„Déi aner fueren och mat!“ – das ist das Fazit der beiden ersten Ardennenklassiker, die mit dem Doppelsieg des Belgiers Philippe Gilbert endeten. Für Leopard-Trek im Allgemeinen und die Gebrüder Schleck im Besonderen gab es bei beiden Rennen keinen Podiumsplatz, und bisher auch erst einen Rang unter den zehn Ersten (Frank 7. in Huy).
Diese Ergebnisse können nur für diejenigen enttäuschend sein, die sich im internationalen Radsport nicht gut auskennen. Mit ihrem seit Monaten bestens orchestrierten „Ballyhoo“ hatten die Verantwortlichen der Luxemburger Mannschaft die Erwartungen zwar hoch, vielleicht sogar zu hoch gesteckt, doch ist es durchaus legitim, wenn Sportler von ihren Oberen aufgepäppelt werden und sie selbst auch keine Angst haben, klipp und klar zu sagen, dass sie nur das höchste aller Ziele anpeilen.
Nicht „à répétition“ machbar
Andy Schleck hatte mit solcher Eigenmotivierung vor zwei Jahren Erfolg. Monate vorher kündigte er im engen Kreis seinen Sieg in Liège an. Am Tag des Rennens selbst lief dann aber auch alles so, wie der Sportler sich das ausgemalt hatte. Aus der Fiktion, aus dem Traum, wurde Realität.
Solches aber ist nicht „à répétition“ machbar, der Sieg kann nicht immer so abgerufen werden, wie man sich das oben im stillen Kämmerlein durchspielt. Ansonsten der sportliche Wettbewerb gleich abgeschafft werden könnte. Die Konkurrenz hätte ja ohnehin nichts zu bestellen.
Dass die andern auch mitfahren, musste in der vergangenen Woche jedem klar werden. Das macht den sportlichen Reiz eines Wettbewerbs aus, das belebt das Geschäft. Am Sonntag will sich nun Ardennen-Doppelsieger Philippe Gilbert den Bubentraum erfüllen, mindestens einmal im Leben das Rennen zu gewinnen, das alle Wallonen in ihr Palmarès schreiben wollen: Liège-Bastogne-Liège. Mit einem Sieg würde er es dem (später wegen Dopings in Peking gesperrten) Italiener Davide Rebellin gleichtun, der 2004 nacheinander das „Amstel“, die „Flèche“ und „L-B-L“ davontrug.
Der letzte Belgier, der in der Siegerliste des schönsten aller Frühjahrsklassiker steht, ist der vor anderthalb Jahren so tragisch verstorbene Frank Vandenbroucke. Das Bild tanzt uns noch vor Augen, als „VdB“ im April 1999 wie entfesselt die ins Ziel führende Straße in Ans hinaufjagte und seinen Landsleuten die Epoche eines neuen Eddy Merckx anzukündigen schien. Welch trügerische Szene, welch später in die Gosse geschmissenes Talent!
Alle gegen Gilbert
Genau wie die Schlecks hat Gilbert Erfahrung mit der „Doyenne“, dem ältesten aller klassischen Rennen. Im Frühjahr 2009 vermochte er im Finale das Hinterrad von Andy Schleck nicht zu halten, doch vor zwölf Monaten traf er praktisch zeitgleich mit den Schlecks ein (4. Gilbert auf 1’04, 6. A. Schleck, 9. F. Schleck, beide auf 1’07). Alle drei hatten damals ihre Rechnung ohne Alexander Vinokourov (1.) und Alexandr Kolobnev (2.) gemacht.
Seit April 2010 hat der Wallone (geb. am 5. Juli 1982 in Verviers) hinzugelernt. Und zwar so, dass Gilbert zum ganz großen Favoriten dieses Rennens avanciert. Er kennt die Strecke aus dem Effeff (sie passiert praktisch vor seiner Haustür in Remouchamps), so dass er auch keine Probleme mit den gegenüber 2010 vorgenommenen Änderungen haben wird. Vor zwölf Monaten war die Côte de la Haute-Levée wegen Bauarbeiten nicht passierbar, am Sonntag steht sie bei km 170 wieder zwischen Côte de Stockeu (164,5) und Col du Rosier (183) auf dem Streckenplan. Sowieso dürfte die Entscheidung kaum vor den letzten drei Schwierigkeiten fallen (km 220,5 Côte de la Redoute, 236 Côte de la Roche-aux-Faucons, 250 Côte de Saint-Nicolas), wobei es nicht ausgeschlossen ist, dass sich mehrere Fahrer in der Zielgeraden präsentieren. Dann kommt es nicht nur auf die Spurtschnelligkeit, sondern auch auf das Renngefühl und den richtigen Riecher an.
Luxemburg mit zwei Anwärtern auf den Sieg
Luxemburg, ein kleines Land mit großer Radsporttradition, hat am Sonntag gleich zwei Anwärter auf den Sieg dabei. Während Andy Schleck seinen Erfolg von 2009 wiederholen möchte, will Frank es besser machen als bei seinen zwei Podiumsplätzen in den Jahren 2006 und 2007 (jeweils 3.).
Rekordsieger bei „Liège-Bastogne-Liège“ ist Eddy Merckx, der das Rennen fünfmal gewann (1969, 1971, 1972, 1973, 1975). Dreimal hintereinander trugen sich auch der Italiener Moreno Argentin (1985, 1986, 1987) und der Belgier Léon Houa (1892, 1893, 1894) in die Siegerliste ein.
Im Palmarès stehen mit dem 2003 verstorbenen Marcel Ernzer (1954) und Andy Schleck (2009) zwei Luxemburger. Die Erfolgsquote könnte morgen in Ans also um 50 Prozent aufgebessert werden. Vorausgesetzt, dass …
De Maart

Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können