zu demokratischen Prozessen dazu. Ich habe den Ton allerdings als derb empfunden. Wenn sie denken, sie müssten das so handhaben, dann sollen sie das tun. Ich habe mir nichts vorzuwerfen: Es wurde viel, viel geredet. Es gab Versammlungen. Wir haben „Jenni a Menni“ informiert, niemand wurde vergessen. Es gab insgesamt 18 Versammlungen, bei denen der „Mouvement sportif“ vertreten war, als über das Projekt Ipess – bzw. vorher über „ProSport“ – geredet wurde. Es gab eine interfraktionelle Versammlung, ich habe das Projekt in der Kammerkommission vorgestellt, eine Pressekonferenz organisiert, mit einer Reihe von Verbänden geredet … Irgendwann muss man ja auch Ergebnisse liefern können. Deshalb hat es mich dann doch etwas überrascht.
Das COSL meint allerdings, dass diese Kommunikation einseitig gewesen ist. Wurde nicht eher präsentiert als diskutiert?
Nach einer von vier Versammlungen haben wir am 6. März 2025 vom COSL eine schriftliche Meinung zum Gesamtkonzept und Zusammenspiel der Ipess sowie der Reform des „Subside Qualité+“ angefordert und warten bis heute darauf. Wir haben trotzdem eine ganze Reihe an Elementen, die aufgeworfen wurden, mit einbezogen. Nicht alle. Das ist eben so: Als Sportministerium sind wir nicht verpflichtet, alles zu tun, was das Olympische Komitee verlangt.
Sie haben den Ton als derb beschrieben. Was störte Sie am meisten?
Laut der Schlussfolgerung ihres Textes sind sie nicht gegen das Projekt. Deshalb wundert mich, dass die Aussagen so heftig waren. Im Gegensatz zu meinen Vorgängern habe ich von Beginn an gesagt, dass ich regelmäßige monatliche Treffen mit dem COSL möchte. Das war zunächst auch der Fall. Natürlich wurde dort nicht ausschließlich über die Ipess gesprochen. Vor der Sommerpause und auch danach sind diese Treffen mehrmals ausgefallen. Ich habe das reaktiviert.
Sind die Fronten verhärtet?
Nein. Am 27. Oktober haben wir uns mit den Vertretern des COSL getroffen, um über das Gutachten zu reden. Ich bin proaktiv vorgegangen und habe im Vorfeld dieses Termins zu verstehen gegeben, dass mir der Text nicht gefallen hat. Ein Austausch war nötig.
Was kam denn dabei heraus?
Dass wir unsere monatlichen Treffen wieder einberufen müssen. Beide Seiten haben ihre Standpunkte noch einmal auf den Tisch gebracht. Das COSL wird ja auch zwei Posten des Verwaltungsrats besetzen. Ich bin gespannt, wann und was der Staatsrat entscheidet, denn als Sportministerium wollen wir die Ipess-Pläne schnellstmöglich umsetzen. Ein Projekt dieser Größenordnung, das man perfekt hinbekommen möchte, gibt es nicht. Vor allem, wenn es „work in progress“ gibt, man noch im Lernprozess steckt und Erfahrungen und Anpassungen einfließen. Es ist mir wichtig, es bald auf den Weg zu bekommen. Im gleichen Zug müssen wir bezüglich der Reform des „Subside Qualité+“ Gas geben. Beides hängt bekanntlich zusammen. Letztlich muss ich als Minister liefern – und Entscheidungen treffen.
Sie haben die Subsidien für die Vereine angesprochen. Wann ist mit der Reform zu rechnen?
Anfang des nächsten Jahres werden wir den Gesetzestext erstmals vorstellen.
Zurück zum Gutachten des COSL. Das Komitee sieht die Autonomie des Sports in Gefahr. Was bedeutet dieser Begriff für Sie?
Die Angst vor dem Paradigmenwechsel scheint groß zu sein. Ich habe verstanden, dass das „Bénévolat“ nicht bloß an die Grenzen stößt, sondern bereits weit darüber hinaus ist. Wir müssen das Ehrenamt stärken und unterstützen. Auf Verbandsebene ist es bereits mit der Schaffung von zusätzlichen Posten im administrativen oder sportlichen Bereich geschehen. Das Gleiche soll es für die Vereine geben. Es ist ein Paradigmenwechsel, bei dem wir professionellere Strukturen schaffen. Das Ehrenamt muss Hand in Hand mit zusätzlichen Angestellten arbeiten. Ein hauptberuflicher Trainer soll den langjährigen „Bénévole“ nicht verdrängen.
