Freitag7. November 2025

Demaart De Maart

In aller Freundschaft

In aller Freundschaft
(AP)

Jetzt weiterlesen!

Für 0,99 € können Sie diesen Artikel erwerben:

Oder schließen Sie ein Abo ab:

ZU DEN ABOS

Sie sind bereits Kunde?

Die Niederlage gegen Chile letzte Woche zeigte einmal mehr, dass England noch mindestens zwei FIFA-Präsidenten überleben muss, um auf internationaler Ebene jene Titel zu gewinnen, denen man seit den Anfangszeiten der Rolling Stones vergebens hinterherläuft.

Die Jugend, auf die Trainer Hodgson setzt, wird es alleine auch nicht richten können. Immerhin, da in Wembley 17 Spieler zum Einsatz kamen, erhielt das Publikum hier die einmalige Gelegenheit, fast die Hälfte aller in der Premier League tätigen Engländer in einem einzigen Spiel zu
erleben.

Heute Abend geht es gegen Deutschland. Freundschaftsspiele zwischen diesen Ländern sind immer brisant. England erfand den Fußball, die Beatles und den Spitfire, Deutschland die Curry-Wurst, den Opel Manta und Heino. In England fährt man links, in Deutschland immer öfter. In einem ist man sich einig: Sowohl in Wembley 1966 als auch in Bloemfontein 2010 war der Ball hinter der Linie, zusammen ergaben beide Treffer allerdings nur ein Tor. Fünf Tore erzielte England im September 2001 in München und in Deutschland wollte man danach die Stadien ausschließlich der Zucht von Gartenzwergen vorbehalten.

Heute blickt der englische Fußball voller Neid nach Deutschland und seine gesunden Vereinsstrukturen. Es ist besonders die moralische Integrität der Deutschen, die den Engländern so imponiert. So müssen die deutschen Spieler die Trikots der englischen Spieler bei der Heimkehr ordnungsgemäß verzollen, ebenso die Teekannen vom Frühstückstisch, die sie mitgehen ließen und die Porzellanteller mit den Fotos von William und Kate.

Die englische FA hat die DFB-Oberen zum Essen eingeladen, aber die lehnten ab, weil sie sich auf keinen Fall dem Verdacht von unlauterer Vorteilnahme aussetzen wollten, was in der Belegschaftsvertretung von VW in Wolfsburg einen Riesenbrüller und bei Herrn Blatter nur erstauntes Kopfschütteln hervorrief.

Alles im Sitzen

In den englischen Stadien rumort es. Nach dem Thema Rassismus dominiert jetzt das Thema der mangelnden Anteilnahme der Fans in den Stadien, die allzu brav und desinteressiert auf ihren Plätzen hocken und an ihren Handys kleben. Dafür gibt es mehrere Ursachen, darunter die Abschaffung der Stehplätze, die einst den harten Kern der Fans hinter den Toren beheimateten. Mittlerweile sitzen die Leute hier rum wie bei einem Cricket-Spiel zwischen England und Neu-Alt-Westindien. Wer aufsteht und den Auswärtsfans am anderen Ende des Platzes Prügel androht, riskiert Stadionverweis, Gerichtsverfahren und notfalls Zwangsrekrutierung in die Pazifikflotte Ihrer Majestät.

Erhöhte Sicherheit lockt natürlich immer mehr Familien in die Stadien. Doch bei den Eintritts- und Getränkepreisen muss eine vierköpfige Familie dafür auf den einwöchigen Urlaub in Palma verzichten, alles inklusive.

Wer dann auf der Tribüne grübelt, womit Stromrechnung und Miete bezahlt werden sollen, hat kaum Lust, seine wertvolle Energie darauf zu verschwenden, elf Jungmillionäre bei der Ausübung ihres Berufes voranzutreiben. Die FA überlegt, wie man dieser Langeweile beikommen könnte. Soziale Preise, Stehplätze und weniger Karten für Reiseveranstalter wären eine Lösung. Oder der Besuch der Spiele von Crystal Palace. Hier beweisen 25.000 Fans, dass Dabeisein alles ist. Und das hört man, laut und rockig.