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EM 2020Der Mannschaftsgeist ist der Star: Dänemark hofft auf den zweiten Titel

EM 2020 / Der Mannschaftsgeist ist der Star: Dänemark hofft auf den zweiten Titel
Die dänische Mannschaft jubelt vor der Fantribüne nach dem 4:0-Sieg über Wales  Foto: Koen Van Weel/dpa

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„Wir sind rot, wir sind weiß, wir stehen zusammen, Seite an Seite“, so der Schlachtruf der dänischen Fußballfans. Nach Meinung vieler Dänen verbirgt sich hier eine tiefere Weisheit und ein Grund für den torreichen Weg ins Viertelfinale, das am Samstag gegen die Tschechen bestritten wird.

„Die Gemeinschaft und das Miteinander“ sind nach dem dänischen Trainer Troels Bech der „größte Star in Dänemark“ und die auflagenstarke Zeitung Berlingske weiß zu analysieren, dass die heimische Elf immer dann erfolgreich spiele, wenn die Stars fehlten. So auch 1992, als das skandinavische Land die Europameisterschaft gewann, ganz ohne den damaligen Weltstar Michael Laudrup, der aufgrund eines Streits mit Nationaltrainer Richard M. Nielsen nicht zum Kader gehörte.

Mit Christian Eriksen fiel im Spiel gegen Finnland durch Herzstillstand auf weit dramatischere Weise der beste Spieler aus. Der langjährige Nationalspieler, der kürzlich das Training besuchte, spielt jedoch weiter eine bedeutende Rolle – als mentale Stütze. „Er muss wissen, wie sehr wir das für ihn tun“, meinte sein Mittelfeldkollege Pierre-Emile Höjbjerg auf der Pressekonferenz am Donnerstag in Amsterdam.

Nach dem Schock scheint eine Wiederholung von 1992 am 11. Juli in Wembley nicht mehr unrealistisch. Auch die hohe Quote von 2,25 Toren pro Spiel gilt als gutes Zeichen. Zudem hatte die dänische elf eine Woche Pause, die sie zu einem Segeltörn im Östersund nutzte – Einzelheiten, die nun die Öffentlichkeit brennend interessieren.

Nationaltrainer Kasper Hjulmand hat somit bereits ein Ziel erreicht, das er sich bei seinem Antritt vor einem Jahr gesetzt hatte – die erschlaffte Begeisterung für die dänische Mannschaft wieder zu entfachen. In dem Land mit 5,8 Millionen Einwohnern sind immerhin fast 300.000 in einem Fußballverein engagiert.

Der Aufstieg von Rot-Weiß führte auch dazu, dass das Public-Viewing-Bedürfnis mit den Corona-Bestimmungen und dem Platzmangel kollidierte. Vor den Übertragungsstätten warten die Menschen nun stundenlang, um die begehrten Tickets zu bekommen. Dank der ab dem 1. Juli gelockerten Corona-Bestimmungen können 2.000 Dänen im bekannten Kopenhagener Freizeitpark Tivoli verfolgen, ob der dänische Mannschaftsgeist und Torwart Kasper Schmeichel gegen die Nummer 10, den tschechischen Ausnahmeschützen Patrick Schick, klarkommen.

Schließlich ist die Spielstätte Baku kein einfaches Reiseziel, auch aus politischer Warte nicht. Hjulmand hat bereits auf einer Pressekonferenz die Menschenrechtsverletzung im Gastgeberland kritisiert. Der 49-Jährige forderte zudem eine „internationale sportpolitische Strategie“, was bei umstrittenen Ausrichtern zu tun sei, auch um den Druck von den Sportlern zu nehmen. Ein Wink mit dem Zaunpfahl in Richtung WM-2022-Ausrichter Katar, wo Regierungskritiker auch mal jahrelang inhaftiert werden.

Doch auch Dänemark hat seine umstrittene Politik – das Land rühmt sich seiner strengen Ausländerpolitik und will etwa ein Asylzentrum in Ruanda errichten, in Migrantenvierteln gibt es Strafverschärfungen. Entscheidend sei „die Liebe zu Dänemark“, meint die bürgerliche Zeitung Berlingske. Die Nationalmannschaft mit ihren Spielern mit Migrationshintergrund wie dem Stürmer Yussuf Poulsen würde diejenigen vereinigen, denen das Land zu kleinkariert sei, sowie jene, die das Dänisch-Sein enger definierten.