Mittwoch22. Oktober 2025

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Freude und Empörung

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Spanien ist verzückt, die Sport-Welt entsetzt, der UCI-Boss enttäuscht – und Alberto Contador genoss sein Blitz-Comeback an der Algarve in vollen Zügen.

Weniger als 24 Stunden nach dem umstrittenen Doping-Freispruch durch den spanischen Verband (RFEC) sorgte der Radstar am Mittwoch in dem idyllischen Atlantik-Örtchen Loulé bei
Faro für helle Aufregung. „Das war ein großartiger Tag für mich“, sagte Contador. „Ich habe es so genossen wie schon lange nicht mehr, heute auf dem Rad zu sitzen.“

Tour d’Algarve, 1. Etappe
Sieg an Gilbert

Am Mittwoch stand die 1. Etappe der Tour d’Algarve ganz im Zeichen des Comebacks von Alberto Contador. Fast ging unter, dass Philippe Gilbert (B) das 157,5 km lange Teilstück gewann. Bester LEO-Profi war der Deutsche Fabian Wegmann auf Platz 14 (auf 0:05 Minuten).

Radsport in Zahlen

1. Etappe vom Estadio Algarve nach Albufeira (157,5 km): 1. Philippe Gilbert (Belgien/Omega) 4:36:36 Stunden, 2. Gerald Ciolek (D/Quick Step) auf 0:05, 3. Andre Greipel (D/Omega), 4. Tyler Farrar (USA/Garmin), 5. Michael Matthews (Australien/Rabobank), …, 14. Fabian Wegmann (D), 28. Alberto Contador (Spanien/Saxo Bank), 47. Bruno Pires (P) alle g.Z., 55. Linus Gerdemann (D), Oliver Zaugg (CH) beide auf 0:12, Robert Wagner (D) 0:29, Martin Mortensen (DK) 0:48, 122. Brice Feillu (F) 1:30, 151. Will Clarke (AUS/alle Leopard-Trek) 3:18

Als Titelverteidiger rollte der dreimalige Tour-de-France-Champion bei starkem Wind und kalten Temperaturen von der Startrampe der Algarve-Rundfahrt und viereinhalb Stunden später im Hauptfeld ins Ziel. „Die Eindrücke waren o.k., das Rennen ist gut verlaufen und das Wichtigste ist, dass Alberto bei uns hier ist“, sagte Teamchef Bjarne Riis. Sein Schützling meinte: „Ich war total fokussiert auf dieses Rennen.“

Doch wie lange Contadors Freifahrtschein Bestand haben wird, ist offen. IOC-Vizepräsident Thomas Bach hat bereits eine Intervention seitens des Weltverbandes UCI und der WeltAnti-Doping-Agentur (WADA) gefordert. „Ich hoffe sehr, dass UCI und WADA durch einen Einspruch beim CAS den Fall wirklich klären“, sagte der Spitzenfunktionär des Internationalen Olympischen Komitees der Nachrichtenagentur dpa.

Die UCI hat 30 Tage Zeit für eine Reaktion, die WADA daraufhin noch einmal drei Wochen. Beide Organisationen wollen zunächst die Urteilsbegründung abwarten und dann weitere Schritte einleiten.

Der Gang vor den Internationalen Sportgerichtshof CAS gilt als sicher. WADA-Generaldirektor David Howman nannte die RFEC-Entscheidung in der Süddeutschen Zeitung (am Mittwoch) „sehr interessant“.

An der Algarve fand damit eine der kuriosesten Doping-Affären ihr vorläufiges Ende – auch wenn die weltweite Empörung groß ist und Sportfunktionäre über das undurchsichtige Vorgehen in Spanien klagen. Davon unbeeindruckt ging Contador erstmals für sein neues Team Saxo Bank an den Start. Die nächsten Auftritte sind schon eingeplant, auch die erste große Landesrundfahrt des Jahres hat Contador im Visier. „Ich werde auch beim Giro d’Italia dabei sein“, sagte er dem TV-Sender Veo7. Weiter reiche seine Planung noch nicht. „Über die weiteren Saisonziele werde ich später entscheiden.“

Vor dem Auftritt im Süden Portugals hatte Contador über schlaflose Nächte und Haarausfall geklagt. „Mein Image hat einen solchen Schaden erlitten, dass dieser nicht wiedergutzumachen ist. Man wollte mich guillotinieren“, sagte der 28-Jährige.

In einer beispiellosen wochenlangen Kampagne hatten spanische Medien und Politiker „ihren“ Heroen vor einer Sperre bewahrt. Selbst Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero sprach sich für einen Freispruch aus. UCI-Präsident Pat McQuaid hat nun heftige Kritik an der Einmischung der Politik geübt.

„Sehr enttäuschend“

„Das ist sehr enttäuschend“, sagte der Ire am Rande der Oman-Rundfahrt laut der Online-Plattform Cyclingnews.com. „Aber in Spanien überrascht mich gar nichts mehr.“

Dabei hatte die UCI selbst bei der Aufarbeitung des Falls zunächst die nötige Transparenz vermissen lassen. Erst durch Recherchen der deutschen Fernsehanstalt ARD machte der Weltverband im September den Dopingbefund verspätet publik. Offenbar wies die UCI den Fahrer sogar auf die Steak-Theorie als mögliche Verteidigungsstrategie hin.

Spaniens Medien bejubelten das Urteil. Marca lobte „die historische Entscheidung“ des spanischen Verbandes. Im Ausland fielen die Reaktionen vernichtender aus. „Skandalös! Contadors Freispruch ist ungerecht. So gewinnt der Kampf gegen Doping nicht an Glaubwürdigkeit“, schrieb Italiens Sportblatt Gazzetta dello Sport.

Spaniens Verband wies Vorwürfe zurück, er habe beim Freispruch dem Druck der Politik nachgegeben. Fernando Uruburu, der Vorsitzende des Disziplinarausschusses, betonte, das Gremium habe völlig unabhängig auf Freispruch entschieden. Die Mitglieder hätten keine Zeitungen gelesen und auch von der Äußerung des Regierungschefs nichts gewusst.