Ich höre ständig, dass die Hürden und Anforderungen im administrativen Bereich fast nicht mehr von ehrenamtlichen Helfern zu stemmen sind. Sie brauchen auf verschiedenen Posten Entlastung. Deshalb wollen wir durch ein angepasstes Subsidien-System mehr Geld in den Sektor bekommen, damit die Vereine sich besser aufstellen können. Denn worum geht es am Ende? Darum, das Aussterben der Klubs zu verhindern. Vor der Pandemie gab es deren 1.500, inzwischen sind es 1.287. Diese Zahl soll nicht noch tiefer sinken. Wenn wir nicht schnell reagieren, wird das allerdings der Fall sein. Ohne sie zu kritisieren, da ich alle schätze: Viele Ehrenamtliche engagieren sich temporär oder nur für spezielle Events. Diese Helfer, die sich über Jahre hinweg einsetzen, sind rar. Ich will ja nicht nur Geld in den Sektor reinpumpen, nur weil ich es kann. Wir haben ein Konzept und geben Millionen dafür aus, um den Vereinen zu helfen, sich besser aufzustellen.
Das Problem der administrativen Hürden ist bekannt. Warum wird nicht genau dort angesetzt, um das Ehrenamt zu entlasten?
Ich denke nicht, dass die Hürden des Sportministeriums zu hoch sind.
Welche sind dann gemeint?
Ich könnte ein halbes Dutzend Beispiele von Vereinen nennen, die sich im Europapokal engagieren. Während Monaten sind Fußball-, Handball- oder Basketballklubs nur damit beschäftigt, diese internationalen Termine zu organisieren. Bei 140 Seiten geht es auf 138 nur um Anforderungen an den Verein. Auch die Digitalisierung kommt hinzu. Elternteile müssen teilweise Kurse belegen, um sich im Basketball am Tisch zu engagieren. Ausbildung ist nicht selbstverständlich.
Es handelt sich nicht um eine Verstaatlichung des Sports. Es ist eine staatliche Hilfe für den Sport, um bestmögliche Bedingungen für Verbände und Vereine zu schaffen.
Um noch einmal auf die Autonomie des Sports zurückzukommen: Ist diese in Gefahr?
Nein, absolut nicht. Es handelt sich auch nicht um eine Verstaatlichung des Sports. Es ist eine staatliche Hilfe für den Sport, um bestmögliche Bedingungen für Verbände und Vereine zu schaffen. Der Badminton- und der Judo-Verband haben bei der Pressekonferenz genau beschrieben, weshalb die Ipess genau das ist, was sie brauchen. Jeder hat seine eigenen Aufgaben: das Ministerium, das COSL, die Verbände und die Vereine. Wenn jeder am gleichen Strang zieht, den wir Luxemburger Sport nennen, kommen wir voran. Wenn in vier oder fünf verschiedene Richtungen gezogen wird, reißt das Seil.
In welche Richtung muss denn gezogen werden?
Als Sportminister darf ich mit 140.000 Lizenzen nicht zufrieden sein. Ich will mehr: mehr Lizenzen, mehr Menschen, die sich bewegen. Die Basis muss stabil sein. Deshalb gab es auch dieses Gespräch mit dem Bildungsminister: Die Infrastruktur der Schulen muss optimaler genutzt werden und darf nicht leer stehen, weder am Wochenende noch abends oder in den Ferien. Wir kommen mit dem Bau von neuen Einrichtungen nicht hinterher. Ich durfte kürzlich zwar sechs Fußballplätze und ein Schwimmbad einweihen, aber das reicht nicht. Kinder stehen auf Wartelisten für Schwimmunterricht oder bei Fußballklubs. Das kann doch nicht sein.
Das Sportpolitik-ABC
Ipess – „Initiative pour la promotion de l’emploi dans le secteur du sport“: Noch handelt es sich bei den Plänen der Ipess um ein Gesetzesprojekt. Konkret soll die staatliche Einrichtung eine zentrale Struktur werden, die qualifiziertes Personal für den Bereich des Sports einstellt und Dienstleistungen für Vereine, Verbände und Gemeinden anbietet.
COSL – „Comité olympique et sportif luxembourgeois“: Das Nationale Olympische Komitee, mit Präsident Michel Knepper, hat mehrere Aufgaben. Es vereint alle Sportverbände, fördert den Breitensport, Leistungssport und Schulsport, vertritt die Interessen des Sports gegenüber Politik, Medien und in der Öffentlichkeit und organisiert zudem die Teilnahme der Luxemburger Athleten bei Olympischen Spielen.
Inaps – „Institut national de l’activité physique et des sports“: Es handelt sich um die Ausbildungsstelle für Sport-Mitarbeiter, Lehrkräfte und Trainer. Es stellt die dazugehörigen Diplome aus. Das Inaps berät Gemeinden beim Sportangebot und entwickelt Ausbildungsmaterial.
Subside Qualité+: Diese finanzielle staatliche Förderung richtet sich an Sportvereine. Es können bis zu 150 Euro pro Jugendlizenz eingefordert werden. Der Zuschuss für qualitative Ausbildung wird derzeit überarbeitet, da er aktuell auf Sportarten begrenzt ist, die an Wettbewerben teilnehmen. Auch die Altersgrenze (bisher 16 Jahre) soll bei dem nächsten Textvorschlag abgeschafft werden.
Können Sie die Bedenken des COSL nachvollziehen?
Ja. Wir haben ja auch am 27. Oktober darüber geredet. Ich möchte dann auch noch einmal an dieser Stelle davon profitieren, um den Leuten die Angst zu nehmen: Ich will nicht das COSL abschaffen, sondern den Sektor unterstützen. Es muss weitergehen. Es ist ein Paradigmenwechsel. Ich will nicht nur Profis, sondern ein Zusammenspiel von Ehrenamt und Professionalität.
Wie professionell kann und soll der Luxemburger Sport im Endeffekt werden?
Jeder Verein und Verband muss das selbst entscheiden. Wir unterstützen dort, wo wir können. Das „Subside Qualité+“ war nicht meine Idee. Diese finanzielle Unterstützung wurde von 900 Klubs nicht angefordert. Da haben wir ein Problem. Sobald der Zeitpunkt für die Reform gekommen ist, werde ich in vier regionalen Versammlungen darüber informieren. Dann kommt auch der Sportkoordinator wieder ins Spiel. Dieser Mann oder diese Frau muss die Klubs in seiner Gemeinde beraten. Ich bin froh, dass wir die Zahl von acht auf 16 Sportkoordinatoren in 29 Gemeinden gesteigert haben. Die Gemeinden sind zufrieden. Auch hier könnte man behaupten, dass es sich um eine totale Professionalisierung handelt. Vorher wurde die Gemeinde drei Jahre lang mit 50 Prozent der Kosten unterstützt, jetzt sind es drei Jahre 80 Prozent (mit einer Teilfinanzierung bis zu zehn Jahren).
Durch das Inaps und die Ipess greift der Staat nun aber eben vermehrt in den Sportbereich ein …
Wenn man von eingreifen spricht, hat das eine negative Konnotation. Ich würde es so beschreiben: Der Staat bietet Werkzeuge an. Wir stellen eine staatliche Einrichtung auf die Beine, bei der das COSL als Teil des Verwaltungsrats vertreten ist. Zudem geben wir einigen eine Berufsperspektive: Es heißt ja „Initiative pour la promotion de l’emploi dans le secteur du sport“. Bislang wurde man Sportlehrer oder Physiotherapeut …
Wo kommen diese Leute denn überhaupt her? Wer soll für die Ipess arbeiten? Wann kommen sie? Wer wählt sie aus?
Diese Stellen werden ausgeschrieben. Wir wissen im Moment nicht, wie groß die erste Nachfrage sein wird. Die sportartenspezifischen Trainer werden auf Basis der betroffenen Verbände und der Entscheidung des Ipess-Verwaltungsrats ausgewählt. Es ist nicht der Minister, der sich darum kümmert. Derzeit wird in Zusammenarbeit mit dem „Sportlycée“ ein BTS Sportcoaching und Sportmanagement ausgearbeitet. Dies werden außerordentlich interessante Profile für die Ipess sein. Durch die Professionalisierung sollen also beispielsweise die Schüler des „Sportlycée“ ihre Berufung zum Beruf machen können.
Ein anderer Kritikpunkt, der bereits angesprochen wurde, war die mangelnde Dialogbereitschaft. Hätte es mehr Absprachen geben müssen?
Wenn sich jemand beklagt, bedeutet das, dass man es hätte besser machen können. Ich habe meine Hausaufgaben in der Hinsicht gemacht, dass wir das COSL in den letzten zwei Jahren viermal bilateral gesehen haben, um über die Ipess zu reden. Hier wurde intensiv diskutiert und das COSL konnte Vorschläge einbringen, von denen wir auch einige übernommen haben. Am 9. und 16. Dezember haben wir mit dem COSL zwei weitere Termine, um u.a. über die Ipess zu sprechen und Arbeitsgruppen zu gründen.
Hätte man das nicht im Vorfeld machen müssen?
Nein, ich denke nicht. Der Verwaltungsrat ist ja nicht kritisiert worden. Das ist eine normale Prozedur.
Ich bin überzeugt davon, dass vor meiner Zeit nicht ausreichend informiert wurde, sonst würden viel mehr Anträge eingereicht werden
Es gab ja noch andere Beispiele, die nicht geklärt sind – etwa wie es mit Trainern aussieht, die mehrere Vereine betreuen und möglicherweise dann gegeneinander spielen.
Man kann alles ins Extreme treiben. Wenn ein Jugendtrainer es fertigbringt, zwei Teams zu coachen, ohne dass es Ärger gibt, dann erledigt er einen guten Job. Mir geht es darum, dass Kinder Werte lernen. Nicht jedes Spiel ist ein Finale der Champions League.
Hat ein Trainer denn einen Grund, eine sichere Stelle bei der Ipess aufzugeben und eine Stelle bei einem Verein anzunehmen?
Die Leute werden bei der Ipess je nach Ausbildung entsprechend eingestellt und bezahlt. Wir wollen das Sprungbrett schaffen. Wenn ein Trainer einschlägt und vom Verein engagiert werden will, dann soll der Klub das machen. Einige wollen in der Karriere weiterkommen, andere geben sich lieber mit einem Bürojob zufrieden.
Eine Stelle bei der Ipess kann also das Lebensziel für einige darstellen.
Ja. Warum nicht? Wenn diese Person gute Arbeit leistet, soll sie das tun. Die Verlockung, diesen Job für einen Verein zu machen, ist allerdings bestimmt groß. Gleichzeitig ist die Staffelung der Ipess-Gehältertabelle nicht so ausgelegt, dass es sich für Trainer finanziell langfristig lohnen würde, bei der Ipess zu bleiben. Es ist unser Ziel, dass Vereine durch die Reform des „Subside Qualité+“ in der Lage sind, besser zu bezahlen als die Ipess.
Wie viele Personen sollen in Zukunft bei der Ipess für die Vereine zur Verfügung stehen?
Es ist verfrüht, eine Zahl zu nennen. Anfangs wird es länger dauern, bevor wir die richtigen Personen gefunden haben.
Von welchen Stellen kommt aktuell die größte Nachfrage?
Von den Verbänden. Große und kleine haben bestätigt, dass es sich um gute Ideen handelt. Ich bin überzeugt davon, dass sowohl die Vereine als auch Gemeinden profitieren können.
Das bringt uns zum nächsten Problem. Sowohl in den Vereinen als auch in den Verbänden oder den erwähnten Gemeinden kommen die Informationen nicht an. Warum?
Wir wollen größere Versammlungen organisieren. Man informiert die Menschen. Ich hatte die größten Verbände bereits zu einer Veranstaltung eingeladen.
Kommen sie denn?
Sie waren da. Von neun waren acht dabei.
Heute müsste doch jeder Vereinsverantwortliche darüber Bescheid wissen, dass er möglicherweise Anrecht auf das „Subside Qualité+“ hat – oder nicht?
Ich bin überzeugt davon, dass vor meiner Zeit nicht ausreichend informiert wurde, sonst würden viel mehr Anträge eingereicht werden. Ich werde jedenfalls eine Informationskampagne starten und mindestens vier Versammlungen organisieren.
Zurück zur Ipess. Wie sehen die nächsten Etappen aus?
Die nächsten Schritte hängen vom Staatsrat ab und wie schnell sie damit durch sind. Ich hoffe, es dauert keine sechs Monate. Sollten wir Ergänzungen des Gesetzes vornehmen müssen, weil der Staatsrat das entscheidet, dann bringt das mich weder auf die Palme, noch macht es mich nervös. Ich möchte ein Gesetz haben, das Bestand hat und nicht sechsmal geändert werden muss.
Werden bereits Profile gesucht?
Es ist noch nichts ausgeschrieben. Es wird die Aufgabe des Verwaltungsrats sein, das in die Wege zu leiten.
De Maart

Im sozialen Bereich hat dieser Minister sich doch schon als unsocial geoutet, also kein Wunder, dass er auch beim Sport so handelt, er ist eine Fehlbesetzung in jeder Hinsicht, der CEO sollte ihn mal auswechseln...